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Parität im Landtag: Wie weiblich muss die bayerische Politik werden?

Parität im Landtag

Wie weiblich muss die bayerische Politik werden?

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    Verfassungsexperten sind sich nicht einig, welches Gut Vorrang hat: Gleichberechtigung oder die Freiheit der Parteien.
    Verfassungsexperten sind sich nicht einig, welches Gut Vorrang hat: Gleichberechtigung oder die Freiheit der Parteien. Foto: Matthias Balk, dpa

    Mehr Macht den Frauen im Bayerischen Landtag? Vorerst wohl eher nicht. SPD und Grüne kassierten am Mittwoch im Rechtsausschuss mit ihren Gesetzesinitiativen erneut eine Abfuhr. Die Augsburger SPD-Abgeordnete Simone Strohmayr hatte für eine Reform des Wahlrechts geworben.

    Danach sollten die Parteien bei der Landtagswahl verpflichtet werden, auf ihren Wahlkreislisten im Reißverschlusssystem abwechselnd Männer und Frauen aufzustellen. Die Grünen-Abgeordnete Eva Lettenbauer (Donauwörth) hatte für eine Frauenquote von 50 Prozent im Landtag und in der Staatsregierung sowie für eine Zusammenlegung von Stimmkreisen plädiert, um künftig pro Stimmkreis eine Frau und einen Mann wählen zu lassen. CSU, Freie Wähler, AfD und FDP lehnten beide Initiativen ab.

    Frauenanteil im Landtag sinkt stetig

    Zweimal hintereinander schon, so argumentierte Strohmayr, sei der Frauenanteil im Landtag gesunken – von 31,6 Prozent im Jahr 2008 auf 28,3 Prozent im Jahr 2013 und auf 26,8 Prozent im Jahr 2018. Eine "strukturelle Benachteiligung" sei nicht zu übersehen, sagte Strohmayr und forderte: "Es ist Aufgabe des Gesetzgebers, hier tätig zu werden." Auch Lettenbauer sprach sich dafür aus, "im Landtag für Verhältnisse zu sorgen, die die Gesellschaft widerspiegeln". Dies könne, wie die Erfahrung zeige, nur über das Wahlrecht erreicht werden: "Freiwilligkeit bringt uns nicht weiter."

    Mehr Volksvertreterinnen wünschen sich nach eigener Aussage auch CSU, Freie Wähler und FDP. Gesetzliche Regelungen allerdings lehnen sie ab. Die Vorsitzende des Rechtsausschusses, Petra Guttenberger (CSU), sagte: "Auch wir wollen mehr Frauen in den Parlamenten, aber wir wollen das ohne Bevormundung." Chancengleichheit ist nach Auffassung Guttenbergers schon jetzt gegeben. Eine Quote habe in einer Demokratie nichts zu suchen: "Wir leben ja nicht in einer Ständegesellschaft." Der Abgeordnete Alexander Hold (Freie Wähler) versicherte: "Wir suchen händeringend Frauen, die bei uns Mitglied werden."

    Das sagt der Verfassungsexperte

    Verfassungsexperten sind sich nicht einig, welches Gut Vorrang hat: Gleichberechtigung oder die Freiheit der Parteien. Der Augsburger Juraprofessor Josef Franz Lindner jedenfalls ist skeptisch. Zu weitreichend sei der Eingriff. "Ich bin der Überzeugung, dass das Bundesverfassungsgericht eine verpflichtende Quote nicht mit dem Grundgesetz für vereinbar hält", sagt er. Der bayerische Verfassungsgerichtshof hat ohnehin schon klargestellt: "Aus der bayerischen Verfassung ergibt sich keine Pflicht des Gesetzgebers, die bisher geltenden wahlrechtlichen Bestimmungen um paritätische Vorgaben zu ergänzen (...)", heißt es in der Urteilsbegründung.

    Einen Weg hin zu einem höheren Frauenanteil in den Parlamenten sieht Lindner aber doch: Den Parteien könnte durch eine einfache Änderung des Wahlrechts ermöglicht werden, zwei Direktkandidaten aufzustellen – einen Mann und eine Frau. Sozusagen ein kleiner Schubs in die richtige Richtung. Dann könne am Ende der Wähler entscheiden, ob er Frau X oder Herrn Y wählt. Aber auch hier müsse dies den Parteien freigestellt sein – eine Verpflichtung könne es verfassungsrechtlich nicht geben.

    Frankreich mit dem "Paritätsgesetz" als Vorbild

    Woran Bayern doktert, ist Frankreich gelungen: Im Unterhaus sitzen mehr Frauen denn je – aktuell sind es 39 Prozent. 2012 lag der Frauenanteil bei 27 Prozent. In Frankreich gibt es ein sogenanntes Paritätsgesetz. Es verpflichtet Parteien, Wahllisten bei Verhältniswahlen pari pari aufzustellen. Tun sie das nicht, riskieren sie Bußgelder.

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