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Afrikanische Schweinepest: Schweinepest ausgebrochen: Lässt sich die Region schützen?

Afrikanische Schweinepest

Schweinepest ausgebrochen: Lässt sich die Region schützen?

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    Wildschweine finden in unseren Breiten fast ideale Lebensbedingungen, dementsprechend viele gibt es. Wegen der Schweinepest sollen die Tier jetzt verstärkt bejagt werden.
    Wildschweine finden in unseren Breiten fast ideale Lebensbedingungen, dementsprechend viele gibt es. Wegen der Schweinepest sollen die Tier jetzt verstärkt bejagt werden. Foto: Lino Mirgeler, dpa

    Mitten im Wald im Spree-Neisse-Kreis in Brandenburg kurz vor der polnischen Grenze liegt ein totes Wildschwein. Vorsorglich wird das Tier auf das Virus getestet, vor dem sich Landwirte und Jäger fürchten. Nach Stunden des Wartens ist klar: Das Schwein war mit der afrikanischen Schweinepest infiziert. Damit hat die Viruserkrankung ihren Weg von Afrika über Osteuropa nach Deutschland gefunden.

    Und damit nicht genug: Nur ein paar Tage vergehen, bis fünf weitere Wildschweine positiv auf die Seuche getestet werden. Die kranken Wildschweine kamen aus dem Landkreis Oder-Spree, wie das Verbraucherschutzministerium mitteilte.

    Diese Nachrichten sorgen für Aufregung in Politik, Jagd- und Bauernverbänden. Denn: Das Virus ist zwar für den Menschen nicht gefährlich, für Schweine allerdings hochansteckend und verläuft sowohl bei Wild- als auch bei Hausschweinen immer tödlich. Eine zugelassene Impfung gibt es bislang nicht.

    Zudem ist die Verbreitung der Schweinepest schwer zu kontrollieren, denn die Übertragung erfolgt nicht nur über Blut, Speichel und Sperma direkt von Schwein zu Schwein, sondern auch über kontaminierte Kleidung oder Lebensmittel. Bringt zum Beispiel ein Tourist infiziertes Fleisch aus einer betroffenen Gegend mit in eine Region und wirft es unachtsam weg, können Wildschweine die - auch im gekochten, geräucherten oder gepökelten Zustand infektiöse - Nahrung aufnehmen und erkranken. So erklärt die promovierte Biologin und Jägerin Ariane Schmidt aus Wehringen, warum einzelne nachgewiesene Fälle der Afrikanischen Schweinepest nicht zwingend nah beieinander liegen müssen. In Polen beispielsweise gibt es laut dem Friedrich-Löffler-Institut, dem staatlichen Institut für Tiergesundheit, über weite Strecken keine Fälle der Schweinepest.

    Schweinepest: Die Landwirtschaft fürchtet den Verlust der Hausschweine

    Besonders groß ist im Land des Schweinefleisch-Exports - fast fünf Millionen Tonnen Schweinefleisch exportierte Deutschland laut Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft 2019 ins Ausland - die Angst vor den Schäden in der Landwirtschaft. Denn der "wirtschaftliche Schaden tritt nicht erst ein, wenn die Schweine sterben", sagt Hermann Stocker,stellvertretender Leiter des Forstbetriebs in Zusmarshausen. Breitet sich die Schweinepest in einem Betrieb aus, droht die Tötung aller Hausschweine. Das führe zu eine Beunruhigung des Marktes. China hat bereits einen Importstopp von deutschem Schweinefleisch verhängt.

    Doch wie können solche Szenarien verhindert werden? Der bayerische Bauernverband fordert nun, dass andere Länder die Möglichkeit erhalten, regional begrenze Abkommen mit landwirtschaftlichen Betrieben zu treffen. Damit kann beispielsweise ein schwäbischer Betrieb auch dann noch Schweinefleisch exportieren, wenn es Fälle der Schweinepest in Brandenburg gibt.Außerdem forciert der Bauernverband eine verstärkte Bejagung von Wildschweinen und dass "alle dazu unterstützenden Maßnahmen ergriffen werden," wie Bauernpräsident Walter Heidl in einer Mitteilung erklärt.

    Jägerin: Infektionswege passieren auf vielfältige Art und Weise

    Ob die Seuche jedoch überhaupt aufgehalten werden kann, stellt Ariane Schmidt in Frage, da nicht nur verendete Schweine, sondern auch kontaminierte Abfälle ansteckend sind: "Aus wildbiologischer Sicht ist die Afrikanische Schweinepest meiner Meinung nach nicht eindämmbar, weil die Infektionswege auf vielfältige Art und Weise passieren."

    Nichtsdestotrotz haben sie und ihr Mann Stefan Schmidt als Pächter eines Jagdreviers im Landkreis Aichach-Friedberg nach den Schweinepest-Fällen in Brandenburg präventive Maßnahmen ergriffen. Mit ihrem Jagdhund suchen sie regelmäßig nach Fallwild - also nicht durch Jäger getötete, sondern auf andere Weise umgekommeneTiere. "Wir wollen natürlich keine verendeten Wildschweine im Revier, die andere anstecken könnten." Als Allesfresser machen die Sauen nämlich auch vor ihren toten Artgenossen nicht Halt.

    Auch der Forstbetrieb in Zusmarshausen sei bei der Suche nach Kadavern bereits gut aufgestellt, sagt Stocker. In Abstimmung mit dem Augsburger Landratsamt wurden bereits Such- und Bergetrupps eingerichtet, die im Ernstfall - also bei einem Ausbruch der Schweinepest in der Region - den Wald nach toten Wildschweinen durchkämmen sollen.

    Außerdem würden die Jäger und Förster zum Thema Schweinepest geschult. Das habe sich in einer schnellen Reaktion bezahlt gemacht, als im vergangen Jahr ein verendetes Wildschwein in einem Maisfeld gefunden wurde. "Wir haben die Sau geborgen und vorsichtshalber getestet", erinnert sich Stocker. Die Proben waren glücklicherweise negativ. Auch die typischen Symptome der Schweinepest, wie Einblutungen in den Organen, konnten nicht festgestellt werden.

    2019 erlegten Jäger etwa 700 Wildschweine auf 14.000 Hektar

    Zudem habe der Forstbetrieb Zusmarshausen Maßnahmen ergriffen, um mehr Wildschweine zu erlegen. Mit revierübergreifenden Drückjagden, einer Jagdform, bei der das Wild dem Schützen zugetrieben wird, und der technischen Aufrüstung mit Nachtsichtgeräten, konnten im vergangenen Jagdjahr etwa 700 Wildschweine auf 14.000 Hektar erlegt werden. "Wir sind also schon ziemlich aktiv", so Stocker.

    Generell sei eine erfolgreiche Bejagung der Wildschweine vor allem im herannahenden Winter abhängig vom Wetter: "Im Schnee kann man die Fährten der Tiere sehen" und sie so besser ausfindig machen. Schmidt sagt jedoch: "Irgendwann ist die Grenze einer möglichen Bejagung errreicht." Denn schon in Zeiten vor der Schweinepest sei das Ziel gewesen, möglichst viele Wildschweine zu erlegen: "Wir müssen sie sowieso erlegen, wegen der Schäden, die das Schwarzwild auf den Feldern verursacht", erklärt er.

    Durch milde Winter und viele Nahrungsangebote herrschen hierzulande optimale Fortpflanzungsbedingungen für Wildschweine. Deshalb versuchen Jäger, die Population einigermaßen im Griff zu halten, in der Hoffnung, dass sich die Afrikanische Schweinepest bei Ausbruch in geringerem Tempo verbreiten wird. Ähnlich wie bei der Corona-Pandemie geht es also um eine Verlangsamung der Seuche.

    Stocker warnt: Wir müssen bei einem Ausbruch schnell und effizient handeln

    Und was, wenn die Schweinepest trotz hohem Jagddruck ihren Weg in die Region findet? "Dann müssen wir schnell und effizient handeln", sagt Hermann Stocker vom Forstbetrieb Zusmarshausen. Dafür hat das Landratsamt sogenannte "Verwahrstellen" und Kühlcontainer eingerichtet, in denen infizierte Tierkadaver gelagert werden, bevor sie in der Tierkörperbeseitigungsanlage entsorgt werden.

    Neben der Maßnahmen, die Jägerinnen und Jäger in der Region ergreifen, seien auch die Bürger in der Pflicht, so Jägerin Ariane Schmidt. Zum einen empfiehlt sie, gerade jetzt regionales Schweinefleisch zu kaufen, um die Landwirtschaft zu unterstützen. Die Preise für Schweinefleisch sind seit dem Bekanntwerden der Schweinepest-Fälle, um 20 Cent auf etwa 1,30 Euro pro Kilogramm gefallen, wie die Vereinigung der Erzeugergemeinschaften für Vieh und Fleisch auf ihrer Webseite schreibt.

    Schmidt appelliert außerdem daran, Fleischabfälle, die aus einem befallenen Gebiet stammen und deshalb kontaminiert sein könnten, nicht unachtsam zu entsorgen. Zudem rät sie zur Aufmerksamkeit beim Spazierengehen: Wildschweine mit Schwäche, Bewegungsstörungen, Atemproblemen und Durchfall, sollen dem Landratsamt beziehungsweise der Polizei gemeldet werden. Denn: "Nichts ist schlimmer als ein an Schweinepest erkranktes Wildschein, das niemand findet."

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