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Verwandtenaffäre: Strengere Benimmregeln für Abgeordnete

Verwandtenaffäre

Strengere Benimmregeln für Abgeordnete

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    Die Verwandtenaffäre beschäftigte 2013 den Bayerischen Landtag.
    Die Verwandtenaffäre beschäftigte 2013 den Bayerischen Landtag. Foto: Peter Kneffel, dpa

    Während die Verwandtenaffäre in der Öffentlichkeit fast schon vergessen ist, müht sich der Landtag darum, die letzten Konsequenzen aus dem Skandal zu ziehen. Der Ältestenrat des Parlaments, dem Vertreter aller Fraktionen angehören, wird sich heute wohl abschließend mit detaillierten Richtlinien zur Beschäftigung von Abgeordnetenmitarbeitern sowie mit einem Katalog von Verhaltensregeln für Abgeordnete beschäftigen.

    Vor allem die Benimmregeln hatten bis zuletzt unter den Abgeordneten für Diskussionen gesorgt. So ist etwa in einem 14 Punkte umfassenden Entwurf, der unserer Redaktion vorliegt, vorgesehen, dass Spenden an Abgeordnete bei einer Höhe von bis zu 5000 Euro nicht einmal anzeigepflichtig sind.

    Grüne: Keine Spenden für Abgeordnete

    „Wir sind der Ansicht, dass Parlamentarier überhaupt keine Spenden annehmen sollten“, findet die Grünen-Abgeordnete Ulrike Gote. Spenden sollten nur direkt an Parteien fließen. Volkmar Halbleib (SPD) gibt zudem zu bedenken, dass eine Abgrenzung zwischen einer Spende und einer „geldwerten Zuwendung“ schwierig sein könnte.

    Chronologie der "Verwandtenaffäre"

    15. April: Das Buch "Die Selbstbediener - Wie bayerische Politiker sich den Staat zur Beute machen" von Hans Herbert von Arnim erscheint und tritt die Diskussion um die "Familienaffäre" los. Zwei Tage später diskutiert der bayerische Landtag über Arnims Kritik.

    19. April: Landtagspräsidentin Barbara Stamm (CSU) veröffentlichte eine Liste von 17 Abgeordneten, die bis vor Kurzem rechtmäßig Verwandte ersten Grades beschäftigten.

    19. April: Ministerpräsident Horst Seehofer fordert die betroffenen Parteimitglieder auf, die Beschäftigungsverhältnisse mit ihren Familienangehörigen sofort zu beenden. CSU-Fraktionsvorsitzender Georg Schmid und Kultusminister Ludwig Spaenle kündigen daraufhin ihren Ehefrauen.

    23. April: Die Summe des Honorars von Georg Schmids Frau wird bekannt: Sie erhielt für ihre Leistungen monatlich zwischen 3.500 und 5.500 Euro brutto.

    25. April: Georg Schmid tritt aufgrund des schwindenden Rückhalts in der CSU und des medialem Drucks als Fraktionsvorsitzender zurück. Ein Neuburger Bürger zeigt Georg Schmids Ehefrau Gertrud wegen Scheinselbstständigkeit an.

    29. April: Georg Winter tritt als Haushaltsausschussvorsitzender im bayerischen Landtag zurück. Er hatte seine beiden Söhne im Alter von 13 und 14 Jahren sowie seine Frau beschäftigt. Die Staatsanwaltschaft Augsburg prüft Ermittlungen gegen Georg Schmid und seine Ehefrau wegen Scheinselbstständigkeit.

    30. April: Münchens Oberbürgermeister und SPD-Spitzenkandidat Christian Ude fordert Schmid und Winter auf, auch ihre Landtagsmandate niederzulegen. Mittlerweile sind 17 Abgeordnete der CSU, zwei der SPD, ein Grüner sowie Freie-Wähler-Chef Hubert Aiwanger in die Familienaffäre verwickelt.

    2. Mai: Georg Schmid gibt seinen Rückzug aus der Berufspolitik bekannt. Justizministerin Beate Merk, Landwirtschaftsminister Helmut Brunner und Kulturstaatssekretär Bern Sibler räumen ein, enge Verwandte beschäftigt zu haben.

    3. Mai: Landtagspräsidentin Barbara Stamm veröffentlicht eine Liste mit 79 Abgeordneten, die nach 2000 Familienangehörige beschäftigt haben oder hatten. Kultusminister Spaenle kündigt an, das volle Gehalt seiner Frau zurückzuerstatten. Ministerpräsident Seehofer fordert betroffene Abgeordnete auf, diesem Beispiel zu folgen.

    4. Mai: Fünf Kabinettsmitglieder kommen der Forderung Seehofers nach und wollen dem Staat die Gelder zurücküberweisen.

    6. Mai: Ministerpräsident Seehofer stellt seinen Drei-Punkte-Plan zur Überwindung der Familienkrise vor. Das Landtagsamt vertritt die Meinung, dass die Anstellung von Georg Winters Söhnen illegal war. Der will daraufhin das komplette Gehalt seiner Söhne an die Staatskasse zurückzahlen.

    7. Mai: Die Anti-Korruptions-Organisation Transparency International fordert alle betroffenen Abgeordneten auf, die Gelder zurückzuerstatten. Die Staatsanwaltschaft Ausburg will gegen den zurückgetretenen CSU-Fraktionschef Georg Schmid nach Angaben des Landtags ein Ermittlungsverfahren einleiten. Die Staatsanwaltschaft Augsburg kommentiert den Bericht vorerst jedoch nicht.

    8. Mai: Der Bayerische Oberste Rechnungshof schaltet sich in die Affäre ein. Er will rückwirkend die Vergabe von Abgeordneten-Jobs an Familienangehörige sowie die Neuregelung des Abgeordnetengesetzes prüfen.

    23. Februar 2014: Auf dem Höhepunkt der Verwandtenaffäre im Landtag beschließt die CSU einstimmig einen Verhaltenskodex. Der CSU-Ehrenvorsitzende Theo Waigel hatte zusammen mit anderen CSU-Spitzenpolitikern den Kodex für ihre politischen Mandatsträger entwickelt, um Filz- und Amigo-Vorwürfen künftig jede Grundlage zu entziehen.

    25. Februar: Der schwäbische SPD-Abgeordnete Harald Güller wird im Rahmen der Verwandtenaffäre wegen Betrugs verurteilt. Er hatte den Sohn seiner Frau aus erster Ehe im Jahr 2009 für zwei Monate beschäftigt und 7500 Euro für Gehalt und Sozialversicherungsbeiträge aus der Landtagskasse gezahlt. Die Richterin argumentierte, dass Güller, der selbst Jurist ist, vorsätzlich gehandelt habe. Güllers Anwalt kündigte Berufung an.

    11. Juni: Nach einer Verfassungsklage der SPD werden im Landtag die Summen veröffentlicht, die Kabinettsmitglieder ihren Verwandten bezahlt haben. Bei den fünf Ministern und Staatssekretären der CSU – Helmut Brunner, Ludwig Spaenle, Gerhard Eck, Franz Pschierer und Bernd Sibler – liegt die Gesamtsumme der gezahlten Vergütungen seit 1997 bei über 1,3 Millionen Euro.

    25. Juli: Die Staatsanwaltschaft Augsburg erhebt Anklage gegen Georg Schmid. Der frühere CSU-Fraktionschef soll 350.000 Euro Sozialabgaben nicht bezahlt haben. Im Einzelnen lauten die Vorwürfe auf vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt in 262 Fällen sowie Steuerhinterziehung in 59 Fällen. Seiner Frau werden Beihilfe und Steuerhinterziehung vorgeworfen.

    Eine solche Zuwendung kann eine Einladung zu einem Abendessen, einem Konzert oder Fußballspiel sein. Sie soll nun bis zu einem Gegenwert von 150 Euro zulässig sein, „wenn diese im Rahmen der Wahrnehmung des Mandats parlamentarischen Gepflogenheiten entspricht“ und keine politischen Gegenleistungen erwartet werden. Gastgeschenke an den Abgeordneten sollen zudem auf einen Gegenwert von 200 Euro begrenzt werden.

    Auch CSU kann sich ein Verbot persönlicher Spenden vorstellen

    Was die persönlichen Spenden betrifft, so kann sich auch die CSU ein Verbot vorstellen. Schon heute empfehle die Partei jedem Mandatsträger, darauf zu verzichten, sagt der parlamentarische Geschäftsführer Josef Zellmeier. Eine Sonderregelung müsse es dann allerdings für parteilose Abgeordnete geben.

    Offen ist dagegen noch der Umgang mit Dienstverträgen – also der andauernden Beschäftigung ohne festes Arbeitsverhältnis. Hier soll zumindest der Verdacht der Scheinselbstständigkeit mithilfe einer „Clearingstelle“ der Rentenversicherung ausgeschlossen werden. Die Grünen würden im Sinne der Transparenz aber am liebsten komplett auf Dienstverträge verzichten: „Das macht auch kein anderes deutsches Parlament“, sagt Ulrike Gote.

    Ebenfalls unklar ist, ob die neuen Regeln in ein neues Abgeordnetengesetz aufgenommen werden sollen. Denn dann müsste der gesamte Landtag noch einmal darüber debattieren – während Richtlinien und Ausführungsbestimmungen ohne öffentliche Debatte in Kraft gesetzt werden können. Landtagspräsidentin Barbara Stamm (CSU) hat jedenfalls angekündigt, die neuen Regeln bald im Internet zu veröffentlichen.

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