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Verdacht gegen Onkel erhärtet sich: Mord von Krailling: Verteidiger hat Zweifel - trotz neuer Spuren

Verdacht gegen Onkel erhärtet sich

Mord von Krailling: Verteidiger hat Zweifel - trotz neuer Spuren

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    Mitarbeiter eines Bestattungsunternehmens tragen in Krailling (Oberbayern) ein totes Kind auf einer Bahre aus einem Wohnhaus.
    Mitarbeiter eines Bestattungsunternehmens tragen in Krailling (Oberbayern) ein totes Kind auf einer Bahre aus einem Wohnhaus. Foto: dpa

    Nach dem Mord an den Schwestern Chiara (8) und Sharon (11) erhärtet sich der Tatverdacht gegen den Onkel der Opfer weiter. Sowohl an dem Tatmesser und der Hantelstange als auch an den Mädchen selbst fanden die Ermittler DNA-Spuren des mutmaßlichen Täters. "Wir gehen selbstverständlich davon aus, dass dringender Tatverdacht besteht, der durch die weiteren Ermittlungen auch erhärtet wurde", sagt die Oberstaatsanwältin Andrea Titz auf Nachfrage von AZ-Online.

    "Da sind natürlich sehr belastende Momente dazu gekommen", räumte der Verteidiger des Tatverdächtigen, der Münchner Anwalt Karl Peter Lachniet, am Montag auf Nachfrage von AZ-Online ein.  Trotzdem warnt er vor einer Vorverurteilung. Die DNA-Spuren und die dazu erstellten Gutachten hätten "manchmal eine trügerische Sicherheit". Um die Schuld seines Mandanten zweifelsfrei zu beweisen, brauche es eine große Zahl sogenannter individualisierbarer Spuren.

    Nach Ansicht des Anwalts gibt es nur eine Spur, die eindeutig individualisierbar sei, also das Genom des Tatverdächtigen vollständig enthalte. Diese Spur soll am Ohr eines Mädchens gefunden worden sein. Lachniet will nun erst einmal abwarten, bis die abschließenden Ergebnisse vorliegen. "Und wenn es dann nur eine entscheidende Spur gibt, muss man nochmal nachschauen und eventuell nochmal ein Gutachten erstellen lassen."

    Kein Nasenbluten

    Das festgestellte Blut sei allerdings nicht der einzige Beweis, den es gebe, sagt Staatsanwältin Andrea Titz. Dazu könne aber "aus ermittlungstaktischen Gründen" nicht mehr gesagt werden. Durch die Entdeckung von DNS-Material an mehreren tatrelevanten Orten sei auch die Aussage des mutmaßlichen Täters widerlegt, der behauptet hatte, er habe zwei Wochen vor dem Doppelmord Nasenbluten im Haus der Opfer gehabt: "Aus unserer Sicht ist diese Einlassung widerlegt", so Titz.

    Insgesamt wurden bislang 825 Spuren gesichert und mehr 200 als tatrelevant eingeschätzte Beweisstücke sichergestellt.

    Der Tatverdächtige selbst schweigt weiter zu den Vorwürfen. Gegenüber Lachniet betone er allerdings weiterhin: "Das wird sich schon klären, dass ich unschuldig bin." Auch für den Anwalt gilt weiter, dass "Tat und Täter nicht zusammenpassen". Er traue es dem vierfachen Familienvater nach wie vor nicht zu, eine solche Tat begangen zu haben. Der mutmaßliche Täter hatte anfangs mit den Ermittlern gesprochen. Dabei soll er sich in Widersprüche verstrickt haben. "Zu mir hat er gesagt, man habe ihm das Wort im Mund herumgedreht", sagt Lachniet. Deshalb wolle sein Mandant auch vorerst nichts mehr sagen.

    "Wie können Sie so ein Schwein verteidigen"

    Doch die Schuldfrage stelle sich für Lachniet sowieso nicht. "Ich mache mir darüber nie Gedanken." Der Mann sei sein Mandant und bedürfe der Verteidigung, ob er nun schuldig oder unschuldig ist. "Das ist das Prinzip des Rechtsstaats." Für Lachniet sei es fast ein Fall wie jeder andere mit der Ausnahme, dass das Medieninteresse viel größer sei und er beschimpft werde: "Wie können Sie so ein Schwein verteidigen" - solche und schlimmere Anrufe erhalte er momentan täglich.

    Falls der Onkel die Tat begangen habe, stelle sich zudem die Frage, ob es Mord oder Totschlag war. Auch um das zu klären, brauche der mutmaßliche Täter einen Verteidiger. Denn schließlich sei es ein großer Unterschied, ob jemand mit dem Motiv der Rache oder Heimtücke die Mädchen ermordet habe oder ob er möglicherweise in eine Situation geraten sei, die eskalierte.

    Die Polizei hat die Sonderkommission "Margarete" inzwischen von 31 auf 15 Ermittler verkleinert. "Wenn sie sich ganz sicher wären, hätten sie die Soko ganz auflösen können", sagte Lachniet dazu.

    Bis es zum Prozess kommt, könnten laut Staatsanwältin Titz noch einige Monate vergehen. Denn zuerst müssten die komplexen Ermittlungen beendet werden. "Das heißt aber nicht, dass wir ihn aufgrund der bereits gesicherten Beweise nicht überführen könnten", zeigt sich Titz sicher und kündigt an: "Es wird wohl zu einer Anklageerhebung kommen."

    Viele Ungereimtheiten

    Für Lachniet ist die Sache nicht so klar. Es gebe viele Ungereimtheiten. Weiterhin gebe es nicht einen Zeugen, der den mutmaßlichen Täter in der Mordnacht gesehen habe. Außerdem sei das Zeitfenster für seinen Mandanten sehr klein gewesen. Nach Ergebnissen der Rechtsmediziner seien die Mädchen nur kurze Zeit bevor die Mutter um etwa 4.45 Uhr nach Hause kam, ermordet worden. Um sechs Uhr war der Verdächtige allerdings schon wieder in Feldafing am Starnberger See in der Arbeit.

    Auch die Frage, ob es einen weiteren Täter gegeben habe, ist für Lachniet noch nicht geklärt. Ein Täter hätte die beiden Mädchen nicht gleichzeitig töten können. So hätte er sie nacheinander umbringen müssen, doch dann sei es unwahrscheinlich, dass keiner die Schreie der anderen Schwester hörte. Titz wies die Spekulationen über einen zweiten Täter hingegen zurück: "Aus unserer Sicht gibt es keine Anhaltspunkte für einen zweiten Täter."

    "Der Zustand meines Mandanten ist stabil", sagt Lachniet. Er sitzt in Untersuchungshaft in München-Stadelheim. Zu Beginn der Haft sei er auf die Krankenstation gekommen. Zur Familie des Verdächtigen hat Lachniet im Moment keinen Kontakt. "Die Frau war viel betroffener als er. Für die Angehörigen ist das meist viel schlimmer", erklärt Lachniet.

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