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Urteil: Die Akte Schreiber wird wieder geöffnet

Urteil

Die Akte Schreiber wird wieder geöffnet

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    Einer geht noch: Karlheinz Schreiber nach der Urteilsverkündung im Mai 2010.
    Einer geht noch: Karlheinz Schreiber nach der Urteilsverkündung im Mai 2010. Foto: Foto: Fred Schöllhorn

    Der frühere Waffenlobbyist Karlheinz Schreiber hat recht behalten: „Wiederschau’n“, sagte er, nachdem er im Mai 2010 vom Landgericht Augsburg wegen Steuerhinterziehung zu acht Jahren Gefängnis verurteilt worden war. Nun kommt es tatsächlich zum Wiedersehen. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat das Urteil des Augsburger Landgerichts aufgehoben und einen neuen Prozess in Augsburg angeordnet.

    Eine andere Wirtschaftsstrafkammer muss nun klären, ob Schreiber zur Tatzeit zwischen 1988 und 1993 vor allem in Kanada lebte und dort steuerpflichtig war. Außerdem müssen die Richter überprüfen, ob der Vorwurf der Bestechung des damaligen Rüstungsstaatssekretärs Ludwig-Holger Pfahls (CSU) tatsächlich verjährt ist.

    Bislang lautet das Urteil acht Jahre Haft. Wenn die Bestechung des damaligen Rüstungsstaatssekretärs Ludwig-Holger Pfahls (CSU) nicht als verjährt angesehen wird, könnten einige Jahre hinzukommen. Die Richter am Landgericht waren von der bislang gültigen BGH-Rechtsprechung ausgegangen, dass eine Bestechung dann endet, wenn der Bestochene aus dem Amt scheidet. Dies war bei Pfahls 1992 der Fall und das Delikt damit zehn Jahre später verjährt. Der Vorsitzende Richter am BGH, Armin Nack, erklärte diese Auffassung gestern jedoch für überholt. Die Augsburger Richter sollten neue Kriterien finden. Einen Hinweis gab Nack: Für ihn ist die Frage entscheidend, wann das letzte Geld geflossen ist.

    Ex-Staatssekretär gestand, dass er geschmiert wurde

    Nach bisherigen Ermittlungen hat der Lobbyist den Politiker bis 1992 mit 877000 Mark geschmiert. Pfahls selbst hat dies gestanden. Allerdings standen auf einem speziellen Konto, das Schreiber mit Decknamen versehen hatte, mehr als 3,8 Millionen Mark bereit. Die Staatsanwaltschaft muss jetzt den Nachweis bringen, dass dieses Geld tatsächlich für Pfahls vorgesehen war. „Wir sind zuversichtlich, dass wir das schaffen“, sagte Augsburgs Leitender Oberstaatsanwalt Reinhard Nemetz gestern. Träfe diese Vorhersage zu, müsste Schreiber nach den neuen Vorgaben der Bundesrichter zwangsläufig auch wegen Korruption verurteilt werden.

    Auch die von Schreiber erzwungene Beweisaufnahme zur Frage, ob er zur Tatzeit in Kanada seinen Lebensmittelpunkt hatte und dort Steuern hätte zahlen müssen, könnte ein Pyrrhussieg sein. Die Anwälte erklären, dass Schreiber seinerzeit hauptsächlich in Kanada lebte. Damit seien die kanadischen Steuerbehörden zuständig. Dieses Argument hatten die Augsburger Richter nach Ansicht des BGH ohne hinreichende Gründe verworfen. Deshalb muss dieser Punkt jetzt genau unter die Lupe genommen werden. Der 1. Strafsenat ließ jedoch durchblicken, dass er es für wenig wahrscheinlich hält, dass Schreiber zur Tatzeit als Kanadier zu gelten hat. Als wichtiges Indiz wertete der Vorsitzende Nack, dass Schreiber in Kanada keine Steuern gezahlt habe und die Kanadier auch keine Steuern von ihm haben wollten.

    Der Vorwurf der Steuerhinterziehung muss nicht nochmals geprüft werden. Es gilt als erwiesen, dass Schreiber zwischen 1988 und 1993 Flugzeug- und Panzergeschäfte nach Thailand, Kanada und Saudi-Arabien vermittelt und dafür rund 64,7 Millionen Mark (33 Millionen Euro) erhalten hat. Das Geld floss in Tarnfirmen in Panama und Liechtenstein und zum Teil auf Schweizer Konten. Die fälligen Steuern von 7,3 Millionen Euro behielt er ein.

    Wann eine Neuauflage des Schreiber-Prozesses stattfinden könnte, ist laut Landgerichts-Sprecher Karl-Heinz Haeusler „schwer zu sagen“. Angesichts der Aktenberge ist aber kaum damit zu rechnen, dass das Verfahren noch in diesem Jahr beginnt. mit dpa,

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