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Wo der Heilige Valentin liegen soll

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Wo der Heilige Valentin liegen soll

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    Der Schrein des Heiligen Valentin in der Kirche St. Michael
    Der Schrein des Heiligen Valentin in der Kirche St. Michael Foto: Peter Bauer

    Valentinstag ­ der Tag der Liebenden: Längst ist der heutige 14. Februar so etwas wie ein Mythos. Und gerade in jüngster Zeit ist der Valentinstag für Krumbach zu einer Art Fixpunkt geworden. Die Gebeine eines Heiligen Valentin liegen in der Michaelskirche: Sind es die

    Dr. Walter Pötzl, emeritierter Eichstätter Professor für Volkskunde, der den Krumbacher Valentin aus eigener Anschauung kennt, sagt unserer Zeitung: "Der Krumbacher Valentin ist ein Katakombenheiliger und nicht, wie man behauptet, ,der' Heilige Valentin." Im Rahmen der Krumbacher Leitbilddiskussion war der Valentin der Michaelskirche zuletzt zu einer Art Hoffnungsträger geworden. Angesichts dieses Umstandes ist es keine Überraschung, dass die These Pötzls in Krumbach mit gemischten Gefühlen aufgenommen wird. Zum Beispiel bei Georg Ringler, dem Vorsitzenden des Hotel- und Gaststättenverbandes im Kreis und Leiter der Krumbacher Leitbildgruppe Tourismus: "Eine hundertprozentige Sicherheit haben auch die Experten nicht", betont er. Wer hat Recht? Begeben wir uns auf Spurensuche.

    In Glasgow und Dublin

    Und bei dieser Spurensuche werden wir feststellen, dass vieles dafür spricht, dass es sich in Krumbach nicht um "den" Valentin handelt. Einen ersten Einblick in die komplizierte Geschichte des Heiligen Valentin gibt der Religionspublizist Dr. Manfred Becker-Huberti aus Köln in seinem Aufsatz "Wenn der Valentin mit der Valentine". Schnell spüren wir bei der Lektüre, dass die verwirrende Valentinsgeschichte sich nur schwer enträtseln lässt. Überreste "des" Heiligen Valentin sollen unter anderem im schottischen Glasgow, im irischen Dublin, im polnischen Breslau und in Kiedrich am Rhein liegen. In Österreich wird Valentin an 27 Orten verehrt.

    Nach dem neuesten römischen Martyrologium (Verzeichnis der Festtage der Märtyrer und Heiligen) wird am 14. Februar eines Heiligen Valentin gedacht, der einmal als römischer Priester, ein anderes Mal als Bischof von Terni (100 km nördlich von Rom) oder als beides gleichzeitig bezeichnet wird. Die historische Beweisführung für die Existenz dieser Person sei, so Becker-Huberti, jedoch so kompliziert, dass mehrere Theorien zu seiner Person existieren.

    Das Römische Reich im dritten und vierten Jahrhundert: Der christliche Glaube findet immer stärkere Verbreitung. Doch immer wieder, vor allem auch unter dem römischen Kaiser Diokletian (284 bis 305), sind sie massiven Verfolgungen ausgesetzt. Die Wende bringt das Mailänder Toleranzedikt des Jahres 313, das Kaiser Konstantin erlässt. Aber erst 391 wird das Christentum unter Kaiser Theodosius I. offiziell zur Staatsreligion erklärt. Die Valentinsgeschichte führt uns mitten hinein in diese wechselvolle Zeit.

    War Valentin ein römischer Priester, der unter Claudius Goticus (268 bis 270) an einem 14. Februar hingerichtet worden ist? Der Kölner Theologe Becker-Huberti kommt zu einem anderen Schluss. Im 4. Jahrhundert gibt es am 63. Meilenstein der Via Flaminia eine Begräbnisstätte, bei der ab dem 8. Jahrhundert eine Kirche steht, die einem Märtyrer Valentin geweiht ist. Dieser Märtyrer ist im Martyrologium Hieronymianum belegt und dem 14. Februar zugewiesen. Von diesem Valentin gibt es eine im 5./6. Jahrhundert entstandene Märtyrerlegende, die ihn als Bürger und Bischof von Terni bezeichnet, der in Rom im Jahre 268 hingerichtet, aber von seinen Schülern in der Nähe des Geburtsortes beigesetzt wurde.

    Mit einigen Vorbehalten gelangt Becker-Huberti zu dem Ergebnis, dass in diesem Bischof von Terni "der" Heilige Valentin zu sehen ist. Dieser Valentin ist im Jahre 1605 in die Kirche von Terni überführt worden und wird dort verehrt.

    Wessen Gebeine sind nun aber hinter Glas im nördlichen Seitenaltar der Pfarrkirche St. Michael in Krumbach aufgebahrt? Die von uns befragten Experten sind der Auffassung, dass es sich um einen so genannten Katakombenheiligen handelt. Walter Pötzl ist sich sicher: "Der Krumbacher Valentin ist ein Katakombenheiliger und nicht ­ wie man behauptet ­ ,derq Heilige Valentin." Auch Dr. Sebastian Ristow vom Bonner Dölger-Institut zur Erforschung der Spätantike unterstreicht gegenüber den MN: "Es gibt keine wissenschaftlich nachweisbare Verbindung des Bischofs von Terni zu Krumbach."

    Was aber ist ein "Katakombenheiliger"? Die Antwort darauf finden wir offensichtlich auch in Krumbach. Im Besitz des Krumbacher Pfarrarchivs befindet sich eine auf den 13. Februar 1734 datierte Urkunde für einen Heiligen Valentin. Unterschrieben wurde das Dokument von Erzbischof Thomas Cervioni, Chef der päpstlichen Behörde, die für den korrekten Umgang mit Reliquien zuständig war. Ausgehändigt wurde der Krumbacher Valentin laut Urkunde an Giovanni Delfino, der einer der berühmtesten venezianischen Adelsfamilien entstammte. Wie die Beziehungen Delfinos zu Krumbach waren, liegt noch im Dunkeln.

    Mit der lateinischen Urkunde beschäftigte sich für uns Maria Vesperbilds Wallfahrtsdirektor, Monsignore Dr. Wilhelm Imkamp. Mit alten Urkunden kennt sich der promovierte Dogmenhistoriker und wissenschaftliche Berater der Heiligsprechungskongregation (Consultor) natürlich bestens aus. In der Begleiturkunde des Krumbacher Valentins ist festgehalten, dass sein Leib im römischen Gräberfeld "San Calepodij" nahe der Via Aurelia exhumiert wurde. Dabei handelt es sich laut Imkamp um ein unterirdisches Gräberfeld, um frühchristliche Katakomben. Für Imkamp ist die Sache klar: "Krumbachs Valentin ist ein klassischer Katakombenheiliger mit allen dazu gehörigen Papieren ­ klassischer geht es gar nicht." Vesperbilds Wallfahrtsdirektor macht keinen Hehl daraus, dass er über einen Katakombenheiligen froh wäre: "Ich bin ein intensiver Befürworter der Reliquienverehrung."

    Als Heilige verehrt

    Seit 1578 wurden in Rom neue Katakomben aus der Zeit vor der konstantinischen Wende (313 nach Christus) entdeckt und die dort aufgefundenen Gebeine wurden als die Leiber christlicher Märtyrer angesehen. Deshalb werden sie als Heilige verehrt und sind oft als ganze Leiber mit päpstlicher Bewilligung von Rom aus in Kirchen und Klöster ganz Europas "exportiert" worden. Die Vergabe von Reliquien kam Ende des 18. Jahrhunderts zum Erliegen. Mit der Aufhebung der Klöster im Zuge der Französischen Revolution trat die Verehrung der Katakombenheiligen in den Hintergrund.

    Besonders viele Katakombenheilige gibt es in der Schweiz, aber auch in Oberschwaben. Gerade die eidgenössischen Kirchen und Klöster gelangten häufig durch die Vermittlung von Angehörigen der päpstlichen

    Für den Zeitraum um 1734 sind dafür im Krumbacher Stadtarchiv nach Auskunft von Manfred Keller jedoch keine derartigen Aktivitäten erkennbar. Allerdings sei das Krumbacher Stadtarchiv aufgrund von Auslagerungen vieler Dokumente nach Neuburg an der Donau und Augsburg nicht so einfach zu überblicken.

    Mit großem Pomp

    Wenn der Heilige mit großem Pomp ­ dem Translationsfest ­ eingeführt wurde, und das war nach Achermann ein durchaus übliches Zeremoniell, dann müsste das seiner Meinung nach einen Niederschlag in den Protokollen der Marktratssitzungen und den Pfarramtsdokumenten jener Zeit gefunden haben. Gegenüber unserer Redaktion betont auch Dr. Andrea Polonyi, die zum Themenbereich Katakombenheilige promovierte und ein Buch mit dem Titel "Wenn mit Katakombenheiligen aus Rom neue Traditionen begründet werden" herausgegeben hat: "Wenn so ein Heiliger in die Kirche gekommen ist, hat es ein großes Translationsfest gegeben."

    Wie kam Valentin nach Krumbach? So manches Detail ist noch ungeklärt. Doch die Indizien zeigen relativ eindeutig: Es ist nicht "der" Heilige Valentin, sondern ein so genannter Katakombenheiliger. Monsignore Imkamp ist aber felsenfest davon überzeugt, dass "auch der Krumbacher Valentin allen Liebenden seinen Segen erteilen wird".

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