Ein Klassenzimmer, ein Lehrer, viele Schüler und wenig Zeit: Das ist das klassische Modell eines Schulunterrichts. Lehrer versuchen den Schülern in 45 Minuten den Stoff beizubringen. Doch praktische Aufgaben bleiben meist auf der Strecke. Dabei trägt gerade die Praxis dazu bei, dass der Stoff hängen bleibt. Ein Grund, warum Sebastian Schmidt mit sechs Kollegen von der Inge-Aicher-Scholl Realschule in Pfuhl (Ortsteil von Neu-Ulm) und der Gregor-von-Scherr-Schule in Neunburg vorm Wald das Konzept kurzerhand umgedreht hat. "Flipped Classroom" nennt sich die Methode, in der sich die Schüler zuhause mithilfe von Videos die Theorie aneignen und in der Schule Aufgaben dazu machen. Das siebenköpfige Lehrerteam wurde für seinen innovativen Unterricht nun mit dem Deutschen Lehrerpreis 2019 ausgezeichnet.
Mathe-Unterricht über Videos im Internet
"Ich will dass die Schüler Verantwortung für ihr Lernen übernehmen und selbstständig arbeiten", sagte Mathelehrer Sebastian Schmidt bereits vor drei Jahren in einem Video auf der Internetplattform YouTube. Die Videos werden in einem Online-Forum hochgeladen, auf das die Schüler von zuhause aus zugreifen können. Für Lernende sei es nicht nur wichtig, am Mathe-Stoff dran zu bleiben, sondern auch motiviert zu sein. "Der Einsatz von Youtube-Videos und Smartphones bietet diese Motivation, da die SchülerInnen sich in diesen Bereichen auskennen", schreibt die Organisation Deutscher Lehrerpreis. Dort können sie die Videos so oft anschauen wie sie wollen und den Stoff in ihrer eigenen Geschwindigkeit erarbeiten. "Das Video gibt eine gesunde Basis, um den Unterricht bestreiten zu können", so Schmidt. Im Unterricht bleibe mehr Zeit, um auf die Probleme der Schüler einzugehen und die Aufgaben praktisch zu üben.
Alle Themengebiete werden medial für die Schüler aufbereitet. Es gibt Erklär- und Impulsvideos, differenzierte Aufgaben aus dem Mathebuch und passende Lösungen dazu. Zudem können bestimmte Themen weiter vertieft werden. Schon zehn Klassen wurde an der Inge-Aicher-Scholl Realschule nach diesem Prinzip unterrichtet. "Unabhängig von großer räumlicher Distanz können LehrerInnen sich austauschen, unterstützen und gegenseitig kreativen Input geben", heißt es in der Bewertung des Deutschen Lehrerpreises. Unterricht werde neu gedacht.
Deutscher Lehrerpreis und bayerischer Schulinnovationspreis
In Zukunft soll das Konzept ausgeweitet werden. "Im nächsten Jahr werden dann voraussichtlich 16 Lehrer aus fünf Schulen am Kurs für die 7. Klassen arbeiten", berichteten die Organisatoren des Deutschen Lehrerpreises. Das Projekt der Inge-Aicher-Scholl Realschule Neu-Ulm-Pfuhl und der Gregor-von-Scherr-Schule Neunburg war im Sommer schon mit dem bayerischen Schulinnovationspreis für beispielhafte Nutzung digitaler Medien ausgezeichnet worden.
Zwei Lehrerinnen des Oskar-Maria-Graf-Gymnasiums in Neufahrn bei Freising errangen bei der Verleihung des Deutschen Lehrerpreises 2019 zudem den dritten Preis in der Kategorie "Unterricht innovativ". Sie setzen im Englisch- und Französischunterricht besonders intensiv Tablets ein, damit die Kinder auf die digitale Arbeitswelt vorbereitet werden.
In der zweiten Kategorie des Lehrerpreises "Schüler/innen zeichnen Lehrer/innen aus" gingen Preise an insgesamt 16 Pädagogen aus mehreren Bundesländern, Bayern war heuer hier nicht vertreten. Etwa 5400 Schüler hatten Vorschläge eingereicht. (dpa, AZ)
Wie auch der Unterricht in Aichach digitaler wird, lesen Sie hier.
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