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Wallerstein: Von der Ankündigung zur Absage: Die Chronologie des Falles Sahin

Wallerstein

Von der Ankündigung zur Absage: Die Chronologie des Falles Sahin

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    Sener Sahin steht als Bürgermeister-Kandidat in Wallerstein nicht mehr zur Verfügung.
    Sener Sahin steht als Bürgermeister-Kandidat in Wallerstein nicht mehr zur Verfügung. Foto: Robert Milde

    Seit dem Wochenende taucht der Name des kleinen Örtchens Wallerstein immer wieder in den Schlagzeilen auf. Die CSU wollte in dem Dorf in Nordschwaben den 44 Jahre alten Geschäftsmann Sener Sahin als Bürgermeisterkandidaten nominieren. Der Widerstand aus den eigenen Reihen war aber so groß, dass Sahin seine Kandidatur wieder zurückzog. Deutschlandweit wurde über den Fall berichtet - und bei der Klausur ihrer Landesgruppe im oberbayerischen Seeon bemühten sich viele hochrangige CSU-Politiker um Schadensbegrenzung. Wir listen noch einmal die wichtigsten Eckpunkte des Falls auf.

    Sener Sahin wollte für die CSU als Bürgermeisterkandidat antreten. Aus der Partei kam Widerstand - weil Sahin Moslem ist.
    Sener Sahin wollte für die CSU als Bürgermeisterkandidat antreten. Aus der Partei kam Widerstand - weil Sahin Moslem ist. Foto: Walter Brugger
    • Die Kandidatur: Am Anfang ist die Freude groß. Zum ersten Mal seit dem Jahr 2008 will die örtliche CSU in Wallerstein wieder einen eigenen Bürgermeisterkandidaten präsentieren, um den Amtsinhaber Joseph Mayer (Parteifreie Wählergruppe Wallerstein) herauszufordern: Sener Sahin, geboren in Nördlingen, 44 Jahre, Besitzer eines Maschinenhandels. Sahin hat türkische Wurzeln und ist Moslem, seit 2003 hat er einen deutschen Pass. Der Geschäftsmann ist heimatverbunden, als Trainer verschiedener Fußballmannschaften war er so erfolgreich, dass manche ihn einen "Meistermacher" nennen. "Sener ist ein hervorragender Mann, in Wallerstein verwurzelt und mit den Gegebenheiten vor Ort bestens vertraut", zitiert unsere Redaktion Mitte Dezember den CSU-Ortsvorsitzenden Georg Kling.
    • Der Streit: Kurz nach Neujahr gestaltet sich der Fall plötzlich anders. Unsere Redaktion berichtet von "einem tiefen Riss", der sich durch den Ortsverein der CSU in Wallerstein zieht. Einige Mitglieder der Partei wollen einen Kandidaten, der muslimischen Glaubens ist, nicht akzeptieren. Drei oder vier Kandidaten für die Gemeinderatsliste sollen angedroht haben, sich unter diesen Umständen von der Liste wieder streichen zu lassen. Selbst im Büro des CSU-Bundestagsabgeordneten Ulrich Lange in Berlin gehen Anrufe ein, die Sahin als Kandidaten verhindern wollten. Georg Kling, der Ortsvorsitzende, zeigt sich fassungslos: "Da fehlt jegliche Toleranz. Ich bedaure das sehr und bin tief enttäuscht."
    • Die Absage: Kurz darauf zieht Sener Sahin seine Kandidatur zurück. "Dass die Religion in einer Kommunalwahl eine so große Rolle spielt, war mir nicht bewusst", sagt er unserer Redaktion. Schon vor zwei Monaten, als der Ortsvorsitzende gefragt habe, ob er Interesse hätte, für die CSU zu kandidieren, habe er gesagt: Nur wenn das ganze Team zu 100 Prozent hinter ihm stehe.
    • Die Debatte: Am Wochenende stellen sich auf Twitter prominente CDU-Politiker hinter Sener Sahin. Der CDU-Bundestagsabgeordnete Matthias Hauer fordert, dass die CSU sich zu muslimischen Kandidaten bekennen soll. Auf Twitter schreibt er: "Liebe CSU, bitte stellt klar, dass wir als Union auch muslimische Mitglieder als unsere Kandidaten ausdrücklich wollen."



      Der CDU-Außenpolitiker Ruprecht Polenz fordert ein entsprechendes Signal von CSU-Chef Söder.



      Am Montag kommt die CSU-Landesgruppe im oberbayerischen Seeon zusammen. Auch dort ist die Debatte um den Fall in Wallerstein Diskussionsthema. Bayerns Ministerpräsident Söder sagt über den Rückzug des 44-Jährigen: "Ich bedauere das." Wer sich zu den Grundsätzen der CSU bekenne, der sollte auch ein guter Kandidat sein. Auch Theo Waigel hat kein Verständnis für das Verhalten seiner Parteifreunde in Nordschwaben. "Gerade in einer Zeit, in der ein Dialog zwischen den Weltreligionen so dringend nötig ist, darf so etwas nicht passieren", sagt der CSU-Ehrenvorsitzende und fügt hinzu: "Sogar bei den Oberammergauer Passionsspielen dürfen Muslime mitmachen, dann muss das doch in der CSU auch möglich sein." Der schwäbische CDU-Chef Markus Ferber wird ebenfalls deutlich: "Sener Sahin ist ein cooler Kandidat, bestens integriert im Ort, als Unternehmer, im Sportverein - ein klassischer CSU-Kandidat eben."
    • Die Vermittlungsversuche: Am Dienstag versucht die CSU-Spitze, Sahin von seiner Entscheidung abzubringen. CSU-Generalsekretär Markus Blume hat am Montag aus der CSU-Klausur im oberbayerischen Kloster Seeon rund eine halbe Stunde lang mit dem 44-Jährigen telefoniert. "Er hat mir sogar angeboten, persönlich zur Nominierungsversammlung zu kommen, um die Vorurteile an der Wallersteiner CSU-Basis abzubauen“, erzählt Sahin. Doch trotz dieser Versuche hat Sahin entschieden, beim Rückzug seiner Bürgermeister-Kandidatur bleiben. (AZ)

    Lesen Sie dazu auch den Kommentar: CSU: "Noch nicht so weit" für Muslime - was soll das heißen?

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