Im Würzburger Kinderporno-Fall ist das Entsetzen groß: Im Umfeld des Festgenommenen herrscht Unverständnis über den Vorwurf, er könne seine Stellung ausgenutzt haben, um Kinderpornos herzustellen und zu verbreiten. In den Kindergärten, Kitas und Behinderteneinrichtungen der Region gibt es kein anderes Thema. Denn: Der Hauptverdächtige galt als Logopäde und Therapeut speziell für behinderte Kinder als angesehener Experte, wurde für seine Arbeit im Bereich Inklusion vielfach ausgezeichnet. Auch deshalb ist das Entsetzen groß bei Eltern, die ihm ihre Kinder anvertraut hatten.
Würzburg: Logopäde nach Kinderporno-Vorwürfen in Untersuchungshaft
Die Indizien gegen einen der beiden Verdächtigen sind so belastend, dass die Staatsanwaltschaft Haftbefehl gegen den Logopäden wegen des Verdachts der Herstellung und Verbreitung von Kinderpornografie beantragte. Zuständig ist die Zentralstelle Cybercrime Bayern bei der Generalstaatsanwaltschaft Bamberg. Der Verdächtige war noch am Donnerstag nach Bamberg gebracht und dort am Amtsgericht vorgeführt worden. Danach kam er dort in Untersuchungshaft.
Bislang schweigt er zu den Vorwürfen. "Der Beschuldigte macht keine Angaben", sagte Oberstaatsanwalt Christian Schorr von der Zentralstelle Cybercrime Bayern am Freitag. "Das erleichtert uns die Arbeit nicht."
Der mit ihm verheiratete Sozialpädagoge, der in leitender Funktion bei einer Kita am Würzburger Heuchelhof arbeitet, kam am Donnerstag auf freien Fuß. Dennoch werde auch gegen ihn weiter ermittelt, sagte Polizeisprecher Björn Schmitt. Die Verteidiger der beiden Männer wollen sich zunächst einen Überblick über die Beweislage verschaffen und mit ihren Mandanten reden. Sie äußerten sich auf Anfrage zunächst nicht. Nach Informationen der Main Post hat das Paar selbst zwei Pflegekinder, die nun "in Obhut" genommen wurden. Für die Eltern der Kita hatte es am Donnerstagabend eine Infoveranstaltung gegeben, am Freitagvormittag traf sich erneut ein Krisenteam.
Geprüft wird nun auch, ob der Inhaftierte selbst Kinder missbrauchte. Die über 100 Bilder und Filme zeigen nach Angaben der Ermittler Jungen im Kindergartenalter - nicht nur nackt oder in anzüglichen Posen. Es geht um sexuellen Missbrauch vor der Kamera. Es habe "eine Vielzahl von Berührungspunkten des Beschuldigten mit Kindern gegeben", sagte Schorr. "Es ist eine breite Palette, die wir abklären müssen. Da ist zeitnah nicht mit Ermittlungsergebnissen zu rechnen. Es wird ein enormer Ermittlungsaufwand werden."
Schorr sagt weiter: "Wir gehen davon aus, dass es ein Geschehen ist, das sich über mehrere Jahre hingezogen hat." Es handele sich um eine "extrem kniffelige Arbeit". Die Ermittler richteten eine Sonderkommission ein. Die Soko "01-2019" bei der Kripo Würzburg ermittle in enger Abstimmung mit der Zentralstelle Cybercrime Bayern, hieß es.
Das weitere Vorgehen werde nun abgestimmt, sagte Schorr. Vor einer Befragung von Kindern werde wahrscheinlich erst einmal versucht, anhand des Bild- und Videomaterials nähere Informationen zu bekommen. Es sei auch "sehr die Frage", ob die Befragung von Kindern überhaupt Sinn ergebe. Die gezeigten Kinder seien vielleicht in einem Alter, "in dem eine Zeugenbefragung sich nicht unbedingt anbietet, weil man da wohl keine Information in belastbarer Art erlangen kann", sagte Schorr. "Da sind wir wohl eher auf die Mithilfe von Eltern angewiesen."
Kinderporno-Fall in Würzburg: Verdächtige mit hoher Reputation
In Würzburg genießen der Logopäde und sein Partner hohes Ansehen für ihre Arbeit, wie viele Gesprächspartner deutlich machen. Er hat eine eigene Praxis und bietet Kinderturnen bei der DJK, einem großen Würzburger Sportverein an. Er arbeitet mit der integrativen Kita zusammen, in der sein Partner tätig ist.
Die Ermittler müssen nun in mühsamer Kleinarbeit vergleichen, ob sie Hinweise darauf finden, ob die Tatorte auf den Bildern und Filmen übereinstimmen mit den durchsuchten Gebäuden. "Die Täter achten heute vielfach darauf, dass keine Hinweise zu sehen sind, die Rückschlüsse darauf zulassen", versichern Experten.
An der Durchsuchung hatten auch drei Kripo-Beamte aus dem niedersächsischen Cloppenburg bei Vechta teilgenommen. Von einem aktuellen Fall in ihrem Bereich hatte es Hinweise nach Würzburg gegeben.
In Cloppenburg war vergangene Woche ein 50-Jähriger wegen Besitzes von Kinderpornografie zu einer Bewährungsstrafe von sechs Monaten verurteilt worden. Bei einer Hausdurchsuchung waren bei ihm 800 Dateien mit Kinderpornografie gefunden worden. Nach Würzburg hatten aber dort noch laufende Ermittlungen geführt.
Die Kriminalpolizei Würzburg hat für Hinweise aus der Bevölkerung eine Hotline eingerichtet hat. Die Hotline ist unter 0800/7733744 von 8 bis 22 Uhr auch am Wochenende zu erreichen. (mit dpa)