Es ist eine Engstelle auf der künftigen transeuropäischen Achse Paris – Wien – Budapest. Auf Tempo 200 beschleunigt ein ICE zwischen Augsburg und Dinkelscherben, um dann auf der Weiterfahrt bis Neu-Ulm auf maximal 120 Stundenkilometer abbremsen zu müssen. Zum Vergleich: Die 2011 fertiggestellte Bahnstrecke Augsburg – München ist inzwischen für Züge mit einer Höchstgeschwindigkeit von 230 km/h ausgelegt. Das Teilstück von Augsburg nach Neu-Ulm gilt deshalb seit Jahren als problematischer Engpass. Richtig vorwärts ging nichts.
Nachdem der Ausbau der Bahnstrecke in den 80er Jahren angestoßen wurde, verschwand er 2008 wieder in der Schublade. Fertiggestellt wurde 1992 lediglich der Abschnitt zwischen Augsburg und Dinkelscherben. Dann war Stillstand. Zunächst hielten Bahn und Bund den Weiterbau der Schnellstrecke bis Neu-Ulm für nicht mehr „vorrangig“, dann zog auch das Land Bayern seine Zusage zurück, Geld für die Baumaßnahme vorzustrecken. Aus dem Großprojekt, der Region immer wieder als Ausgleich für die Abkopplung von der ICE-Neubaustrecke München – Ingolstadt – Nürnberg versprochen, wurde nichts.
Das könnte sich nun ändern. Die Deutsche Bahn lässt den Neubau einer rund 35 Kilometer langen Schnellbahn-Trasse zwischen Augsburg und Burgau prüfen. Die sogenannte „Variante Burgau“ entlang der Autobahn A8 soll in den Bundesverkehrswegeplan, der Ende 2015 verabschiedet wird, aufgenommen werden.
Bahn gibt "klares Signal" und zeigt "erkennbaren Willen"
Dies bestätigte Schwabens CSU-Vorsitzender Markus Ferber nach einem Treffen mit Bahn-Vorstandschef Rüdiger Grube. Ferber sagte gegenüber unserer Zeitung, die Bahn habe großes Interesse am Neubau einer ICE-Trasse oder am Ausbau der vorhandenen Strecke bis zum Jahr 2030. Ferber sprach von einem „klaren Signal“ und einem „erkennbaren Willen“ der Bahn.
Dabei hatte noch vor nicht allzulanger Zeit Bayerns Bahnchef Klaus-Dieter Josel sogar eine „Ertüchtigung“ der bestehenden Gleise, damit Züge schneller fahren können, als unwahrscheinlich bezeichnet. Ferber: „Wir wurden beim jetzigen Gespräch nicht mehr vertröstet. Nun wollen wir einen vordringlichen Bedarf.“
Auch der verkehrspolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Ulrich Lange (Donau-Ries), begrüßt eine Prüfung der Schnellbahn-Trasse zwischen Augsburg und Burgau. Für die Region sei dies ein „wichtiges Zeichen“. Er wünsche sich eine zeitnahe, realisierbare Lösung. Auf der geplanten Hochgeschwindigkeitsstrecke Paris – Wien – Budapest dürfe der ICE ab Neu-Ulm nicht zur „Bummelbahn“ werden.
Für den Regionalverkehr könnte es künftig eng werden
Die Bahn habe erkannt, dass sie auch zwischen Augsburg und Ulm etwas tun muss, sagte Gerd Finkbeiner, Vizepräsident der Industrie- und Handelskammer Schwaben (IHK). „Das kann ein Neubau sein, das kann ein Ausbau der bestehenden Strecke sein, oder vielleicht am Ende eine sinnvolle Kombination aus beidem.“
Hintergrund der neu aufkommenden Debatte ist auch das Milliardenprojekt „Stuttgart 21“, das 2021 fertiggestellt sein soll. Dann werden nicht mehr wie jetzt zwei, sondern drei bis vier Fernzüge pro Stunde von Stuttgart über Ulm nach Augsburg fahren. Finkbeiner: „Das langfristige Ziel muss bleiben, dass die transeuropäischen Hochgeschwindigkeitsstrecken aus Paris, aber auch aus London und Madrid nicht in ein paar Jahren an der bayerischen Landesgrenze in Neu-Ulm enden, wenn das Bahnprojekt Stuttgart – Ulm fertig ist.“
Mehr ICE-Züge auf der Trasse könnten jedoch zur Folge haben, dass es für den Regionalverkehr eng wird. Der Kreistag des Landkreises Augsburg hat deshalb bereits im Februar dieses Jahres einstimmig eine Resolution verabschiedet, wonach die bayerische Staatsregierung den dreigleisigen Ausbau der bisher zweigleisigen Bahnstrecke zwischen Augsburg und Dinkelscherben, und nicht nur, wie von der Bahn vorgeschlagen, bis Gessertshausen, für den neuen Bundesverkehrswegeplan anmelden soll.
Befürchtungen in Politik und Wirtschaft
Allerdings gibt es in Politik und Wirtschaft auch Befürchtungen, dass die ICE-Trasse zwischen Augsburg und Neu-Ulm auf die lange Bank geschoben werden könnte. „Es darf nicht passieren, dass wir nun 20 Jahre über einen Neubau diskutieren und an der alten Strecke geschieht nichts“, heißt es in Schwaben.
Ulrich Lange sagte, die Prognose 2030 habe deutlich gemacht, dass der Verkehr auf Deutschlands Schienen in Zukunft weiter stark zunehmen werde. „Daraus ergibt sich ein Handlungsbedarf für die Bahn.“ Dies betreffe, so der Bundestagsabgeordnete, auch die Region Schwaben. Lange: „Deshalb ist jede Möglichkeit der Streckenbeschleunigung und Engpassbeseitigung wichtig.“ Nur so werde die Gesamtachse zu einer echten Magistrale.