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After-Baby-Body: Bodyshaming? So gehen Frauen mit ihrem Körper nach der Geburt um

After-Baby-Body

Bodyshaming? So gehen Frauen mit ihrem Körper nach der Geburt um

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    Staunende Blicke heimst nach der Geburt vor allem das Baby ein. Für Mütter stellt sich dagegen häufig die Frage, wie sie einen Weg zu ihrer alten Figur finden.
    Staunende Blicke heimst nach der Geburt vor allem das Baby ein. Für Mütter stellt sich dagegen häufig die Frage, wie sie einen Weg zu ihrer alten Figur finden. Foto: Fabian Sommer, dpa (Symbol)

    Was war das für ein Bild: Hand in Hand stehen sie im bunten Laub, gekonnt inszenieren sich die Freundinnen in schicken Pullovern – geben aber bewusst genau das frei, was die perfekte Herbststimmung kippen lässt: Dehnungsstreifen, schwabbelndes Bindegewebe und Speckpölsterchen. Auf Instagram zeigen die Kölner Influencerinnen Nadine Niebrügge und Kimberly Devlin-Mania ihre Bäuche, wie sie nach der Geburt sind. Lob, Anerkennung, Respekt, Dank und Liebe flogen den beiden in mehreren Tausend Kommentaren zu. Gerade Frauen, die selbst Mutter sind, zeigten sich von der Aktion gerührt und schrieben ihre eigenen Erfahrungen.

    Wie schwierig der Weg zurück zum gewohnten Körpergefühl ist – sofern es ihn gibt – erleben auch Frauen in der Region. Zeigen würden sie ihre Bäuche nicht, das wäre zu intim. Drei Mütter gewähren aber Einblicke in ihr Leben und schildern sehr persönlich, wann ihr Bauch ihnen im Weg ist, welche Sprüche sie dazu gehört haben und wie sie damit umgehen. Unerkannt bleiben sie, weil sie selbst Konflikte im engsten Umfeld nicht aussparen. Und auch, weil ihr richtiger Name nichts zur Sache tut.

    Lisa S. aus dem nördlichen Kreis Augsburg, zwei Töchter, 28 Jahre alt

    Meine Kleine ist jetzt acht Wochen alt, so langsam spielt sich der Alltag ein. Ich habe zwei Töchter geboren, beide Male hatte ich fast 25 Kilo mehr drauf. Abgesehen von mehr Gewicht sehe ich an meinem Körper kaum etwas: keine Dehnungsstreifen, keine hängenden Hautlappen und ein sehr gutes Bindegewebe. Okay, der Bauchnabel ist nicht mehr so schön und ich habe einen dunkelbraunen Längsstreifen vom Brustbein zum Schambein. Damit kann ich aber gut leben.

    Neulich fragt mich auf einer Geburtstagsfeier plötzlich eine Frau, in welchem Monat ich sei. Das hat mich ganz schön aus den Socken gehauen. Ich hab dann nur gesagt: Na, mein Baby ist doch schon da, das habe ich doch mitgebracht. Was soll ich böse werden, es hilft ja nichts. Aber es fühlt sich an wie ein schwerer Rückschlag.

    "Dass ich wirklich gut aussehe, glaube ich erst, wenn ich es an mir selbst sehe."

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    Diese Kommentare zu meiner Figur treffen mich nicht so sehr, dass ich sofort ins Fitnessstudio renne. Aber sie treffen mich hart genug, dass ich weniger Süßigkeiten esse. Familie und Freunde geben mir viel positives Feedback, sie machen Komplimente, damit es mir gut geht. Dass ich wirklich gut aussehe, werde ich aber erst glauben, wenn ich es selbst an mir sehe und es mir selbst glauben kann.

    Besonders anstrengend ist es, wenn Mamis unter sich sind, da wird besonders viel verglichen: Welches Kind sagt Danke und Bitte, wer kann sich allein anziehen, wie gut kocht und backt die Mama? Immer gibt es Frauen, die sagen: Das Abnehmen geht von alleine, du musst nur ein bisschen warten. Gleichzeitig frage ich mich: Was kann ich außer Warten tun, damit es schneller geht?

    In meinem Alltag als Mama habe ich einfach keine Zeit, mich auf Sport und Ernährung zu konzentrieren. Ich habe zwei Töchter zu Hause, außerdem Katzen, Hunde, Hamster und ein paar Hühner zu versorgen und da ist es wirklich nicht meine erste Priorität, nur an mich und meinen Körper zu denken. Wir gehen viel spazieren, bewegen uns viel – und wenn ich mich dann noch einigermaßen gesund ernähre, wird das schon. Was mir enorm geholfen hat: Ich habe gestillt, bei meiner ersten Tochter und jetzt wieder. Da ist natürlich viel Fett in der Muttermilch, das nimmt sich der Körper ja auch irgendwoher. Und damit entwickeln sich so manche Fettpölsterchen wie von selbst zurück.

    Vielen Müttern hilft Stillen nach der Geburt beim Abnehmen. Der Körper hat die Reserven in der Schwangerschaft auch angelegt, um später fetthaltige Muttermilch zu produzieren.
    Vielen Müttern hilft Stillen nach der Geburt beim Abnehmen. Der Körper hat die Reserven in der Schwangerschaft auch angelegt, um später fetthaltige Muttermilch zu produzieren. Foto: Patrick Pleul, dpa (Symbol)

    Es ist mein großes Ziel, wieder in meine Klamotten reinzupassen. Bei ein paar Hosen habe ich es aufgegeben, die habe ich an Freundinnen abgegeben. Das war eine große Erleichterung: Ich gestehe mir ein, dass ich nicht mehr hineinpassen werde – und es auch nicht muss. Oberteile behalte ich, da rein zu passen ist mein festes Ziel. An guten Tagen motiviert mich das richtig. An schlechten Tagen zieht es mich runter und ich denke: Mensch, das waren Zeiten.

    Was ich beim nächsten Mal um jeden Preis vermeiden würde: Ich habe mir während der Schwangerschaft eine neue Hose für nach der Geburt gekauft. Es war eine dumme Idee, denn so habe ich die Hose jeden Tag im Schrank liegen gesehen. Und das baut Druck auf.

    Man hat nach der Geburt ja große Erwartungen an das Leben an sich. Ich kann es kaum erwarten, endlich mal wieder nicht ausschließlich als Mami oder Schwangere, sondern als Frau rauszugehen und so wahrgenommen zu werden. Aber das einzige, was wirklich hilft, ist Geduld.

    Julia K. aus dem Norden von Augsburg, eine Tochter, 30 Jahre alt

    Meine Tochter war ein Riesenbaby! Schon drei Wochen vor der Geburt hatte sie 3920 Gramm, insgesamt habe ich während der Schwangerschaft 27 Kilo zugenommen. Auch jetzt, elf Monate nach der Geburt, habe ich noch zehn Kilo mehr als vor der Schwangerschaft.

    Wie ich momentan aussehe, das ist wirklich schlimm für mich. So sehr ich mich über meine Tochter freue – mit meinem Körper komme ich gar nicht klar. Dabei bemühe ich mich, regelmäßig ins Fitnessstudio zu gehen. Für mich als Alleinerziehende ist es aber echt schwierig, dafür Zeit zu finden. 30 Stunden in der Woche arbeite ich, dazu kommen Einkäufe und Haushalt. Oft genug ist meine Tochter zu krank für die Krippe, dann sind all meine anderen Pläne dahin.

    In meinem Beruf als Arzthelferin renne ich den ganzen Tag über eigentlich sehr viel. Süßigkeiten mag ich gar nicht so gern und ich hole auch nicht täglich Essen von McDonald’s. Ich denke, ein bisschen ist es wohl Veranlagung, wie schnell man nach der Schwangerschaft abnimmt. In meiner Familie sind alle etwas kräftiger gebaut. Meine Schwester hat mit ihrem Kind sogar 28 Kilo zugenommen. Ihre Tochter ist jetzt sechs Jahre alt, die Kilos hatte sie erst vor zwei Jahren runter.

    "Ich lasse mich nicht bloßstellen. Ich schieße knallhart zurück."

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    Den wohl schlimmsten Kommentar habe ich im Juni am Gardasee gehört. Wir waren gerade mit dem Kinderwagen auf einem Markt, es war irrsinnig heiß und ein ziemliches Gedränge. Da ruft tatsächlich eine junge Frau: "Schieb' mal deinen fetten Arsch da weg!" Für mich war in dem Moment klar: "Und du wirst keine Familie haben!" Das habe ich ihr auch genau so gesagt. Und trotzdem: Mit solchen Äußerungen ist für mich der Tag gelaufen. Ich habe mir immerhin angewöhnt, so was nicht einfach stehen zu lassen.

    Was das angeht, bin ich typische Augsburgerin und schieße knallhart zurück. Wenn Leute mir gegenüber Grenzen überschreiten, dann kann ich das genauso. Da stehe ich drüber, denn in der Öffentlichkeit lasse ich mich nicht bloßstellen. Das Problem sind eher die ruhigen Momente, in denen man zum Nachdenken kommt. Irgendwas ist an den Sprüchen ja dran, das weiß ich selbst. Aber Wildfremde müssen mir das nicht ins Gesicht sagen.

    Auch was ich mir von meinem eigenen Papa anhören musste, ging über alle Grenzen. Der versteht es überhaupt nicht, dass man nicht gleich wieder perfekt aussieht. Acht Wochen nach der Geburt hat er gesagt: „Boah, du schaust ja immer noch aus wie schwanger!“ Immer wieder fing er an, dabei habe ich gedacht: „Der mit seinem Bauch muss gerade reden.“ Am Ende habe ich mich kaum mehr blicken lassen. Jetzt trauen sie sich nicht mehr, mich blöd anzumachen.

    Als sanftes Training wird Müttern auch Babyschwimmen empfohlen. Allerdings fühlen sich nicht alle Frauen nach der Geburt in Bikini oder Badeanzug wohl.
    Als sanftes Training wird Müttern auch Babyschwimmen empfohlen. Allerdings fühlen sich nicht alle Frauen nach der Geburt in Bikini oder Badeanzug wohl. Foto: Patrick Pleul, dpa (Symbol)

    Mit meinem Körper umzugehen, fällt mir besonders im Sommer schwer. Knappe Klamotten gehen gar nicht. Ob im Freibad, am Pool oder auf dem Balkon: Bikinis ziehe ich nicht mehr an, nur noch Badeanzüge. Und trotzdem habe ich immer das Gefühl, die Leute glotzen mich an. Auf Dauer bildet man sich das teilweise auch ein. Aber Blicke können eben weh tun.

    Egal, wie schwierig es ist: Irgendwie müssen die Kilos noch weg. Meine Mama unterstützt mich, mit ihr gemeinsam habe ich mich beim Fitness angemeldet. Sogar über eine OP habe ich nachgedacht. Wenn genügend Geld da wäre, würde ich mir sofort den Magen verkleinern und das Bindegewebe straffen lassen. Klar kann was schief gehen, aber scheiße sieht es ja jetzt schon aus.

    Nadine M. aus Gersthofen, zwei Söhne, 29 Jahre alt

    Vor zwölf Wochen habe ich meinen zweiten Sohn bekommen - und was soll ich sagen? Ich fühle mich doch selbst nicht wohl. Der Bauch geht zurück, aber bis sich das Gewebe erholt, dauert es noch. Manchmal komme ich mir vor wie ein Hängebauchschwein, aber der Körper wurde die letzten Monate ja massiv genutzt. Leider ist mir auch noch der Bauch gerissen und die Kaiserschnitt-Narben sind erst nicht ganz so geheilt, wie sie sollen.

    Seit der Geburt bekomme ich für meine Figur vor allem positive Rückmeldungen. Was mich eher geschockt hat, waren die Kommentare, die ich noch während der Schwangerschaft gehört habe. Gerade Leute, die man eher selten trifft, haben sich besonders respektlos geäußert.

    Selbst, wenn sie ihre zwei Söhne nicht bekommen hätte, sähe ihr Körper nicht mehr so aus wie vor vier Jahren, sagt eine Frau aus der Region: "Es liegt ja auch am Alter."
    Selbst, wenn sie ihre zwei Söhne nicht bekommen hätte, sähe ihr Körper nicht mehr so aus wie vor vier Jahren, sagt eine Frau aus der Region: "Es liegt ja auch am Alter." Foto: Mascha Brichta, dpa (Symbol)

    Eine entfernte Bekannte fragte mich beim Einkaufen mal nach dem Geburtstermin. Als ich sagte, dass es noch drei Monate seien, brach es aus ihr heraus: "Was? So lange noch? Du siehst ja schon jetzt aus, als würdest du morgen platzen!"

    Dabei kann ich als Schwangere nun wirklich nichts an dem Zustand verändern - und das will ich doch auch gar nicht! Man wartet ja auf das Kind und freut sich darauf. Bei den Kommentaren kommt es natürlich immer auf den Kontext an und von wem sie kommen.

    Als ich mit meinem ersten Sohn schwanger war, hatte ich so viel Wasser in den Füßen, dass ich in kaum einen Schuh gepasst habe. Mein Papa hat gelacht und gesagt: "Du siehst aus wie ein Bigfoot!" Wenn mich meine Familie oder Freundinnen ein bisschen veräppeln, ist das eher liebevoll und nicht so schlimm. Die wissen aber auch genau, wie weit sie gehen können.

    So richtig blöde Sprüche kamen vor und nach der Geburt meist von Menschen, die selbst keine Kinder haben und nicht wissen, wie das so ist. In meiner ersten Schwangerschaft habe ich damals nicht viel gesagt, weil ich nicht noch mehr Ärger wollte. Ich habe mir nichts anmerken lassen, aber da wurde ich echt traurig, wenn ich so was gehört habe. Man ist in dieser Zeit halt sehr sensibel. Bei meinem zweiten Sohn bin ich das jetzt anders angegangen.

    "Mit der Diät warte ich lieber, in der Weihnachtszeit möchte ich mir was gönnen."

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    Jetzt sage ich den Leuten, wie es ist: Dass ich nicht mehr ganz so aussehen werde wie vorher, das ist doch klar. So eine Schwangerschaft zehrt halt an meinem Körper. Ich habe jetzt zwei Söhne, aber selbst wenn ich sie nicht bekommen hätte, sähen mein Bauch und meine Brüste nicht so aus wie noch vor vier Jahren. Es liegt doch auch am Alter.

    Mir persönlich ist das Thema Figur sehr wichtig. Auch mit zwei Söhnen möchte ich einfach mir selbst und meinem Mann gefallen. Ein paar Monate nach der Geburt meines ersten Sohnes habe ich eine Diät angefangen und mich besonders viel bewegt. Anstatt einmal um den Block zu gehen, war ich in der ganzen Stadt unterwegs.

    Es bietet sich ja an, zu Fuß und mit dem Kinderwagen Erledigungen zu machen. Dann ist das Kind an der frischen Luft und man selbst auch. Diät und Bewegung haben mir viel geholfen und so werde ich es jetzt wieder machen. Nur warte ich damit lieber bis zum Frühling, denn in der Weihnachtszeit möchte ich mir was gönnen.

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