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Prozess in Augsburg: Zwei Männer wegen Online-Hetze gegen Flüchtlinge verurteilt

Prozess in Augsburg

Zwei Männer wegen Online-Hetze gegen Flüchtlinge verurteilt

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    Ein Rentner und ein 32-Jähriger haben Hasskommentare im Internet verbreitet. Die zwei Fälle aus der Region wurden nun am Amtsgericht verhandelt.
    Ein Rentner und ein 32-Jähriger haben Hasskommentare im Internet verbreitet. Die zwei Fälle aus der Region wurden nun am Amtsgericht verhandelt. Foto: Jakob Stadler

    Das Thema Flüchtlinge beschäftigt viele Menschen – auf teils extrem unterschiedliche Weise: Die einen kümmern sich um Asylbewerber, unterstützen sie. Die anderen beschimpfen und verleumden sie. Vor allem in den sozialen Netzwerken im Internet wird gehetzt. Polizei und Justiz verfolgen Hasskommentare konsequent, wenn die Grenze zur Meinungsäußerung überschritten ist. Zwei Fälle aus der Region Augsburg, die an einem Tag vor dem Amtsgericht verhandelt wurden.

    Fall Nummer eins: Anklage gegen einen Rentner wegen Volksverhetzung und Propaganda

    Vor Richter Thomas Müller-Froelich sitzt ein Rentner, 74, den Staatsanwältin Tatjana Kruse der Volksverhetzung in sieben Fällen und des „Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen“, ein sogenanntes Propagandadelikt, anklagt.

    Über seinen Twitter-Account hat er im Frühjahr, was er gar nicht abstreitet, Wahlplakate der AfD sowie diverse Zeitungsartikel mit Kommentaren versehen und dabei Flüchtlinge als „Halbwilde“, „gefährliche Eroberer“, „Menschen zweiter und dritter Klasse“ tituliert und Behauptungen aufgestellt wie „Südländer töten häufiger, sind krimineller“. Damit habe er, so wirft ihm die Anklage vor, eine „feindselige Grundstimmung gegen Flüchtlinge geschürt“. Außerdem hat er ein Foto weiter verbreitet, auf dem der Hitlergruß gezeigt wird.

    Von Anfang an ist klar, dass der Angeklagte überzeugt ist, im Recht zu sein, keine Einsicht zeigt. „Haben wir überhaupt einen Rechtsstaat?“ fragt er den Richter. Und setzt zu einer Verteidigungsrede an mit Argumenten, die häufig bei entsprechenden Kommentaren im Internet verbreitet werden.

    Er lebe in Armut, könne sich keinen Anwalt leisten. „Und Asylanten schwimmen im Geld, bekommen einen Anwalt gestellt“, behauptet er. Als alter Mann müsse man Angst haben, in die Stadt zu fahren. Und jetzt sollen nochmals 20 Millionen kommen, stellt er eine fiktive Zahl in den Raum. „Dieses Land geht kaputt“, glaubt der Angeklagte. Dass er sich mit seinen Kommentaren strafbar gemacht haben könnte, will er nicht einsehen. „Ich habe nur von meinem Recht auf Meinungsäußerung Gebrauch gemacht, nur Tatsachen verbreitet, aber keinen Hass.“

    Bei der Justiz ist der Rentner kein Unbekannter. Erst vor genau einem Jahr war er wegen Volksverhetzung zu einer Geldstrafe von 1350 Euro (90 Tagessätze zu je 15 Euro) verurteilt worden. Somit kann er nicht mehr mit Nachsicht rechnen. Eine Freiheitsstrafe von sieben Monaten auf Bewährung sei notwendig, fordert Staatsanwältin Kruse.

    Richter Thomas Müller-Froelich hält fünf Monate für ausreichend, setzt eine Geldauflage von 800 Euro fest und erteilt dem Angeklagten eine Lektion in Staatsbürgerkunde. Eine politische Meinung werde nicht bestraft, es gebe kein Gesinnungsstrafrecht. Die von dem Angeklagten angeführte Meinungsfreiheit ende aber da, wo Äußerungen verbreitet würden, „die zu Hass aufstacheln, Bevölkerungsgruppen verleumden“. Und dies habe der Angeklagte getan. Der Rentner nimmt das Urteil, wenn auch mit Unverständnis, an.

    Fall Nummer zwei: 32-Jähriger aus Augsburg nennt Flüchtlinge "Untermenschen" auf Facebook

    Vor Amtsrichterin Ulrike Ebel-Scheufele geht es um den Vorwurf der Volksverhetzung, den Staatsanwalt Martin Neumann einem 32-Jährigen macht. Die Geschichte, die dahintersteckt, ist tragisch. Der Angeklagte, der mit seinem Anwalt Werner Ruisinger und einem Betreuer erscheint, ist infolge langem Alkohol- und Drogenkonsum psychisch krank. Er leidet an Depressionen und einem Angstsyndrom. Angst vor Tageslicht, vor großen Plätzen und vor vielen Menschen. Er kann seinen Beruf als Altenpflegehelfer nicht mehr ausüben.

    Zum Tatzeitpunkt im April 2016 hatte er sich völlig von seinem Umfeld isoliert. Sein einziger Kontakt zur Außenwelt war das Internet, wo er sich über Facebook von offenkundig zweifelhaften Nachrichtenkanälen berieseln ließ, die sich vor allem mit Kriminalität von Flüchtlingen beschäftigten. Er sei damals alkoholisiert gewesen, habe Kräutermischungen konsumiert. In Zusammenhang mit einem Bericht über eine angebliche Gruppenvergewaltigung habe er sich dann „leider extrem geäußert“. In einem Kommentar, der für alle Nutzer sichtbar war, bezeichnete er Flüchtlinge als „Untermenschen, die man mit einem A…tritt wieder nach Hause befördern soll“. „Es tut mir sehr leid“, was ich da geäußert habe, bedauert er das heute. „Ich bin kein Rassist, das ist nicht meine Weltanschauung“.

    Ein Polizist bestätigt als Zeuge, dass bei dem Angeklagten keine Hinweise auf eine rechte Gesinnung gefunden worden seien. Der psychiatrische Gutachter Dr. Oliver Kistner billigt dem Angeklagten verminderte Schuldfähigkeit zu. Richterin Ebel-Scheufele folgt dem Sachverständigen, spricht von einer „spontanen Einzeltat“ und verurteilt den Angeklagten zu einer Geldstrafe von 900 Euro (60 Tagessätze zu je 15 Euro).

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