Der Wald ist krank. Der Wald leidet unter großer Hitze und anhaltender Dürre. Ministerpräsident Markus Söder (CSU) will den Wald heilen und damit gleichzeitig das Klima retten. Wer könnte etwas dagegen haben? Deutschlands bekanntester Förster gewiss nicht. Peter Wohlleben müsste eigentlich ein glühender Söderianer sein, doch er glaubt dem CSU-Vorsitzenden nicht recht. Er argwöhnt, dass Söder Millionenversprechen für einen Wald macht, der erst noch wachsen muss, das entschlossene Handeln in der Gegenwart aber vermissen lässt.
Dem Förster und Bestseller-Autor geht es um die waldreichen Mittelgebirge Spessart und Steigerwald. Landschaft und Dörfer sehen dort so aus wie im Märchen. „Wenn er die seit langem geförderten Schutzgebiete Steigerwald und Spessart ausweisen würde, da könnte Herr Söder sofort ein Zeichen setzen“, sagte Wohlleben unserer Redaktion. Damit könne Bayern „zum absoluter Vorreiter“ in Sachen Waldschutz werden. Denn weil mit Nadelholz derzeit kein Geld zu verdienen ist, weil es wegen des Notschlagens ein zu großes Angebot gibt, erwartet Wohlleben das große Fällen von Laubhölzern.
Söder will, dass 30 Millionen neue Bäume gepflanzt werden
Ein Blick auf die Zahlen zeigt, weshalb Wohlleben skeptisch ist. In den Bayerischen Staatsforsten werden zwar etwas weniger Stämme geschlagen, aber noch stärker ging in den vergangenen Jahren die Zahl der neu gepflanzten Bäume zurück. 4,7 Millionen neue Bäume wurden im Jahr 2018 im Wald gepflanzt. Seit 2011 ist die Zahl der Neuanpflanzungen kontinuierlich gesunken.
Nun also die Kehrtwende: 30 Millionen neue Bäume sollen in den kommenden fünf Jahren im Staatswald gepflanzt werden, fünf Millionen mehr als bisher geplant – das verspricht Söder. Weniger Profit und mehr Nachhaltigkeit. Zu tun gibt es genug. Der Staatsforst erstreckt sich auf einer Fläche von 760 000 Hektar, was fast drei Mal dem Saarland entspricht.
Nadelhölzer prägen den Forst, mit einem Anteil von etwa Zwei Dritteln. Dabei dominiert eine Sorte ganz unangefochten den Staatswald: die Fichte. Sie nimmt mehr als 40 Prozent der Fläche ein. Der Nadelbaum ist dem Klimawandel nicht gewachsen, er schwächelt. Wilde Stürme, Trockenheit und der Borkenkäfer setzen den Fichten zu.
Mischwälder sollen dem Klimawandel trotzen
Die Förster sollen deshalb den Wald umbauen. Die Nadelwälder sollen widerstandsfähigen Mischwäldern weichen. „Dies werden wir weiter forcieren“, sagt Jan-Paul Schmidt von den Bayerischen Staatsforsten. Das staatliche Unternehmen setzt dabei vor allem auf heimische Baumarten, die auch mit drohenden Klimaveränderungen zurechtkommen werden. „Zudem testen wir in systematischen Praxis-Anbauversuchen Baumarten, die es aktuell noch nicht bei uns gibt“, erklärt Schmidt.
Es wurden bei solchen Versuchen bereits Atlaszedern angepflanzt, eine Nadelbaumart, die aus dem nordafrikanischen Atlasgebirge stammt. Auch die Libanonzeder oder die Baumhasel könnten helfen, Wälder fit für den Klimawandel zu machen. „Diese Baumarten wachsen heute schon unter Klimabedingungen, wie wir sie in 50 oder 100 Jahren bei uns in Bayern erwarten“, sagt Schmidt. Auch die Menge an Totholz, als Nistort und Herberge für seltene Tier- und Pflanzenarten spielt in dieser ökologischen Wende eine Rolle.
Der Klimaplan: Wird Bahnfahren günstiger und Fliegen teurer?
Ein gesunder Wald kann das Aufheizen des Planeten bremsen. Allein durch mehr Bäume wird sich der Klimawandel nicht in Schach halten lassen. Das weiß auch die CSU, weshalb ihr Klimakonzept viel weiter reicht. Bahnfahren soll günstiger werden, indem der Mehrwertsteuersatz gesenkt wird.
Fliegen soll im Gegenzug teurer werden, indem die Luftverkehrsabgabe angehoben wird. Die Fahrer von SUV und Limousinen wollen die Christsozialen stärker zur Kasse bitten. Bei der Kfz-Steuer werden sie deutlich draufzahlen, wenn sich die Idee durchsetzt. Einer CO2-Steuer auf Diesel, Benzin, Heizöl und Gas, wie es der Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) vorschwebt, hat die CSU hingegen eine klare Absage erteilt.
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