Startseite
Icon Pfeil nach unten
Bayern
Icon Pfeil nach unten

Umwelt: So will Fridays for Future heute den Protest zurück auf die Straße bringen

Umwelt

So will Fridays for Future heute den Protest zurück auf die Straße bringen

    • |
    So sahen Klimademos 2019 aus. 2020 wird das Bild von Fridays for Future ein anderes sein.
    So sahen Klimademos 2019 aus. 2020 wird das Bild von Fridays for Future ein anderes sein. Foto: Marcel Kusch, dpa

    Noch weiß niemand, wie Fridays for Future am Freitag auf die Straße zurückkehren wird. Die Klimaaktivisten haben zu einem globalen Streik aufgerufen, es wird die erste Großdemonstration seit fast einem Jahr sein. Doch werden die Aktivisten wieder so Fahrt aufnehmen wie vor einem Jahr? Schon jetzt sind viele Organisatoren sicher: Einen solchen Andrang wie 2019, als etwa am 20. September allein in Augsburg 6000 Menschen demonstrierten, wird es nun nicht geben. Das hat viele Gründe - die Corona-Pandemie ist einer davon.

    2019 war die Klimakrise im Fokus der Öffentlichkeit, Klimaaktivisten wie Greta Thunberg oder Luisa Neubauer stiegen zu Stars ihrer Generation auf. Im Frühjahr verdrängte die Corona-Pandemie die Bewegung aus dem Zentrum des Interesses, insbesondere um Thunberg wurde es zunehmend ruhiger. Anders als andere Bewegungen verzichtete Fridays for Future wegen der Ansteckungsgefahr lange darauf, auf die Straße gehen. Das ist nun vorbei. Mit strengen Hygienevorgaben soll wieder gestreikt werden.

    Schulstreiks sind bei Fridays for Future weniger wichtig geworden

    Ein bedeutender Faktor verliert nun an Gewicht: Schulstreiks, die Fridays for Future zu Beginn enorm viel Aufmerksamkeit beschert hatten. Am Freitag starten viele Demonstrationen jedoch erst nach Schulende. In Augsburg etwa ist eine Fahrraddemo geplant, die erst um 17 Uhr beginnen soll. Organisatorin Janika Pondorf rechnet mit etwa 300 Teilnehmern - ein Bruchteil derer, die im vergangenen September dabei waren. Zwar habe man sich extra für eine Fahrraddemo entschieden in der Hoffnung, so die Mindestabstände zwischen den Teilnehmern besser einhalten zu können, sagt Pondorf. Dennoch werde es mit Sicherheit viele geben, die an einer Versammlung mit über hundert Menschen aktuell nicht teilnehmen möchten.

    Pondorf hält es für notwendig, dass die Augsburger Aktivisten trotz zuletzt steigender Infektionszahlen wieder auf die Straße gehen. "Wir müssen schauen, dass wir wieder präsent sind", sagt die Schülerin. Die Fahrraddemo soll vom Ulrichsplatz durch weite Teile der Stadt führen, unter anderem über die Bürgermeister-Ackermann-Straße.

    Wer aktuell mit Anhängern von Fridays for Future spricht, stößt oft auf Ernüchterung. Obwohl sie vor der Pandemie Massen dazu bewegen konnten, auf die Straße zu gehen, fühlen sie sich von der Politik nicht ernst genommen. Ein Gefühl, das Protestforscher Simon Teune verstehen kann: "Wenn man sich ansieht, welche politischen Maßnahmen bis jetzt umgesetzt wurden, kann man schon auf die Idee kommen: Demonstrationen bringen nichts", sagt der Vorstand des renommierten Berliner Instituts für Protest- und Bewegungsforschung im Gespräch mit unserer Redaktion.

    Forscher traut Klimaprotesten von Fridays for Future nachhaltigen Erfolg zu

    Jedoch: Selbst wenn die Demonstrationen tatsächlich deutlich kleiner sein sollten als im vergangenen Jahr, warnt Teune vor Abgesängen auf die Bewegung. "Das Thema ist nicht tot, die Menschen beschäftigen sich weiterhin mit der Klimakrise", sagt er. Auch wenn sie jetzt wieder eine Kundgebung auf der Straße angekündigt haben, seien die Aktivisten inzwischen zu alternativen Protestformen übergegangen. Den vergangenen, für April geplanten Klimastreik verlegten sie in den virtuellen Raum, zudem würden laut Teune unter anderem Formen des zivilen Ungehorsams immer populärer - wie das Augsburger Klimacamp. Und die Schulstreiks? Da habe Teune schon vor Einbruch der Pandemie beobachtet, dass die Aktivisten die Streiks längst eher pragmatisch genutzt haben. "Den wesentlichen Punkt hatten sie damit schon früh erreicht: Menschen zu sensibilisieren und zu mobilisieren", sagt er.

    So deutet es auch Ronja Lacher. "Die Bewegung wird sich wandeln", sagt die Schülerin aus Sonthofen. "Das liegt nicht nur an Corona." Sie organisiert die Demonstration in ihrer Heimatstadt und denkt, dass Fridays for Future radikaler werden könnte.

    Zunächst wird es aber etwas braver: Auf Schulstreiks verzichten sie auch hier im Allgäu. Erst mittags nach Schulschluss startet die Kundgebung. Insgesamt sind in Deutschland über 400 Demonstrationen geplant, rund 75 davon in Bayern.

    Neben dem Augsburger Rathaus haben Aktivisten ein Klimacamp aufgebaut.
    Neben dem Augsburger Rathaus haben Aktivisten ein Klimacamp aufgebaut. Foto: Ulrich Wagner

    Fridays for Future in Sonthofen ziehen mit Fahrzeugen durch die Stadt

    In Sonthofen werden die Demonstranten ähnlich wie in Augsburg mit Fahrrädern, aber auch mit Rollern oder Schubkarren durch die Straßen ziehen. Das wird den Verkehr in der Stadt blockieren, Lacher und ihre Mitstreiter wollen sich so für ein neues Verkehrskonzept zulasten von Autos in der Stadt einsetzen. "Für die Klimakrise gibt es keine Impfung", sagt die Schülerin mit Blick auf die Corona-Pandemie. Sie rechnet damit, dass zwischen 200 und 600 Teilnehmer zur Demonstration kommen. Vor einem Jahr beteiligten sich noch 1200 Menschen.

    Dass die Veranstalter weniger Teilnehmer erwarten, hält Protestforscher Teune jedoch für wenig gravierend. Die Klimademos des vergangenen Jahres hätten den Grundstein für die Politik der Zukunft gelegt, die öffentliche Wirkung sei inzwischen nachrangig. 2019 habe viele Menschen mobilisiert. "Diese Saat geht nun auf", ist sein Eindruck. Der Sozialwissenschaftler Klaus Hurrelmann von der Hertie School of Governance hatte hingegen schon vor Ausbruch der Pandemie Müdigkeit bei den Aktivisten festgestellt. Im September 2019 seien sie "auf dem absoluten Höhepunkt ihrer Erfolges gewesen", sagte er der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. Er ist überzeugt davon, dass Corona der Bewegung massiv geschadet habe. Politisch bleibe die Generation dennoch, und Erfolge habe sie aller Ernüchterung zum Trotz dennoch vorzuweisen: Viele Menschen gingen mit der Umwelt nun deutlich sensibler um.

    Lesen Sie auch:

    Wir wollen wissen, was Sie denken: Die Augsburger Allgemeine arbeitet daher mit dem Meinungsforschungsinstitut Civey zusammen. Was es mit den repräsentativen Umfragen auf sich hat und warum Sie sich registrieren sollten, lesen Sie hier.

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden