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Verfassungsgerichtshof: Bayerns Grenzpolizei verstößt in Teilen gegen die Verfassung

Verfassungsgerichtshof

Bayerns Grenzpolizei verstößt in Teilen gegen die Verfassung

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    Der Streit um die Grenzpolizei dauert bereits zwei Jahre.
    Der Streit um die Grenzpolizei dauert bereits zwei Jahre. Foto: Lino Mirgeler, dpa (Symbolbild)

    Am Donnerstag feierte sich die bayerische Grenzpolizei noch selbst: „Schleierfahnder ziehen drei Schmuggler mit insgesamt 100 Kilo Drogen aus dem Verkehr“ lauteten die Schlagzeilen, nachdem das Landeskriminalamt innerhalb weniger Stunden gleich drei Pressemitteilungen verschickt hatte – ungewöhnlich viele für die Behörde. Einen Tag später wurde die Feierlaune merklich getrübt. Jetzt jubilierten plötzlich die Kritiker der bayerischen Grenzpolizei. Von dieser bleibe „nur noch der Name übrig“ freute sich Grünen-Fraktionschefin Katharina Schulze auf Twitter. Kurz zuvor hatte der Bayerische Verfassungsgerichtshof geurteilt, dass die Arbeit der Grenzpolizei in Teilen verfassungswidrig sei.

    Es ist eine Niederlage – weniger für die zuletzt so erfolgreichen Polizisten als vielmehr für Ministerpräsident Markus Söder (CSU). Denn er hatte die Grenzpolizei vor zwei Jahren feierlich wieder zum Leben erweckt. Von 1948 bis 1998 hatte es bereits eine bayerische Grenzpolizei gegeben – 50 Jahre lang hatte sie tatsächlich den Schutz der Grenzen als Aufgabe.

    1998 wurde sie aufgelöst und die Bundespolizei übernahm den Dienst am Schlagbaum. Doch im Zuge der Debatten über die Zuwanderung von Flüchtlingen entschied sich die Staatsregierung unter dem frisch zum Ministerpräsident gewählten Markus Söder schließlich dazu, die bayerische Grenzpolizei zum 1. August 2018 wieder einzuführen. Söders Plan: Den Bürgern ein Gefühl der Sicherheit geben, der AfD im Streit um die richtige Asylpolitik das Wasser abgraben, die damals kriselnde CSU wieder auf Kurs bringen.

    Den Grünen ist die Grenzpolizei schon lange ein Dorn im Auge

    Es dauerte nicht lange, ehe Kritik aufkam. Denn schließlich war und ist immer noch die Bundespolizei für den Schutz der Außengrenzen der Bundesrepublik – und damit auch des Freistaates – zuständig. Was sollte also die bayerische Grenzpolizei tun? Hilfssheriff für die Bundeskollegen spielen? Oder ist das Ganze ein Etikettenschwindel und nichts anderes als eine Umbenennung der ohnehin schon existierenden Schleierfahndung, deren Beamte nicht direkt an der Grenze, aber in einem gewissen Korridor davor und dahinter auf die Jagd nach Straftäter geht? Selbst Beamte der Schleierfahnder äußerten zum Start der „neuen“ Einheit so ihre Zweifel.

    Besonders den Grünen im Landtag war die neue Grenzpolizei von Anfang an ein Dorn im Auge. Zum einen, weil zum damaligen Zeitpunkt ohnehin kaum mehr illegal Einreisende über die bayerischen Grenzen kamen. Zum anderen, weil der Grenzschutz eben eine Angelegenheit des Bundes und nicht Bayerns sei. Sie zogen schließlich vor Gericht – und bekamen dort am Freitag recht. Zumindest in Teilen.

    Grundsätzlich beanstandete der Verfassungsgerichtshof die Wiedereinrichtung der Grenzpolizei nicht. Allerdings regle Artikel 29 des bayerischen Polizeiaufgabengesetzes – in ihm sind die Befugnisse der Polizei bei Grenzkontrollen festgelegt – „materielles Grenzschutzrecht“. Das jedoch sei ausschließlich Sache des Bundes. Der entsprechende Artikel im Polizeiaufgabengesetz widerspreche daher dem Rechtsstaatsprinzip. Er ist damit nichtig. „Jetzt darf Markus Söder zwar das weiterhin bayerische Grenzpolizei nennen“, erklärte also Grünen-Chefin Schulze, diese sei aber „nur noch eine leere Hülle, weil all das, was er will, was diese Polizei hätte machen dürfen, darf sie höchstrichterlich nicht“.

    Innenminister betont erfolgreiche Arbeit der Grenzpolizei

    Innenminister Joachim Herrmann sah das Urteil hingegen weniger dramatisch. „Im Kern ändert das an der Arbeit der Grenzpolizei nichts. Wir können in dem vollen Umfang, wie wir das in den letzten zwei Jahren getan haben, weiterarbeiten“, sagte er. Sprich: Direkt an der Grenze ist der Bund zuständig, die bayerischen Schleierfahnder dürfen aber weiterhin im Grenzgebiet ihrer Arbeit nachgehen.

    Und das machten sie äußerst erfolgreich, lobte Herrmann. In den vergangenen zwei Jahren seien 67.000 Straftaten, Verkehrsdelikte und weitere Fahndungen von der Grenzpolizei bearbeitet worden. Derzeit würden rund 700 Mitarbeiter in der Schleierfahndung eingesetzt. In drei Jahren sollen es 1000 sein. Für Herrmann, die Staatsregierung und auch die CSU-Landtagsfraktion sei das Entscheidende, dass das Gericht die grundsätzliche Einrichtung der Grenzpolizei als verfassungsgemäß eingestuft habe. Damit sei der „Frontalangriff der Grünen“ gescheitert.

    Lesen Sie dazu auch: Das Grenzpolizei-Urteil ist eine Watschn für Markus Söder

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