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Unterallgäu: Hinweise auf Tierquälerei: Kontrolle in drittem Großbetrieb

Unterallgäu

Hinweise auf Tierquälerei: Kontrolle in drittem Großbetrieb

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    Das Allgäu wird von einem Tierskandal erschüttert: Vor einem Monat waren schwere Vorwürfe gegen einen der größten Milchviehbetriebe Bayerns mit rund 2850 Rindern bekannt geworden.
    Das Allgäu wird von einem Tierskandal erschüttert: Vor einem Monat waren schwere Vorwürfe gegen einen der größten Milchviehbetriebe Bayerns mit rund 2850 Rindern bekannt geworden. Foto: Karl-Josef Hildenbrand, dpa/lby (Archiv)

    Der Skandal um Tierquälerei in Allgäuer Bauernhöfen nimmt immer größere Ausmaße an. Nun ist ein dritter Rinderhalter ins Visier der Staatsanwaltschaft geraten. Es wurden Vorermittlungen gegen das Unternehmen eingeleitet, wie die

    Erst am Mittwochnachmittag war offiziell bestätigt worden, dass ein weiterer Rinderhalter aus dem Landkreis Unterallgäu unter dem Verdacht der Tierquälerei steht. Die Staatsanwaltschaft Memmingen teilte mit, Ermittlungen gegen den Betrieb aufgenommen zu haben. Es seien Hinweise auf Verstöße in der Tierhaltung des Großbauern eingegangen, die sich nach einer Vorprüfung bestätigt hätten.

    Tierschützer hatten vor rund einem Monat Videoaufnahmen aus einem Bad Grönenbacher Milchviehbetrieb veröffentlicht, auf denen Tiere schwer misshandelt wurden.
    Tierschützer hatten vor rund einem Monat Videoaufnahmen aus einem Bad Grönenbacher Milchviehbetrieb veröffentlicht, auf denen Tiere schwer misshandelt wurden. Foto: Matthias Becker

    Vor rund einer Woche hatte das Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit die bisherigen Erkenntnisse über den ersten Fall von Tierquälerei in Bad Grönenbach vorgestellt und von einem „relativ hohen Anteil“ an kranken Tieren gesprochen. Bei einigen seien erhebliche, teils ältere Verletzungen festgestellt worden. Bei 191 der gut 1700 Milchkühe habe es Auffälligkeiten gegeben. Von 137 kontrollierten Kälbern seien 46 „behandlungsbedürftig“ gewesen. Die Tiere litten etwa an eitrigen Entzündungen sowie Erkrankungen von Augen, Gelenken und Eutern.

    Die Landtags-Grünen forderten nach den Vorfällen eine Rinderhaltungsverordnung. "Vom Huhn bis zum Kaninchen ist im Tierschutzgesetz die Haltung von Nutztieren klar geregelt. Einzig für Rinder und Puten gilt diese Regelung nicht", kritisierte die Sprecherin für Landwirtschaft, Gisela Sengl.

    Der Schlachthof in Buchloe stellte die Geschäftbeziehungen ein

    Unklar ist weiterhin, warum die Zustände nicht schon früher aufgedeckt wurden. Zwar war der Hof nach Angaben des zuständigen Landratsamtes Unterallgäu in den vergangenen fünf Jahren 34 Mal kontrolliert worden, dabei seien lediglich „tierschutzrechtliche Verstöße im geringen bis mittleren Maße“ festgestellt worden.

    Bilder wie dieses zählen noch zu den harmlosen, die der Verein „Soko Tierschutz“ veröffentlichte und dem Stall in Bad Grönenbach zuschreibt.
    Bilder wie dieses zählen noch zu den harmlosen, die der Verein „Soko Tierschutz“ veröffentlichte und dem Stall in Bad Grönenbach zuschreibt. Foto: Soko Tierschutz

    Am Schlachthof in Buchloe, an den Bad Grönenbacher Tiere geliefert wurden, schlug offenbar ebenfalls niemand Alarm. Auf Nachfrage erklärte die Vion Food Group, die den

    Tierärzte klagen über Druck durch die Betriebe

    Dort nachgefragt, erklärt ein Sprecher, alle von den Veterinären festgestellte Auffälligkeiten seien an die für den Hof in Bad Grönenbach zuständigen Behörden, also das Landratsamt Unterallgäu, weitergeleitet worden. Dort nachgefragt, erklärt eine Sprecherin, dass im vergangenen Jahr 1,7 Prozent der aus Bad Grönenbach zu Schlachthöfen gebrachten Tiere beanstandet worden seien. 2019 waren es bisher 0,41 Prozent. „Nach unserer Einschätzung sind diese Zahlen für einen Betrieb dieser Größe unauffällig“, erläutert die Behörde.

    Nach Recherchen des Bayerischen Rundfunks läuft die Zusammenarbeit von Veterinär und kontrolliertem Betrieb allerdings manchmal anders als gewünscht. Gegenüber dem Sender gaben dutzende Tierärzte aus ganz Deutschland an, Druck und Einflussnahme seitens der Betriebe bei ihrer Arbeit zu spüren. Auch die Nähe zwischen Kontrolleur und Kontrolliertem sei ein Problem, heißt es. Vorstände des Vereins „Tierärzte für verantwortbare Landwirtschaft“ schlagen daher vor, Veterinäre im Rotationsverfahren einzusetzen. Das Veterinäramt Ostallgäu erklärt, dass dies nicht nötig sei. In Bayern gelte bereits seit 2007 die Vorschrift, Kontrolleure alle fünf, spätestens sieben Jahre zu versetzen. Die durch den Verein erhobenen Vorwürfe seien nicht nachvollziehbar."

    Ampfing: "Soko Tierschutz" veröffentlicht Video über Puten-Lieferant

    Unterdessen gibt es auch Vorwürfe im Zusammenhang mit dem Transport von Puten aus Ungarn zu einem Schlacht- und Verarbeitungsbetrieb im oberbayerischen Ampfing (Landkreis Mühldorf am Inn). Die Organisation "Soko Tierschutz" veröffentlichte im Internet ein mehrere Wochen altes Video, das zeigen soll, wie lebende Puten teils meterweit in Tiertransporter regelrecht geschleudert werden.

    Die Süddeutsche Truthahn AG teilte dazu mit, dass aus dem Betrieb in Ostungarn bis zur Klärung der Vorwürfe keine Puten mehr nach Ampfing geliefert werden dürften. "Weiter haben wir dies zum Anlass für eine Regelung genommen, dass alle Höfe, die uns beliefern, ab sofort noch häufiger geprüft werden", sagte Vorstand Dieter Bockhorn. Bisher hätten sich jedoch aus den Transport- und Veterinärprotokollen keine Hinweise auf mögliche Tierschutzvergehen ergeben. (mit dpa)

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