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Abschied von Regionalbischof Axel Piper: Ende einer Ära

Kirche

Regionalbischof Axel Piper wird mit Beifall verabschiedet

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    Der Moment der Entpflichtung, wie es im Kirchendeutsch heißt: Axel Piper (links) legt seine Amtskette ab und gibt sie Landesbischof Christian Kopp.
    Der Moment der Entpflichtung, wie es im Kirchendeutsch heißt: Axel Piper (links) legt seine Amtskette ab und gibt sie Landesbischof Christian Kopp. Foto: Peter Fastl/ELKB

    Nicht nur für Axel Piper ist der Gottesdienst an diesem Donnerstagabend ein besonderer. Er wird in der Augsburger Kirche St. Ulrich als Regionalbischof des evangelisch-lutherischen Kirchenkreises Augsburg und Schwaben verabschiedet. „Entpflichtet“ im Kirchendeutsch. Es ist eine Zäsur, für Piper wie für seine Landeskirche.

    Denn die befindet sich in einem tiefgreifenden Reformprozess, der auch Änderungen in ihren Leitungsstrukturen vorsieht. Axel Piper ist der fünfte und letzte Regionalbischof beziehungsweise Kreisdekan des erst 1971 gegründeten und jüngsten der sechs Kirchenkreise in Bayern. In einer Pressemitteilung der Landeskirche hieß es kürzlich dazu fast lapidar: „Die Regionalbischofsstelle in Augsburg wird nicht zeitnah wiederbesetzt.“

    Piper ist an diesem Abend anzumerken, dass ihm der Abschied nicht leicht fällt. „Immer wieder ankommen, sich zurechtfinden, auf ein neues Leben und auf neue Menschen einlassen und dann wieder Abschied nehmen“, sagt er in seiner Predigt mit Blick auf das Leben des Apostels Paulus – und mit Blick auf sich selbst. Piper, das war oftmals zu erleben, hat sich eingelassen und sich zurechtgefunden. Vor allem dank eines Optimismus, den er Gottvertrauen nannte. Ein Wort, das er gerne benutzt.

    Axel Piper gab seiner Kirche als Regionalbischof Gesicht und Stimme

    Der 65-Jährige bereitete sich in den vergangenen Monaten auf seinen Abschied vor, machte sich Gedanken über die Gästeliste, räumte sein Büro aus, führte einige Gespräche. Für eine Übergangszeit sollen seine Stellvertreter, das Dekane-Ehepaar Claudia und Christoph Schieder aus Memmingen, einen Teil seiner Aufgaben übernehmen. Wie es danach weitergeht? Klar ist, dass die bisherigen Kirchenkreise Augsburg, Regensburg und München nur noch von zwei Personen geleitet werden – die Kirchenkreise Nürnberg, Ansbach-Würzburg und Bayreuth sollen, ähnlich, folgen.

    Damit setzt sich ein Prozess fort, der bayernweit seit Jahren zunehmend Gestalt annimmt, unter anderem in verstärkten Kooperationen auf Dekanatsebene oder in Gemeindefusionen. „Profil und Konzentration“ hatte die Landeskirche treffend auch einen überaus grundsätzlich angelegten „Zukunftsprozess“ genannt, der eine Antwort auf die sich in der Gegenwart verschärfenden Entwicklungen bilden soll: teils dramatisch steigende Kirchenaustrittszahlen, zugleich sinkende Zahlen von Pfarrerinnen und Pfarrern sowie einbrechende Kirchensteuereinnahmen. Über allem ein spürbarer Relevanzverlust.

    Landesbischof Kopp: „Wir sind Gott von Herzen dankbar für die vielen Spuren, die du hinterlässt“

    Axel Piper hatte sich nach Stationen etwa als Schulpfarrer in Garching, Gemeindepfarrer in Lindau und zuletzt als Dekan im Dekanat Weilheim in Oberbayern mit Anfang 60 nochmals einer neuen Herausforderung gestellt: Als Regionalbischof mit Sitz in Augsburg gab er seiner Kirche Gesicht und Stimme in einem Gebiet, das sich von den Allgäuer Alpen bis ins Ries erstreckte und in dem evangelische Christinnen und Christen eine Minderheit sind. Pipers Kirchenkreis verzeichnete im Sommer knapp 239.000 Mitglieder, das – anders zugeschnittene – katholische Bistum Augsburg dagegen rund 1.150.000 (Stand: Ende 2023).

    Zu Axel Pipers Aufgaben als Regionalbischof zählte es, Pfarrerinnen und Pfarrer zu ordinieren oder in Konfliktsituationen, etwa in Kirchengemeinden, zu vermitteln.
    Zu Axel Pipers Aufgaben als Regionalbischof zählte es, Pfarrerinnen und Pfarrer zu ordinieren oder in Konfliktsituationen, etwa in Kirchengemeinden, zu vermitteln. Foto: Ulrich Wagner (Archivbild)

    Die Reform der Kirchenkreise in Bayern war in dieser Woche auch Thema im Landeskirchenrat, einem der vier „kirchenleitenden Organe“ der Landeskirche, das in Augsburg zusammenkam. Entschieden werden soll auf der Herbstsynode. In der Diskussion waren bislang hauptsächlich zwei Modelle: eine Zusammenlegung der Kirchenkreise Augsburg und München; oder eine Zusammenlegung der Kirchenkreise Augsburg, München und Regensburg zum „Kirchenkreis Süd“. Abgesehen vom jeweils genauen Zuschnitt, hinsichtlich der Dekanatsbezirke, müsste für das zweite Modell eine komplett neue Aufgabenverteilung zwischen dem Augsburger und dem Regensburger Regionalbischof gefunden werden, die den Großkirchenkreis als Doppelspitze leiten würden.

    Bischof Bertram Meier: Hoffe, dass „nicht der Kirchenkreis beerdigt wird“

    Bereits im Mai hatte der Münchner Regionalbischof Thomas Prieto Peral davon gesprochen, dass er offen sei, ob sein künftiger Dienstsitz in Augsburg oder München liege. Man werde die Fahrtzeiten berechnen und die Stimmen der Teams hören. Ein Kirchenkreis ist in der evangelischen Kirche zwar lediglich der Zuständigkeitsbereich eines als Regionalbischof bezeichneten Oberkirchenrats, und doch vermag er Identität zu stiften. Und so löst die Reform in Kirchenkreisen durchaus Emotionen aus: Unsicherheit, Unverständnis, Verärgerung.

    Es ist der katholische Augsburger Bischof Bertram Meier, der am Donnerstagabend in der Ulrichskirche in seinem Grußwort einen Nerv trifft. Unter Bezugnahme auf die geschichtliche Bedeutung Augsburgs für die Reformation sagt er: Er hoffe, dass mit Pipers Abschied als Regionalbischof „nicht der Kirchenkreis beerdigt wird. Es wäre schade für die Stadt“. Dafür erhält Meier spontan lautstarken Applaus und einen „Bravo“-Ruf.

    Axel Piper ist am 19.9.2024 als Regionalbischof in Augsburg verabschiedet worden. Unter seinen Gästen in der Ulrichskirche war auch der frühere Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm (rechts).
    Axel Piper ist am 19.9.2024 als Regionalbischof in Augsburg verabschiedet worden. Unter seinen Gästen in der Ulrichskirche war auch der frühere Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm (rechts). Foto: Daniel Wirsching

    In Pipers Abschiedspredigt finden sich auch die Fragen: Was habe ich erreicht? Was davon bleibt? Zweifelsohne hat er seiner Kirche in der Öffentlichkeit Aufmerksamkeit verschafft, intern Reformprozesse moderiert. Er verbarg nie, wie anstrengend das teilweise für ihn war. Zentral sein Satz am Donnerstagabend: „Das beste Mittel gegen Zukunftsangst ist neben der Kraft die Geduld, liebevolles und aufmerksames Hören und immer wieder neu betrachten und auch Fehler machen dürfen und diese dann auch revidieren.“

    Axel Piper erhält zum Dank großen Beifall

    Später, in den Grußworten, zeigt sich, wie hoch angesehen Piper war. Repräsentanten aus Kirche und Gesellschaft danken ihm „für jeden Rat“ (Barbara Schretter, Präsidentin des Regierungsbezirks Schwaben) und für seine Zugewandtheit zu den Menschen (Stefan Reimers, Ständiger Vertreter des Landesbischofs). Der katholische Bischof Meier, mit dem Piper in der Ökumene verbunden war, lobt, dass man „an einem Strang gezogen habe“; er sage „auf Wiedersehen mit einem weinenden Auge“. Augsburgs 3. Bürgermeister Bernd Kränzle, der die erkrankte Oberbürgermeisterin Eva Weber vertritt, nennt Piper „jemanden, den man gar nicht gehen lassen mag“.

    Zuvor aber die Entpflichtung durch Landesbischof Christian Kopp: Es ist genau 18.37 Uhr, als Piper seine Amtskette ablegt. Kopp, dessen Vorgänger als Landesbischof – Heinrich Bedford-Strohm – ebenfalls angereist ist, hat für Piper auch Worte großen Dankes für dessen Einsatz gefunden. „Wir sind Gott von Herzen dankbar für die vielen Spuren, die du mit deinem Humor und deiner immer sehr klaren Positionierung für die Menschen und für das Leben in Vielfalt an den vielen Stationen deines beruflichen Wirkens hinterlassen hast“, sagt er. In der Ulrichskriche weiß Piper seine Frau Sabine, seine beiden Söhne, Freunde und Wegbegleiter an seiner Seite. Sie klatschen ihm Beifall.

    Seinen Ruhestand wird er im oberbayerischen Peißenberg verbringen. Am Montag werde der Umzugswagen vor der Tür stehen, sagt Axel Piper. Nach dem Gottesdienst radelt er, der passionierte Fahrradfahrer, dann an diesem spätsommerlichen Abend mit Landesbischof Christian Kopp – die Räder standen in der Sakristei bereit – zum Empfang zu seinen Ehren ins nahe gelegene Maximilianmuseum.

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