Das Geschäft der Jettinger Firma Ludo Fact ist nicht wie „Mensch ärgere Dich nicht“ – der Würfel fällt und der Spieler reagiert – sondern ähnelt vielmehr dem jüngeren Brettspieleklassiker „Die Siedler von Catan“, der in Jettingen-Scheppach jedes Jahr zigtausendfach vom Band läuft: Natürlich gehört auch Glück dazu, um hier zu gewinnen. Aber der Großteil des Erfolgs ist geschickte Planung, mit den eigenen Rohstoffen und denen der anderen.
So funktioniert auch die Firma von Horst Walz. Spiele herstellen, das ist für ihn mehr als Kartons zusammenbauen und befüllen – Spiele herstellen ist Logistik. Ein Prinzip, das der gebürtige Augsburger seit dem Start 1995 kontinuierlich perfektioniert und das ihn nach eigenen Angaben zum Marktführer gemacht hat.
Alles aus einer Hand
Der Name Ludo Fact taucht freilich auf keiner der 50 000 Schachteln auf, die in Jettingen durchschnittlich pro Tag produziert werden. Und doch lag auch dieses Jahr unter unzähligen Christbäumen weltweit wieder ein Produkt aus dem Landkreis Günzburg – sofern es nicht gerade von den beiden anderen Großen der Branche, der Firma Ravensburger, oder dem amerikanischen „Monopoly“-Hersteller Hasbro kommt. 170 Verlage weltweit lassen ihre Spielideen bei Ludo Fact herstellen. Hier bekommen sie alles aus einer Hand: 200 Mitarbeiter verarbeiten in
Die Logistik-Sparte der Firmengruppe, Ludo Packt, steuert die Lagerlogistik und liefert die Spiele in 50 Länder. Jedes Jahr gehen 15 Millionen Puzzles und Spiele in alle Welt. Und wenn im heimischen Wohnzimmer ein Steinchen verloren gehen sollte, kommt auch die Nachbestellung aus Schwaben. Dabei ist die Automobilindustrie das Vorbild mit reduzierten Lagerkapazitäten und optimierten Lieferketten. Ein neues EDV-System soll diese Abläufe weiter perfektionieren helfen. „Der Spielemarkt selbst wächst kaum“, sagt Walz. Sein Ziel ist deshalb, einen möglichst großen Teil dieses Marktes abzudecken. Einen entscheidenden Schritt hat das Unternehmen dazu gerade getan: In der Woche vor Weihnachten hat der Branchenprimus die Zertifizierung nach der ISO-Norm 9001/2008 gesichert. Europas größter verlagsunabhängiger Spieleproduzent setzt sehr stark auf gute Qualität und will sich dadurch Wettbewerbsvorteile, beispielsweise bei großen Discountern sichern. Auf diese Weise will er seinen Marktanteil weiter steigern.
Nicht nur in die Zertifizierung seiner Arbeitsprozesse hat das Unternehmen dafür investiert: Zehn Millionen Euro steckte Walz im vergangenen Jahr in den Ausbau des Standorts Jettingen-Scheppach mit einer neuen Halle und einem Verwaltungsgebäude. Vor knapp zwei Jahren wuchs die Unternehmensgruppe um die Druckerei Walcher & Rees in Heidenheim. Insgesamt sind bei der Gruppe mit einem Jahresumsatz von rund 100 Millionen Euro in 28 Unternehmen etwa 600 Mitarbeiter beschäftigt. Neben den Spielen beschäftigt sich die Unternehmenstochter Vento Ludens mit dem Bau von Solarparks und Windkraftanlagen – weltweit und demnächst auch in der Heimat, wo im Scheppacher Forst 14 Windräder gebaut werden sollen. Die 200 Meter hohen Anlagen würden den größten Windpark Schwabens bilden.
Expansion soll weitergehen
Angesichts der Fülle der Geschäftsbereiche hat sich Horst Walz mittlerweile aus dem operativen Geschäft weitgehend zurückgezogen. Der 52-jährige Vater von drei erwachsenen Kindern kümmert sich stattdessen um strategische Weichenstellungen in seiner Unternehmensgruppe, die ihre weltweiten Expansionsbemühungen noch lange nicht abgeschlossen hat.
Ganz wie bei den Siedlern von Catan, wo der triumphiert, der aus der Kombination von Standorten und ihrer Vernetzung in einer Handelsstraße das am besten funktionierende Imperium aufbaut. Wer das schafft, der gewinnt am Ende das Spiel.