Ein Unwetter hat am Montag große Schäden in Teilen Schwabens und vor allem in Oberbayern angerichtet. München wurde besonders stark getroffen. Augenzeugen beschreiben die Hagelkörner als "so groß wie Tennisbälle". Wie kommt es dazu, dass Hagelkörner so riesig werden?
Klaus Hager aus Neusäß ist Meteorologe und ehemaliger Leiter der Geophysikalischen Beratungsstelle des Jagdbombergeschwaders 32 auf dem Lechfeld. "Gewitter sind normale Ereignisse im Sommer", sagt er. Das Unwetter am Montag entstand, weil warme und feuchte Mittelmeerluft auf ein Tiefdruckgebiet über Westeuropa traf, sagt er.
Hagelkörner strömen auf und ab durch Gewitterzelle
Doch wie entsteht dabei Hagel? Die warme Luft steigt auf, kühlt ab, dabei gefriert Wasser und wird zu kleinen Hagelkörnern, erklärt Hager. Bei dem Unwetter am Montag stieg die Feuchtluft bis in die Stratosphäre auf, schätzt Hager, also in einen Bereich um zehn bis zwölf Kilometer über dem Erdboden.
Gleichzeitig bilden sich wegen der Temperaturunterschiede in der Gewitterzelle Auf- und Abwinde. Die Körner werden von den Winden erfasst und werden auf und abgetragen. Deshalb bleibt der Hagel lange in der Zelle. An seiner Oberfläche gefrieren immer weitere Schichten Wasser, sodass er wächst.
Flugzeuge sind besonders gefährdet durch Gewitter
Die Hagelkörner fallen bis auf eine Höhe etwa 1500 Kilometer über dem Boden, werden wieder von Winden erfasst und steigen zurück in die Stratosphäre. Flugzeuge sind deshalb besonders gefährdet durch Gewitter. "Auch wenn am Boden nichts davon zu bemerken ist, kann es sein, dass ein Flugzeug von Hagel beschädigt wird."
Üblicherweise hat solch eine Gewitterzelle einen Lebenszyklus von 60 Minuten, sagt der Wetterexperte. Im ersten Drittel baut sie sich auf, dann befindet sie sich in einem "Reifestadium", bis sie in den letzten 20 Minuten in sich zusammenfällt. Dann fällt auch der Hagel zu Boden. Gewitterböen können die Eisklumpen erfassen und gegen Autos, Fenster und Hauswände schleudern. Wegen des hohen Gewichts und der Geschwindigkeit kommt es zu gravierenden Schäden.
Hagelschauer fallen auf dem Land nur wenigen auf
Normalerweise sind Gewitterzellen Hager zufolge zwischen zwei und fünf Kilometer breit. Demnach verursachen Hagelschauer meist eine linienförmige Schneise. Oft fallen sie auf dem Land herab, verursachen Schäden auf Feldern und Äckern. Doch am Montag war die Zelle Hager zufolge bis zu 30 Kilometer breit - und sie traf das dicht bebaute München. "Natürlich entstehen dann größere Schäden und das Unwetter fällt mehr Menschen auf." Weil die Gewitterzelle am Montag so groß war und sehr starke Auf- und Abwinde darin wehten, blieben die Eiskörner außergewöhnlich lange in der Zelle, fielen auf und ab und wuchsen so weiter. Deshalb waren die Hagelkörner deutlich größer als üblicherweise.
Allerdings hänge es stark vom Zufall ab, wann und wo ein Gewitter auftritt. "Am Montag haben die Warnungen gut funktioniert", sagt Hager. Schon am Morgen sei bekannt gewesen, dass schwere Gewitter im Westen Deutschlands auftreten könnten. Das sei besonders wichtig für Einsatzkräfte, weil sie sich auf Einsätze wie umgestürzte Bäume vorbereiten könnten. "Die genaue Zeit und Örtlichkeit eines Gewitters lässt sich aber frühestens eine Stunde vor dem Ereignis berechnen."
Ein einigermaßen vergleichbares Unwetter traf laut Hager zuletzt 1985 die nähere Umgebung. Damals zog ein Gewitter mit ebenfalls sehr großen Hagelkörnern über Landesberg und weiter Richtung Bad Tölz. Hager rät davon ab, einzelne Wetterereignisse in Bezug mit dem Klimawandel zu setzen. "Solche Unwetter kommen immer wieder vor, im Durchschnitt einmal in zehn Jahren." (AZ)
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