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Fall Ursula Herrmann: Ursula Herrmanns Bruder sucht die Wahrheit

Fall Ursula Herrmann

Ursula Herrmanns Bruder sucht die Wahrheit

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    Ursula Herrmanns Bruder Michael ist nach dem Urteil enttäuscht.
    Ursula Herrmanns Bruder Michael ist nach dem Urteil enttäuscht. Foto: Stefan Puchner, dpa

    Michael Herrmann wird an diesem Donnerstag 55. Doch sein Geburtstag steht im Schatten des Todes seiner Schwester. Bis zuletzt hatte es noch die Hoffnung gegeben, dass er an diesem Tag mehr Klarheit über die Entführung von Ursula Herrmann bekommen wird. Diese Hoffnung zerfällt innerhalb von eineinhalb Minuten.

    Michael Hörmann denkt, dass der Falsche im Gefängnis sitzt

    Um 12.30 Uhr spricht Richter Harald Meyer Doch was wie ein Erfolg aussieht, ist für den Bruder eine bittere Enttäuschung. Denn er hatte den Entführer nicht nur verklagt, um Geld zu bekommen – Mazurek hat keines. Michael Herrmann wollte, dass sich noch einmal ein Gericht intensiv mit drängenden Fragen im Fall Ursula Herrmann befasst. Er wollte überzeugende Argumente hören, dass mit Werner Mazurek, 68, der wirkliche Täter im Gefängnis sitzt. Denn Herrmann hat Zweifel.

    Diese Wünsche sind nicht in Erfüllung gegangen. Mit dem Urteil bestätigt das Landgericht Augsburg Werner Mazureks Schuld. Ursulas Bruder hatte gehofft, dass das Gericht die Beweislage ebenso dünn einschätzt wie er und seine Klage mit der Begründung abweist, Mazurek sei gar nicht der Täter.

    Und so bleiben auch 37 Jahre nach dem Tod seiner Schwester nagende Zweifel bei Michael Herrmann. Er war 19, als es geschah. Am 15. September 1981, dem ersten Schultag nach den Sommerferien besuchte die zehn Jahre alte Ursula am späten Nachmittag die Turnstunde und aß dann bei ihrer Tante in Schondorf am Ammersee zu Abend. Gegen 19.15 Uhr machte sich das Mädchen mit seinem roten Fahrrad auf den Heimweg. Durch das Waldgebiet „Weingarten“ sind es nur zwei Kilometer bis zum Elternhaus in Eching. Doch Ursula kam nie dort an.

    Ursula Herrmann erstickte 1981 in einer Kiste

    Entführer lauerten dem Mädchen auf. Sie betäubten es und brachten es zu einer Lichtung im dichten Fichtenwald. Dort steckten sie Ursula in eine eigens dafür gebaute Gefängniskiste und vergruben die Kiste im Boden. In dem Verlies waren Essen und Getränke, Wolldecken, ein Toiletteneimer, ein Jogginganzug. Ein Transistorradio und eine Glühbirne waren an eine Autobatterie angeschlossen. Die Entführer hatten auch Lesestoff in die Kiste gepackt: Comic-Hefte wie „Clever & Smart“ und Groschenromane wie „Am Marterpfahl der Irokesen“. Sogar ein Lüftungsrohr war eingebaut. Doch das Mädchen erstickte in der Kiste.

    Erst gut 28 Jahre später verurteilte das Augsburger Schwurgericht den bärtigen Hünen Werner Mazurek nach einem aufwendigen Indizienprozess zu einer lebenslangen Haftstrafe wegen erpresserischen Menschenraubs mit Todesfolge. Mazurek bestritt die Tat. Doch das Urteil wurde rechtskräftig.

    Die Hauptindizien des Strafurteils waren: ein Tonbandgerät Grundig TK 248, das bei Mazurek gefunden worden war und mit dem die Erpresseranrufe bei den Eltern angefertigt worden sein sollen. Und die Aussage eines Alkoholikers, er habe in Mazureks Auftrag ein Loch im Wald gegraben. Beides war schon im Strafurteil wacklig. Eine Phonetik-Gutachterin bezeichnete es als „wahrscheinlich“, dass mit diesem Grundig-Gerät die Erpresseranrufe hergestellt wurden. Das rangiert auf einer sechsstufigen Experten-Skala knapp über „möglich“ und drei Stufen entfernt von „mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit“. Der Alkoholiker zog seine Aussage, von der es nur das Gedächtnisprotokoll eines Polizisten gibt, später zurück. Trotzdem ist das Zivilgericht der Ansicht, dass die Kollegen des Strafgerichts ein richtiges Urteil gesprochen haben. Michael Herrmann ist mittlerweile eher vom Gegenteil überzeugt: „Vieles spricht dafür, dass gar kein Tonbandgerät im Spiel war und dass ein Unschuldiger seit zehn Jahren im Gefängnis sitzt.“

    Verurteilter Werner Mazurek beteuert seine Unschuld

    Auch der verurteilte Entführer beteuert weiterhin, dass er unschuldig sei. In einem Brief an das Gericht, der unserer Redaktion vorliegt, schreibt Werner Mazurek, dass er nichts mit Ursulas Entführung und dem Tod des Mädchens zu tun zu habe. Das hatte er bereits 2009 zum Auftakt des Strafprozesses gesagt. Das fragliche Tonbandgerät habe er erst 2007 auf einem Flohmarkt in Beverungen gekauft. Mazurek stellt sich in dem Schreiben auf eine Stufe mit Justizopfern wie Gustl Mollath.

    Vor gut zwei Jahren hatte Michael Herrmann gesagt, er wolle jene „innere Ruhe finden“, die er vor 2008, also vor der Verhaftung Mazureks hatte. Doch davon ist er weit entfernt. Er und sein Anwalt Joachim Feller setzen nun darauf, dass „Privatleute“ weiter recherchieren. Und dass Werner Mazureks Anwalt Walter Rubach mit seiner Berufung beim Oberlandesgericht München Erfolg hat. Dann ließe sich auch leichter verschmerzen, dass das Gericht Michael Herrmann fast zwei Drittel der Prozesskosten aufgebrummt hat.

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