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Vor 80 Jahren: Als die Nazis das Augsburger Rathaus besetzten

Vor 80 Jahren

Als die Nazis das Augsburger Rathaus besetzten

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    Augsburg während der NS-Zeit: Hier die Maximilianstraße im Jahre 1941, aus dem Buch „Augsburg in frühen Fotos“, von Joseph Eschenlohr fotografiert.
    Augsburg während der NS-Zeit: Hier die Maximilianstraße im Jahre 1941, aus dem Buch „Augsburg in frühen Fotos“, von Joseph Eschenlohr fotografiert.

    „Deutsche Revolution in Augsburg!“ titelt die Neue Nationalzeitung am 10. März 1933. Tags zuvor haben die Nazis auch am Lech die Macht übernommen. Bereits um vier Uhr morgens hisst ein SS-Trupp die Hakenkreuzfahne auf dem Perlachturm in der Innenstadt. 50000 Menschen haben sich den Angaben zufolge später auf dem Rathausplatz versammelt, wo Gauleiter Karl Wahl vom Balkon des Rathauses aus zu ihnen spricht.

    In einer großen Schau hatte das Stadtarchiv Augsburg 2008 letztmals an die Machtergreifung erinnert. Gezeigt wurde, wie die Nazis in den folgenden Monaten versuchten, die Bevölkerung in eine „Volksgemeinschaft“ zu verwandeln. „Die Nationalsozialisten wollten die Menschen nicht beherrschen, sondern ihre Köpfe und Herzen gewinnen“, heißt es in der Ankündigung.

    Augsburg, so schreibt der renommierte Historiker Andreas Wirsching, Leiter des Instituts für Zeitgeschichte in München, in einem Aufsatz, weist im Vergleich zu anderen deutschen Städten „eine Reihe spezifischer Merkmale“ auf. So sei die NSDAP bis 1933 unterdurchschnittlich gewählt worden. Die starken katholischen und sozialdemokratischen Milieus hätten andere weltanschauliche Bindungen, so Wirsching, der bis 2011 Inhaber des Lehrstuhls für Neuere und Neueste Geschichte der Universität Augsburg war. Selbst bei den nicht mehr freien Reichstagswahlen am 5. März 1933, als die

    Stadtverwaltung funktionierte reibungslos weiter

    Gerade diese Konstellation macht die Fuggerstadt nach Ansicht des Historikers Wirsching interessant. Denn hier werde klar, wie die NS-Diktatur ohne großen Widerstand etabliert werden konnte, obwohl die Mehrheit der Bevölkerung nicht mit ihr sympathisierte. Dies konnte laut Wirsching nur gelingen, weil die „über weite Strecken reibungslose Indienstnahme des bestehenden kommunalen Verwaltungsapparates für die ideologischen Zwecke des Regimes“ gelang.

    Zwar sei die demokratische Kontrolle beseitigt worden, und die Inhalte hätten sich verändert, aber die äußere Form der Verwaltung sei bestehen geblieben, heißt es. „So konnte mancher Beamte den Eindruck gewinnen, er setze mit gewohnter Professionalität eine Tätigkeit fort, die sich im Kern nicht gewandelt habe.“ Wirsching betont in diesem Zusammenhang, dass dadurch nach 1945 der Eindruck entstand, Stadt und Stadtverwaltung hätten mit den nationalsozialistischen Verbrechen nichts zu tun gehabt.

    Die NS-Gewaltherrschaft nahm in Berlin am 30. Januar 1933 ihren Anfang, als Reichspräsident von Hindenburg Hitler zum Reichskanzler ernannte. In Bayern dauerte es noch bis zum 9. März, ehe die Nazis die demokratische Grundordnung wegfegten. An diesem Tag wurde das Kabinett unter Heinrich Held von der Bayerischen Volkspartei (BVP) gestürzt. „Nationalsozialistische Funktionäre drängten daraufhin allerorten an die lokalen Schalthebel der Macht und sorgten dafür, dass die gewählten Volksvertretungen dem alles dominierenden Einfluss der NSDAP unterworfen wurden“, heißt es in dem Begleitband zur Ausstellung.

    OB Otto Bohl spielte eine unrühmliche Rolle

    Auch in Augsburg war dies nicht anders. Der zweite Bürgermeister Friedrich Ackermann (SPD) wurde von Josef Mayr (NSDAP) aus dem Amt gedrängt, der von 1934 bis 1945 Oberbürgermeister war. Stadtoberhaupt Otto Bohl (BVP) hielt sich bis Juni. Er spielte jedoch eine unrühmliche Rolle und hat sich den Beschreibungen Wirschings zufolge „zum willfährigen Instrument der Nationalsozialisten gemacht“.

    Mit einem neuen Gesetz vom 7. April wurden bei der Stadt Augsburg die Kriterien zur Übernahme in das Beamtenverhältnis neu definiert: Entscheidend waren ab sofort die arische Abstammung der Bewerber sowie die politische Zuverlässigkeit. Ab Juni hatte die NSDAP dann bereits die Alleinherrschaft im Stadtrat. Die Nazis besetzten von nun an die Schaltstellen der Kommunalverwaltung. Die Stadt war den Berichten zufolge ab August offiziell gleichgeschaltet.

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