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Welternährungsprogramm: Von München aus die Welt retten

Welternährungsprogramm

Von München aus die Welt retten

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    Wie in anderen afrikanischen Ländern auch, hungern in Somalia viele Menschen. Um den Hunger zu bekämpfen, sind innovative Lösungen gefragt.
    Wie in anderen afrikanischen Ländern auch, hungern in Somalia viele Menschen. Um den Hunger zu bekämpfen, sind innovative Lösungen gefragt. Foto: Dai Kurokawa, dpa

    Herr Kowatsch, München wird UN-Standort - mit einem Büro des Welternährungsprogramms (WFP) der Vereinten Nationen, das heute eröffnet wird. Warum hat sich die größte humanitäre Organisation der Welt für Bayern entschieden?

    Kowatsch: Wir haben uns weltweit mehr als zehn Standorte angesehen, unter anderem New York, London, das Silicon Valley bei San Francisco oder Dubai, doch München hat gewonnen. Obwohl wir von

    Warum trotzdem München?

    Kowatsch: Weil wir hier ein gutes Innovationsnetzwerk vorgefunden haben. Und genau das ist es, was wir brauchen: Top-Universitäten, Forschungszentren, Großunternehmen mit Visionen und eine ausgeprägte Gründerszene mit vielen Startup-Unternehmen. Mit ausschlaggebend war auch die gute Anbindung an internationale Verkehrswege durch den Münchner Flughafen. Und die Förderung durch das Bundesministerium für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, das Auswärtige Amt und den Freistaat Bayern, die unser Büro in München mit fünf Millionen Euro jährlich großzügig unterstützen.

    Innovationen? Großunternehmen? Forschung? Was hat das mit den Helfern des Welternährungsprogramms zu tun, die Menschen in Not – nach einer Naturkatastrophe, bei Kriegen oder in einer Hungersnot – mit Nahrungsmitteln versorgen? Die man dadurch kennt, dass sie säckeweise Reis oder Mais, Wasser und Öl verteilen und so Menschen vor dem Verhungern retten?

    Kowatsch: Unsere Mission ist, den Hunger weltweit zu beenden. Noch immer geht einer von neun Menschen abends hungrig schlafen. Das sind 795 Millionen Menschen auf der Welt. Wir haben zwar in den vergangenen 20 Jahren durch wirtschaftliche Entwicklungen und Entwicklungszusammenarbeit große Erfolge erzielt – damals hungerten noch 20 Prozent der Weltbevölkerung, im vergangenen Jahr waren es elf Prozent. Aber das sind immer noch zu viele Menschen. Die Vereinten Nationen haben sich im Weltzukunftsvertrag – in Nachfolge der Milleniumsziele – 17 Nachhaltigkeitsziele gesetzt. Und das zweite Ziel heißt: Bis 2030 den Hunger auf der Welt zu beenden.

    Ist das zu schaffen?

    Kowatsch: Ja, das ist möglich. In Zeiten zunehmender humanitärer Krisen brauchen wir in der Not- und Entwicklungshilfe dafür unkonventionelle Ideen und intelligente Lösungsansätze, Innovationen, neue Technologien, Patenschaften. Und dazu die klügsten Köpfe, die Industrie und Forschung zu bieten haben. Die anders denken, Neues ausprobieren und kreative Projekte weiterentwickeln. Dazu haben wir den „Innovation Accelerator“ in München gegründet: eine Denkfabrik also, ein Innovationszentrum, in dem Experten aus aller Welt zu Workshops zusammenkommen, genau so, wie es die Startup-Unternehmen im Silicon Valley machen. Dabei nutzen wir ganz bewusst das Know-How und die Erfahrung von Experten und Unternehmen, die ein Interesse daran haben, die Welt zu verändern.

    Das klingt nach ganz neuen Wegen in der Nothilfe...

    Kowatsch: Oh ja. Aber was sich in der Privatwirtschaft bewährt hat, kann auch in der Krisenbewältigung funktionieren. Damit wir unsere Hilfe beschleunigen, Probleme schneller lösen – Menschenleben retten. Das Welternährungsprogramm hat im übrigen über die klassische Ernährungshilfe hinaus in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten schon viele Innovationen umgesetzt.

    Zum Beispiel?

    Kowatsch: Das Bezahlen per Iris-Scan. Wir haben vor zehn Jahren damit begonnen, die klassischen Notrationen durch Gutscheine zu ersetzen, wenn es genügend Nahrungsmittel vor Ort zu kaufen gibt und die Preise angemessen sind. Heißt: Die Menschen bekommen Gutscheine, Geldkarten oder Mobilfunkvoucher für

    Was ist daran besser?

    Kowatsch: Es funktioniert schneller, effektiver und sinnvoller. Außerdem wird die Gefahr minimiert, dass beispielsweise Geldkarten gefälscht und missbräuchlich genutzt werden oder sich jemand seine Ration mehrfach abholt. So wissen wir mit Sicherheit, dass das Essen bei den Menschen ankommt, die es brauchen. Außerdem werden Kosten gespart.

    Welche Neuerungen haben sich noch bewährt?

    Kowatsch: Die Spenden-App ShareTheMeal zum Beispiel. Vor einem Jahr haben wir in Deutschland die App gestartet – und über 550000 Nutzer haben bereits mehr als 6,3 Millionen Mahlzeiten mit Kindern in Not geteilt. Mit einem Klick werden 40 Cent gespendet – so viel, wie es im Schnitt kostet, ein Kind einen Tag zu ernähren. Es kann also jeder, der mit Freunden beim Essen sitzt, mit einem Knopfdruck ein Kind daran teilhaben lassen und auf der App weiterverfolgen, wo und wie sein Geld ankommt. Gerade diese Woche konnte so die Ernährungshilfe für 1500 syrische Flüchtlingskinder im Libanon gesichert werden.

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