Einheimischen-Modell zum Hausbau im Allgäu: So läuft es in der Realität
Das Vergabesystem sorgt dafür, dass Bauplätze transparent verteilt werden. Hiesige Bewerber haben einen Vorteil. Doch geht diese Rechnung noch auf?
Man stelle sich vor, man will ein Haus bauen. Ein schönes großes soll es sein, für die ganze Familie. Am besten natürlich im Heimatdorf – schließlich wohnten schon Oma, Papa und die Tante hier. Man bewirbt sich also um den Bauplatz. Es kommt zur Vergabe – doch man geht leer aus. Ein Mitbewerber aus der Stadt hat das Grundstück erworben. Man selbst muss verzichten. Fälle wie dieses fiktive Beispiel wollen Einheimischen-Modelle verhindern. Hiesige Bewohner erhalten durch ein Punktesystem gegenüber Fremden einen Vorteil. Gleichzeitig soll es unter Einheimischen gerecht und transparent zugehen. So steht es in Leitlinien festgeschrieben. Doch wie sieht es in der Realität aus, wenn sich weniger Einheimische einen Bau leisten können?
Matthias Simon ist der Direktor des Bayerischen Gemeindetages. Er beschäftigt sich mit Bauthemen und sagt: "Die Vergabematrix kann nichts dafür, dass der Hausbau teurer ist." Das Einheimischen-Modell sei zeitlos – "das wird es immer geben". Dadurch könnten sozialpolitische Ziele verfolgt werden. Ändern müsse sich in der jetzigen Situation, mit hohen Zinsen und Baukosten, nicht die Vergaberichtlinie, sondern eher das Bauland: Kleinere Grundstücke für Einfamilienhäuser oder zum Beispiel mehr Geschosswohnungsbau.
Hausbau-Modell: So macht es eine Allgäuer Gemeinde
Die Gemeinde Oy-Mittelberg (Kreis Oberallgäu) bereitet sich schon darauf vor, dass sich womöglich nur noch wenige Einheimische bewerben. Beim jüngsten Baugebiet hatten sich laut des Bürgermeisters 99 Menschen für acht Grundstücke interessiert. Davon erreichten 18 über 90 Punkte des Kriterienkataloges, zum Zuge kamen nur Bewerbungen mit über 100 Punkten. Würden alle verfügbaren Grundstücke angeboten, liefe die Gemeinde bei geringer Nachfrage Gefahr, Flächen auch an Bewerberinnen und Bewerber mit beispielsweise nur 30 Punkten vergeben zu müssen – also auch an weniger ortsgebundene Menschen. Die Lösung der Gemeinde: In der ersten Runde werden eben nur acht Grundstücke angeboten.
Der Markt Sulzberg, ebenfalls im Oberallgäu, verbessert dagegen seine Vergaberichtlinie: "Wir wollen die eigenen Leute im Dorf unterbringen", sagt Bürgermeister Gerhard Frey. Sulzberg habe erst kürzlich beschlossen, das bestehende Einheimischen-Modell zu ändern. Das alte System habe nicht mehr ausgereicht, auch rechtlich nicht mehr. Der Gemeinderat muss nun festlegen, wie er die einzelnen Kriterien gewichten will. "Das Ganze braucht wahnsinnig viel Überlegung und Zeit", sagt Frey.
Festzurren können Kommunen, wie stark etwa ein Ehrenamt ins Gewicht fällt. Oder wie sehr der bisherige Wohnsitz eines Bewerbers eine Rolle spielt. Gemeinden haben Spielräume – so unterscheiden sich die Modelle von Ort zu Ort. Das bayerischen Bauministerium hat aber festgelegt, welche Kriterien einfließen dürfen – und dass es unter anderem eine Vermögensobergrenze bei Bewerbern geben muss.
EU stimmt Einheimischen-Modell zu
Auf die Frage, ob Einheimischen-Modelle weiterhin gerecht sind, hat die Europäische Union (EU) eine Antwort. Sie gab nach langen Diskussionen im Jahr 2017 ihr "Ja" zum deutschen Weg. Und wie sieht die rechtliche Lage aus? Beim Augsburger Verwaltungsgericht, das bei Klagen zuständig ist, heißt es: Keine Fälle im Jahr 2023. Die letzte Entscheidung fiel 2019. Komme ein Gericht bei einer Verhandlung zu dem Schluss, dass eine Kommune rechtswidrig gehandelt habe, dann müsse die Gemeinde ihr Vorgehen jedoch sofort verändern. Die Gemeinde Sulzberg will auf die gestiegenen Baukosten so antworten: Weil Wohnungen nun beliebter werden als Häuser, könnte sich der Oberallgäuer Ort laut Bürgermeister Frey vorstellen, den Platz in kommunalen Bauten zukünftig auch über ein Vergabesystem zu verteilen.
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Oh nein.. das Inzuchtmodell ist in Gefahr... Wie soll irgendwer irgendwann Einheimischer werden, wenn dort keiner zuziehen darf weil offensichtlich nicht gewünscht? Und vielleicht schon mal überlegt, dass man auch mal selber der "Zugezogene" sein kann, in einem anderen Dorf, vielleicht weil man beruflich dort landet und dort heimisch werden will?
@Stefan K.: Man kann in jedem Dorf auch mehrere Jahre zur Miete wohnen, bevor man sich auf einen Bauplatz bewirbt. Das ist ohnehin zu empfehlen, wenn man vor dem dauerhaften Niederlassen wissen will, ob man sich im Dorf auch wohlfühlt.
@ Stefan K: Danke für die Darstellung der Situation für Zugezogene.
Mir kommen fast die Tränen wenn die Gemeinden jetzt ihre "quasi verschenkten" Grundstücke nicht mehr los werden. Dann sollte man das Modell vielleicht mal überdenken und den Berechtigtenkreis erweitern, sodass auch junge Paare die nicht direkt vor Ort aufgewachsen sind heimisch werden können.
>> Inzuchtmodell <<
Da ist aber jemand ordentlich verbittert ;-)
Für die grün-urbane Kaste muss es natürlich ein Neubau sein; mit einem renovierten Altbau könnte einem sonst die umstrittene Energie- und Baupolitik der Ampel auf die Füße fallen...