Startseite
Icon Pfeil nach unten
Bayern
Icon Pfeil nach unten

Wallerstein: Waigel mahnt CSU: Sogar bei den Passionsspielen dürfen Muslime mitmachen

Wallerstein

Waigel mahnt CSU: Sogar bei den Passionsspielen dürfen Muslime mitmachen

    • |
    Theo Waigel sagt: Die CSU darf keinen Kandidaten wegen seines Glaubens ausschließen.
    Theo Waigel sagt: Die CSU darf keinen Kandidaten wegen seines Glaubens ausschließen. Foto: Robert Schlesinger, dpa

    Wenn es nach dem neuen Grundsatzprogramm der CSU geht, ist der Fall völlig klar. „Unsere Grundwerte leiten sich aus dem christlichen Menschenbild ab. Unsere Partei steht allen Menschen offen, die sich zu diesen Grundwerten und unseren Zielen bekennen – unabhängig von ihrem persönlichen Glauben“, heißt es da. Doch diese Haltung ist offenbar noch nicht in den Köpfen aller CSU-Mitglieder angekommen.

    Im kleinen Markt Wallerstein im Landkreis Donau-Ries hat der türkischstämmige Deutsche Sener Sahin seine bereits verabredete Kandidatur für den Bürgermeisterposten zurückgezogen. Zuvor hatte es im Ortsverband heftigen Protest gegeben – eben wegen seines persönlichen Glaubens. Denn der 44-Jährige ist Moslem. Wie weit ist die Christlich-Soziale Union also tatsächlich in Sachen Religionsfreiheit?

    Sener Sahin steht als Bürgermeister-Kandidat in Wallerstein nicht mehr zur Verfügung.
    Sener Sahin steht als Bürgermeister-Kandidat in Wallerstein nicht mehr zur Verfügung. Foto: Robert Milde

    Diese Grundsatzfrage ereilt am Dreikönigstag die CSU-Spitze. Zum Auftakt der Klausur der Landesgruppe im oberbayerischen Seeon löst der Fall Wallerstein vor allem Bedauern aus. „Sener Sahin ist ein cooler Kandidat, bestens integriert im Ort, als Unternehmer, im Sportverein – ein klassischer CSU-Kandidat eben“, sagt der schwäbische Bezirkschef Markus Ferber und verweist auf jenes Grundsatzprogramm. „Die CSU ist keine Partei von Katholiken und Protestanten, sondern eine werteorientierte Partei. Und ein Moslem kann genauso unsere Werte teilen wie ein Christ.“

    Theo Waigel: "CSU darf keinen Kandidaten wegen seines Glaubens ausschließen"

    Auch Theo Waigel hat kein Verständnis für das Verhalten seiner Parteifreunde in Nordschwaben. „Gerade in einer Zeit, in der ein Dialog zwischen den Weltreligionen so dringend nötig ist, darf so etwas nicht passieren“, sagt der CSU-Ehrenvorsitzende und fügt hinzu: „Sogar bei den Oberammergauer Passionsspielen dürfen Muslime mitmachen, dann muss das doch in der CSU auch möglich sein.“

    Der bekennende Katholik Waigel betont, schon in den 50er Jahren habe der damalige CSU-Chef Hanns Seidel dafür gekämpft, dass auch Andersgläubige einen Platz in der Partei haben. „Wenn das schon damals, als das Land weit weniger tolerant war, gegolten hat, muss das heute erst recht gelten“, findet der 80-Jährige.

    Muslimischer Bürgermeisterkandidat: Söder will den Vorfall aufklären

    Der amtierende Parteivorsitzende Markus Söder ist sichtlich unglücklich über die Vorgänge in Wallerstein. „Ich bedaure diese Entwicklung“, sagt er im Kloster Seeon. „Denn jemand, der sich für uns engagiert und der in unserer Partei Mitglied ist und aufgestellt ist, der hat auch Respekt und Unterstützung verdient“, betont Bayerns Ministerpräsident. „Wir sind ein freies und auch frei denkendes Land und wer sich zu den Grundsätzen der CSU bekannt hat, sollte auch ein guter Kandidat sein.“ Er habe seinen Generalsekretär Markus Blume gebeten, die Sache genau aufzuarbeiten, sagt Söder.

    CSU-Bezirkschef Ferber hat wenig Hoffnung, dass sich das Blatt in Wallerstein noch wendet. Er hätte sich gefreut, wenn Sahin aufgestellt worden wäre. Dass jetzt Rassismus-Vorwürfe gegen die CSU laut werden, findet er „absolut abenteuerlich“. Für ihn steht fest: „Menschen muslimischen Glaubens gehören selbstverständlich zu Deutschland.“

    Markus Ferber ist Europaabgeordneter und Vorsitzender der schwäbischen CSU.
    Markus Ferber ist Europaabgeordneter und Vorsitzender der schwäbischen CSU. Foto: Anja Ringel

    Ganz so selbstverständlich scheint dies in der CSU nicht zu sein. Unter den 46 Bundestags- und 85 Landtagsabgeordneten gibt es nach Angaben eines Sprechers aktuell keinen, der muslimischen Glaubens ist. Und das, obwohl die CSU mit mehr als 140.000 Mitgliedern die drittgrößte Partei Deutschlands ist.

    Manfred Weber über Sener Sahin: CSU offen für alle, "die unsere Werte und Überzeugungen teilen"

    Der Europapolitiker Manfred Weber betont: „Die CSU ist als Volkspartei offen für alle Menschen, die unsere Werte und Überzeugungen teilen. In der Gründungsphase der CSU war die Union eine neue Idee. Nicht mehr die Aufspaltung zwischen den christlichen Konfessionen sondern das Miteinander brachte den Erfolg. Das gilt heute ebenso."

    Ulrich Lange (CSU-Kreisvorsitzender Donau-Ries) findet Sahins Rückzug persönlich sehr schade. „Die Kandidatur war gut und spannend und wurde vom Kreisverband mitgetragen“, sagt der Bundestagsabgeordnete. Ein besseres Beispiel für gelungene Integration als Sahin werde man kaum finden. Bei der Aufstellung der Wallersteiner Gemeinderatsliste am kommenden Donnerstag will Lange persönlich dabei sein.

    Auch der Augsburger Bundestagsabgeordnete Volker Ullrich bedauert die Entscheidung: „Persönlich finde ich es sehr schade, dass Sener Sahin seine Kandidatur für die CSU aufgegeben hat. Ich kenne ihn leider nicht persönlich, aber das was über ihn berichtet wurde, zeigt, dass er ein sehr guter Kandidat und ein absoluter Gewinn für die CSU gewesen wäre.“

    Lesen Sie dazu auch unser Porträt: Muslimischer Bürgermeisterkandidat: Das ist der Mann, über den alle sprechen

    Lesen Sie dazu auch unseren Kommentar: CSU: "Noch nicht so weit" für Muslime - was soll das heißen?

    Wir wollen wissen, was Sie denken: Die Augsburger Allgemeine arbeitet daher mit dem Meinungsforschungsinstitut Civey zusammen. Was es mit den repräsentativen Umfragen auf sich hat und warum Sie sich registrieren sollten, lesen Sie hier.

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden