In Brandenburg häufen sich die Fälle, bei denen die Afrikanische Schweinepest (ASP) in Kadavern von Wildschweinen nachgewiesen wurde. Das erste infizierte Tier war in Schenkendöbern im Kreis Spree-Neiße gefunden worden, inzwischen hat sich die Zahl auf 20 (Stand: 22. September) erhöht. Und nach Meinung der Experten ist es völlig offen, wie lange die Seuche Wild- und Hausschweine in Deutschland gefährden wird.
90 Prozent der Schweine sterben - einen Impfstoff gibt es so schnell nicht
Nach Aussage des Präsidenten des Friedrich-Loeffler-Instituts, Thomas Mettenleiter, kann das hochinfektiöse Virus über Wochen und Monate überleben. In Sardinien sei die Seuche 1978 eingeschleppt worden und existiere bis heute. Während 90 Prozent der infizierten Schweine sterben, ist der Erreger für Menschen ungefährlich. Mit einem Impfstoff rechnet Mettenleiter in überschaubarer Zeit nicht.
Obwohl die Ausbreitung in Deutschland bisher auf Brandenburg beschränkt ist, sind auch Behörden, Bauern- und Jagdverband in Bayern alarmiert. „Wichtig ist jetzt, dass der Seuchenherd in der betroffenen Region schnell eingegrenzt und eine weitere Verbreitung unterbunden wird“, sagt Bayerns Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber. Die CSU-Politikerin appelliert dennoch an alle bayerischen Schweinehalter, die Hygiene-Sicherheitsmaßnahmen in ihren Betrieben zu überprüfen und weiterhin strikt einzuhalten.
Die Seuche wird vor allem für Mastbetriebe zur Gefahr
Fakt ist aber auch: Durch die amtliche Seuchenfeststellung gilt Deutschland nicht mehr als ASP-frei. Es ist deshalb zu befürchten, sagt Kaniber, „dass es durch den Wegfall wichtiger Abnehmerländer außerhalb der Europäischen Union zu schweren Preiseinbußen auf den Märkten kommt“. So haben nach China und Südkorea auch Japan, Brasilien oder Argentinien deutsche Schweinefleisch-Importe verboten. Das Bundesagrarministerium, heißt es, ist mit den Regierungen dieser Länder im Gespräch, um zu erreichen, dass Einfuhr-Stopps nur auf Betriebe aus betroffenen Regionen beschränkt werden. So ist es auch in der EU geregelt, in die rund 70 Prozent der Schweinefleisch-Exporte gehen.
Walter Heidl, Präsident des Bayerischen Bauernverbandes, hat unterdessen zu entschlossenem Handeln aufgerufen. „Vor Ort in Brandenburg müssen jetzt alle Maßnahmen getroffen werden, um eine weitere Ausbreitung der Seuche zu verhindern. Dazu sind eine intensive Bejagung des Schwarzwilds und auch ein fester Zaun notwendig.“
Wird die Afrikanische Schweinepest bei einem toten Wildschwein nachgewiesen, wird um den Fundort im Umkreis von 15 Kilometern ein „gefährdetes Gebiet“ festgelegt. Diese Kernzone wird durch mobile Zäune abgegrenzt. In diesem Bereich ist die Jagd auf alle Tierarten verboten, um möglicherweise infiziertes Schwarzwild nicht aufzuschrecken, zu versprengen und in Bewegung zu bringen. Zusätzlich gibt es eine sogenannte „Pufferzone“ mit einem Radius von weiteren mindestens 15 Kilometern. In der Kernzone eines Gefahrengebiets wird in erster Linie die Kadaversuche durch geschultes Personal, ortsansässige Jäger und Hundestaffeln intensiviert.
Bricht die Seuche in einem Betrieb aus, in dem Hausschweine gehalten werden, muss der gesamte Bestand getötet und unter strengen Auflagen beseitigt werden. In einem Sperrbezirk mit einem Radius von drei Kilometern direkt um den betroffenen Hof darf kein Schwein in die Betriebe oder aus den Ställen heraus transportiert werden.
Der Mensch gilt als gefährlichster Überträger der Schweinepest
Nach Ansicht der Experten ist vor allem das Risiko hoch, die Seuche über den Menschen auf die Schwarzwildpopulation oder Hausschweinbestände zu übertragen – zum Beispiel über achtlos weggeworfene Lebensmittel und kontaminierte Gegenstände. Werden Reste infizierter Fleisch- oder Wurstwaren vom Schwarzwild gefressen, kann dies bereits ausreichen, die Seuche einzuschleppen.
„Wir müssen die Bevölkerung für das Thema sensibilisieren“, sagt auch der Vizepräsident des Bayerischen Jagdverbandes (BJV), Thomas Schreder. Vom Virus befallene Sauen würden nicht kilometerweit laufen, sondern innerhalb weniger Tage verenden. „Die Tiere leiden unter hohem Fieber, sind geschwächt und nicht mehr mobil“, erklärt der Biologe.
Die Nachricht von den ASP-Fällen in Brandenburg hätten ihn erschrocken, sagt Schreder. Dabei würden Bayerns Jägerinnen und Jäger seit langem ihren Beitrag zur Seuchenprävention leisten. Mit einer Strecke von rund 112000 erlegten Wildschweinen im Jagdjahr 2019/2020 seien so viele Tiere wie nie zuvor geschossen worden. Zum Vergleich: Im Jahr davor waren es 67000. Der Jagdverband stehe „Schulter an Schulter“ mit der Landwirtschaft, sagt Schreder. „Wir verstehen die Ängste der Schweinehalter und teilen ihre Befürchtungen. Jetzt müssen alle zusammenstehen und verhindern, dass die Seuche in Bayern eingeschleppt wird.“ Der BJV appelliert aber auch an das Verständnis in der Bevölkerung, wenn etwa bei herbstlichen Drückjagden auf Sauen Straßen und Wege zur Sicherheit gesperrt werden müssen.
Für Johannes Maidhof, Schwarzwild-Experte und Jäger im unterfränkischen Kreis Aschaffenburg, haben sich die bisherigen Maßnahmen bewährt. So sei Tschechien, wo die Seuche lange grassierte, inzwischen ASP-frei. „Wir können die Ausbreitung der Afrikanischen Schweinepest durch eine gezielte Bekämpfung eindämmen.“ Auch die Aufhebung der Schonzeit für das Schwarzwild und der Einsatz von Nachtsichtgeräten hätten dazu beigetragen. Dass die Zahl der erlegten Borstentiere bei all den Anstrengungen weiter gesteigert werden kann, bezweifelt Maidhof indes. „Wir sind jagdlich am oberen Limit.“
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