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Verkehr: Unfälle auf der Autobahn: Was die Polizei gegen Gaffer unternimmt

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Unfälle auf der Autobahn: Was die Polizei gegen Gaffer unternimmt

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    Bei Unfällen sind Gaffer oft nicht weit.
    Bei Unfällen sind Gaffer oft nicht weit. Foto: Christian Kirstges (Symbol)

    Brennende Fahrzeuge, schwere Unfälle und Unfallopfer ziehen immer wieder Schaulustige an. Die sogenannten "Gaffer" filmen und fotografieren Unfallszenen und stören dadurch häufig die Arbeit der Einsatzkräfte. Auch den brennenden Toyota auf der A8 bei Dasing filmten am Mittwoch wohl mehrere Autofahrer mit ihren Handys.

    Das Thema "Gaffer" genießt derzeit viel Aufmerksamkeit. Erst vergangene Woche wurde ein Video über den bayerischen Polizisten Stefan Pfeiffer zum viralen Hit. Ein Reporter filmte dabei den Leiter der Verkehrspolizei in Feucht während dieser Schaulustige provokant aufforderte, sich die Opfer eines tödlichen Unfalls näher anzusehen.

    "Gaffer" auf der Autobahn: Nimmt die Zahl der Schaulustigen zu?

    Die bayerische Gewerkschaft der Polizei (GdP) forderte ebenfalls in der vergangenen Woche höhere Strafen und Fahrverbote von mindestens zwei Monaten für "Gaffer". Der stellvertretende Landesvorsitzende der GdP Bayern ist von der "extrem abschreckenden" Wirkung eines potenziellen Fahrverbots überzeugt, denn "viele Leute sind auf ihr Auto angewiesen", sagte Peter Pytlik in einem Gespräch mit unserer Redaktion.

    Liegt es an der intensiveren Berichterstattung in den Medien und den Forderungen nach gesetzlichen Neuerungen, oder nimmt die Zahl der "Gaffer" aktuell tatsächlich zu? Diese Frage lässt sich schwer beantworten. Dem Chef der Gersthofer Autobahnpolizei Josef Sitterer zufolge ist eine genaue zahlenmäßige Erfassung der Zwischenfälle mit Schaulustigen an der Autobahn schlicht nicht möglich.

    Sitterers persönlicher Eindruck ist allerdings, dass die Verstöße im Lauf der letzten eineinhalb Jahre zugenommen haben. "Dies ist aber sicherlich auch der stärkeren Sensibilität der Beamten zu diesem Thema geschuldet", relativiert der Chef der Gersthofer Autobahnpolizei. Auch der stellvertretende GdP-Landesvorsitzende Peter Pytlik stellte im Gespräch mit unserer Redaktion fest, "dass die Rücksichtslosigkeit grundsätzlich zunimmt".

    Fotografierenden Fahrern drohen Bußgeld und ein Punkt

    Doch ab wann spricht man überhaupt von "Gaffern"? Für den Begriff gibt es im Sinne der Straßenverkehrsordnung keine Definition. Im Polizeipräsidium Schwaben Nord heißt es, von Schaulustigen oder "Gaffern" sei daher wohl schon dann zu sprechen, sobald gefilmt beziehugnsweise fotografiert oder das Fahrverhalten beispielsweise durch das gezielte Verlangsamen der Geschwindigkeit verändert werde.

    Das alleinige Abbremsen und langsame Vorbeifahren an der Unfallstelle, um die Neugierde zu befriedigen, ist an sich noch nicht strafbar. Der nachfolgende Verkehr wird dadurch jedoch behindert, es kommt zum Rückstau und durch die Ablenkung des Fahrers erhöht sich nicht zuletzt die Gefahr eines weiteren Unfalls. Bei der Polizei warnt man daher vor "bewusstem Gaffen".

    Die Polizeigewerkschaft Bayern fordert unter anderem eine rechtliche Verschärfung, die das Fotografieren von Toten unter Strafe stellt. Bislang ist laut Paragraf 201a des Strafgesetzbuches nur das Ablichten von lebenden Unfallopfern strafbar. Fotografiert oder filmt der Fahrer eines Fahrzeugs im Vorbeifahren, drohen ihm 100 Euro Bußgeld und ein Punkt in Flensburg für das verbotswidrige Benutzen des Mobiltelefons.

    Filmt oder fotografiert dagegen der Beifahrer, folgt keine Strafe. Das Veröffentlichen der Aufnahmen in sozialen Medien sei jedoch nicht nur moralisch verwerflich, sondern auch aus datenschutzrechtlichen Gründen nicht erlaubt, heißt es bei der Polizei.

    Behindern "Gaffer" zudem die Rettungskräfte, wäre dies eine Straftat nach § 323c StGB (Behindern von hilfeleistenden Personen). Dem Polizeipräsidium Schwaben Nord sind jedoch keine derartigen Fälle in seinem Zuständigkeitsbereich auf der A8 bekannt.

    Einsatzkräfte setzen auf Sichtschutzwände gegen "Gaffer"

    In vielen Fällen haben die Einsatzkräfte gar nicht die Möglichkeit gezielt auf Schaulustige zu achten, die mit dem Mobiltelefon fotografieren oder filmen, da die Beamten an der Einsatzstelle mit der Aufnahme des Unfalls beschäftigt sind.

    "Seitens der Beamten der Autobahnpolizei Gersthofen werden Fahrzeugführer, die im Vorbeifahren eine Unglücksstelle fotografieren oder filmen punktuell soweit möglich angehalten und beanstandet", so Josef Sitterer. Oft werden dabei nur die Kennzeichen erfasst, was dann mit aufwendigen Nachermittlungen zur Feststellung des Fahrers verbunden sei.

    Die wirksamste Maßnahme gegen Schaulustige ist der Polizei zufolge ein Sichtschutz. Mit Hilfe der Feuerwehren stelle man daher immer häufiger Sichtschutzwände auf. "Dies dient bei schweren Verkehrsunfällen dem Persönlichkeitsschutz von verletzten Personen, aber auch der Aufrechterhaltung des Verkehrsflusses, sei es in Fahrtrichtung des Unglücksortes oder aber auf der gegenläufigen Fahrbahn", heißt es im Präsidium Schwaben Nord.

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