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Wahlkampf im Web: Wie Schwabens Politiker twittern und bloggen

Wahlkampf im Web

Wie Schwabens Politiker twittern und bloggen

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    Immer mehr Politiker nutzen Online-Portale. Auch in Schwaben versuchen die Bundestagsabgeordneten über das Internet, ihre Wähler zu erreichen.
    Immer mehr Politiker nutzen Online-Portale. Auch in Schwaben versuchen die Bundestagsabgeordneten über das Internet, ihre Wähler zu erreichen. Foto: dpa

    Augsburg (mke-) Claudia Roth wirft den Grün-O-Mat an, Eduard Oswald sendet Videogrüße, auf Facebook, Xing und Twitter ist fast jeder vertreten. Der Bundestagswahlkampf 2009 wird auch im Netz entschieden. Schwabens Abgeordnete sind ganz vorne mit dabei.

    Als sicher war, dass Barack Obama der erste schwarze Präsident Amerikas wird, schickte dieser zuallererst eine Nachricht ins Internet: "Wir haben gerade Geschichte gemacht", bedankte er sich auf dem Portal MySpace. Seinen Sieg, da waren sich Analysten nach der Wahl einig, verdankt Obama nicht zuletzt einem klugen Wahlkampf im Netz.

    Neun Bundestagsabgeordnete aus Schwaben stellen sich Ende September zur Wiederwahl. Sie versuchen alle, in Obamas Fußstapfen zu folgen. Das bezieht sich natürlich nicht auf das Amt, aber zumindest auf die Art, Wahlkampf zu treiben. Dabei lernt der Wähler viel über Programm und Person. Manchmal etwas mehr, manchmal etwas weniger.

    Der letzte Schrei im Netz ist es, zwei bis dreizeilige Kurznachrichten über den Internetdienst Twitter zuschicken. Die Grüne Abgeordnete Ekin Deligözbeteiligt sich am Gezwitscher und behauptet: "Wahlkampfplanung macht Laune! Aus der Krise hilft nur Grün!" Aus den Stenos lernt der Wähler jede Menge Privates: " Ekin hat heute jede Menge Käsespießchen aufgespießt und ist mit ganz vielen Papas und Mamas auf dem Kitafest."

    Der SPD-Abgeordnete Heinz Paula zwitschert mit, beschränkt sich aber auf politische Botschaften und will zeigen, dass sich sogar die komplexe Debatte um das dritte Bahngleis im Augsburger Westen ins zweizeilige Twitter-Korsett pressen lässt: "Seehofer vertröstet Augsburg auf den Nimmerleinstag! Ministerpräsident erteilt 'drittem Gleisen' Abfuhr."

    Die Internet-Begeisterung der Wahlkämpfer ist nicht zufällig: Ganze 44 Prozent der Bürger sind der Meinung, dass eine Partei ohne den Einsatz des Netzes keine Wahl gewinnen kann, ermittelte kürzlich das Meinungsforschungsinstitut Forsa. Noch mehr, nämlich vier von fünf Wahlberechtigten sind der Meinung, dass ein guter Politiker im Netz präsent sein muss.

    Insbesondere wer junge Wähler gewinnen will, kommt um die virtuelle Welt nicht herum: 77 Prozent der 18- bis 29-Jährigen beziehen ihre Infos heute aus dem Netz, berichtet die Nachrichtenagentur dpa.

    Die Datenautobahn von heute heißt Web 2.0. Das Internet ist keine Einbahnstraße mehr. Der Nutzer soll selbst aktiv werden. Sehr agil fährt die Grünen-Abgeordnete Claudia Rothauf dieser Spur. Mit ihrem "Grün-O-Mat" kann der User herausfinden, wie "grün" er ist. Er muss sich nur durch Fragen zu Atomkraft, Hartz IV und Studiengebühren klicken. Zahlreiche Videos verfolgen dazu "Claudias" Wahlkampf und laden zum Kommentieren ein, beispielsweise " über die Bedeutung des Vogelschutzgebietes Fehmarn und das ökonomisch wie ökologisch sinnlose Bauvorhaben der Fehmarnbrücke nach ".

    Den politischen Diskurs sucht auch Miriam Gruß (FDP). Eine Zensur findet nicht statt: "Sympathisch", schätzt ein User die Abgeordnete ein, fügt aber in Anspielung auf Gruß' Vorstoß, Spielzeug in Nahrungsmitteln zu verbieten und Kinder vor dem Verschlucken der Kleinteile zu schützen, an: "Seit letztem Sommer ist Frau Gruß halt leider das personifizierte Überraschungsei".

    Das Internet dient dazu, Netzwerke zu knüpfen. Schwabens Politiker knüpfen kräftig mit: Deutlich wird das auf dem jugendlichen Portal Facebook, wo jeder sich mit seinen Freunden vernetzen kann. Ex-CSU-Bundesbauminister Eduard Oswaldhat das Who-is-Who der Partei um sich versammelt, auch sein Kollege Georg Nüßleinhat in kurzer Zeit bereits 108 Freunde um sich geschart.

    Manche Politiker nützen das Netz, um sich ihren Bürgern ganz privat zu präsentieren. So verrät die nordschwäbische SPD-Abgeordnete Gabriele Fograscherauf Facebook, dass sie im TV gerne "Die Sendung mit der Maus", Nachrichten und politische Magazine schaut und besonders stolz auf ihre Fotovoltaik-Anlage auf dem Dach ist, wie eine Bilderreihe zeigt.

    Letztlich soll es bei der Wahl um Inhalte gehen. Davon gibt es im Internet bei allen schwäbischen Abgeordneten sehr viele. Dies kann man allen neuen Kandidaten zugutehalten. Jeder Wähler kann sich in relativ kurzer Zeit ein gutes Bild von seinen Politikern machen.

    Die Form der Darstellung unterscheidet sich freilich: Eduard Oswald beispielsweise teilt per Video mit, worum es ihm geht ("Arbeit für alle, eine gute Zukunft für die Jugend und dass sich ältere Menschen in der Region wohlfühlen") und stellt hunderte Dokumente zum Herunterladen zur Verfügung.

    Der CSU-Abgeordnete Christian Ruck hat auf seine sehr aufgeräumten Seite dagegen ganz klassische, kurze Texte gesetzt und schreibt über das Ziel einer Augsburger Uniklinik und seinen "vehementen" Kampf für Umwelt- und Entwicklungspolitik. Genauso übersichtlich und unaufgeregt: die Seite des Allgäuer CSU-Abgeordneten Gerd Müller.

    Informationen gibt es virtuell genug. Wer in den Bundestag einziehen soll, diese Entscheidung muss aber wieder ganz real in der Wahlkabine fallen. Twittern lässt sie sich übrigens nicht.

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