König Ludwig II. würde das nicht wollen. "Wenn er das von seinem Schloss aus sehen könnte, würde er das nicht gut finden", äußerte ein Schwangauer klar seine Meinung zum Thema Infrastruktur. Am Mittwochabend beantworteten hochrangige Vertreter von Denkmalschutz, Ministerien und der Schlösserverwaltung Fragen rund um das Thema Unesco-Weltkulturerbe.
Geht es nach dem Freistaat, dann sollen die Königsschlösser aufgrund ihres universellen Wertes den Titel bekommen. Seit vielen Jahren wird über das Thema gesprochen. Nun wird es ernst: Denn der Gemeinderat entschied sich dazu, die Frage, ob Schwangau den Antrag unterstützen soll, an die Bürger weiterzugeben. Und die zeigen sich an dem Abend vor allem: besorgt.
Schloss Neuschwanstein: Infrastruktur und Pufferzone bereiten Bürgern Sorgen
Es sind die Infrastruktur, die vielen Touristen und die Pufferzone, die Fragen aufwerfen. Vor allem die Schutzzone, scheint die Schwangauer umzutreiben. Das Interesse an der Infoveranstaltung war groß, der Saal im Schlossbrauhaus voll. Für 160 Leute sei aufgestuhlt worden. Anfangs beleuchtete Dr. Alexander Wiesnetz von der Bayerischen Schlösserverwaltung in einem Impulsvortrag den Unesco-Welterbeantrag und ging kurz auf die aus seiner Sicht wichtigsten Punkte ein.
Dabei machten er und seine Mitstreiter - im Laufe des abends immer wieder - deutlich: Die Pufferzone muss eingetragen werden, um überhaupt die Chance zu haben, den Unesco-Titel zu bekommen. Rein rechtlich werde sich rund um das Schloss nichts verändern, da greifen die bereits vorhandenen Schutzzonen. Und davon gibt es rund um das Schloss und in Schwangau viele: zum Beispiel Naturschutzgebiete oder Denkmalschutzauflagen. Dennoch tauchten den Abend über wiederholt Sorgen zur Pufferzone auf.
Dietlinde Mitzdorf - Gemeinderätin für die Freie Dorfgemeinschaft Schwangau und selbst Landwirtin - wollte wissen, ob im Bereich der Pufferzone dann überhaupt noch ein Aussiedlerhof möglich wäre. Dr. Andreas Baur vom Wissenschaftsministerium: "Das Baurecht ändert sich nicht." Ein Aussiedlerhof werde den Unesco-Status nicht ändern. In Regensburg ist die Altstadt Unesco-Welterbe, da gebe es im Jahr um die 900 Erlaubsniverfahren. In den vergangenen Jahren könne er sich an ein oder zwei Fälle erinnern, wo die Unesco beteiligt wurde. "Er hat recht", pflichtete Professor Mathias Pfeil vom Landesamt für Denkmalpflege Baur bei: "Der Hof müsste dann so hoch sein, dass man Neuschwanstein nicht mehr sieht."
Bayerische Schlösserverwaltung: Wollen Besucherzahlen in Schloss Neuschwanstein reduzieren
Andere sorgten sich wiederum um die Infrastruktur und die Besuchermassen. 2019, also vor der Corona-Pandemie, zählte das Schloss 1,4 Millionen Besucher pro Jahr. Durch Corona ist diese Zahl massiv eingebrochen - bis heute ist der Spitzenwert nicht wieder erreicht. Hermann Auer vom Finanzministerium stellte in Aussicht, dass die Besucherzahlen reduziert werden. Der Freistaat stecke Millionenbeträge in die Sanierung des Schlosses. "Unser Anliegen ist es, nicht mehr diese hohen Besucherzahlen zu haben. Das Schloss leidet auch extrem unter den Besuchergruppen. Das Schloss wurde für eine Person gebaut, nicht für 1,4 Millionen."
Es gibt aber nicht nur besorgte Fragen. Ein Bürger sprach sich für den Welterbetitel aus und stellte eine Forderung an den Freistaat: Der Tourismus sei die einzige echte Quelle, "von der wir profitieren". Wenn die Schlösserverwaltung nun darüber nachdenke, die Besucherzahlen zu reduzieren, dann müssten die Einnahmeausfälle, zum Beispiel in der Gastronomie oder bei Handwerkern, ausgeglichen werden. Hermann Auer vom Finanzministerium wusste zuerst nicht, wie er darauf antworten soll. Alles habe seine positiven und negativen Seiten, sagte er. Der Unesco-Titel biete die Chance, dass sich die Qualität am Schloss verbessert und am Ende die Besucher mehr Zeit darin verbringen und womöglich auch länger bleiben.
Bürgerentscheid in Schwangau hat Folgen für den Unesco-Welterbeantrag
Ende Mai wird es eine zweite Infoveranstaltung mit Vertretern aus der Wissenschaft geben, am 18. Juni werden die Schwangauer dann an die Wahlurne gebeten: Im Rahmen eines Bürgerentscheids sollen sie die Richtung vorgeben: Soll die Gemeinde den Unesco-Antrag unterstützen? Befürworten die Schwangauer den Antrag, könnte eine endgültige Entscheidung 2025 fallen. Lehnen sie ihn ab, wäre der Antrag in seiner jetzigen Form hinfällig.