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Uli Hoeneß: Freigänger Hoeneß: Im neuen Domizil ist vieles angenehmer

Uli Hoeneß

Freigänger Hoeneß: Im neuen Domizil ist vieles angenehmer

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    Am Freitag hat Uli Hoeneß, 62, einen großen Schritt in Richtung Freiheit gemacht. Er ist jetzt Freigänger und darf tagsüber das Gefängnis verlassen und beim FC Bayern arbeiten.
    Am Freitag hat Uli Hoeneß, 62, einen großen Schritt in Richtung Freiheit gemacht. Er ist jetzt Freigänger und darf tagsüber das Gefängnis verlassen und beim FC Bayern arbeiten. Foto: Matthias Schrader, dpa

    Zuletzt ging es Schlag auf Schlag: Zwei Tage Weihnachtsurlaub, daheim schlafen und mit den Liebsten feiern, an Silvester dann wieder Urlaub vom Gefängnisalltag und nun zum Jahresanfang der ersehnte Freigang. Deutschlands prominentester Häftling Uli Hoeneß ist seit Freitag in Halbtags-Freiheit. Das bayerische Justizministerium bestätigte, dass er ab sofort den Status „Freigänger“ hat.

    Hoeneß kann tagsüber außerhalb der Gefängnismauern ohne Bewachung arbeiten gehen und muss nur zum Schlafen hinter Gitter. Sein alter Arbeitgeber FC Bayern ist auch der neue. Der einstige Patron des europäischen Spitzenklubs soll nach Aussage von Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge in der Jugendabteilung beschäftigt werden. Eine Erklärung des Klubs gibt es nicht.

    Uli Hoeneß: Die Geschichte der Steueraffäre

    Uli Hoeneß: Vor vielen Jahren begann er an der Börse eine Zockerei, die ihn 2013 ins Visier der Justiz brachte.

    2001: Der damalige Adidas-Chef Robert Louis-Dreyfus überweist Hoeneß in Form eines Kredits und einer Bürgschaft 20 Millionen D-Mark (10,23 Millionen Euro) auf ein Konto in der Schweiz.

    2002 bis 2006: In diesen Jahren handelt Hoeneß nach eigenen Worten teilweise Tag und Nacht an der Börse und macht weltweit Geschäfte.

    2008: Hoeneß machte nach eigenen Angaben schon in den Vorjahren zu viele Verluste. Mit dem Ausbruch der weltweiten Finanzkrise sei es «endgültig in den Keller» gegangen, und er habe seine Geschäfte stark reduziert.

    August 2011: Nach langen Verhandlungen einigen sich Deutschland und die Schweiz darauf, dass in der Schweiz gebunkerte unversteuerte deutsche Vermögen nachversteuert werden. Das Abkommen, das später noch präzisiert wird, soll am 1. Januar 2013 in Kraft treten.

    November 2012: Die von SPD und Grünen regierten Länder lassen das Abkommen im Bundesrat scheitern - damit kann Hoeneß seine Gewinne nicht nachträglich steuerrechtlich legalisieren.

    Am 17. Januar 2013 reicht Hoeneß nach eigenen Angaben Selbstanzeige bei der Bußgeld- und Strafsachenstelle in Rosenheim ein.

    März 2013: Das Finanzamt hat die Selbstanzeige schnell an die Staatsanwaltschaft weitergeleitet. Am 20. März kommt es zur Hausdurchsuchung in Hoeneß' Anwesen am Tegernsee. Ihm wird der Haftbefehl eröffnet, dieser wird gegen eine Kaution und Auflagen außer Vollzug gesetzt.

    April 2013: Der «Focus» macht den Fall öffentlich.

    Juli 2013: Die Staatsanwaltschaft erhebt am 30. Juli Anklage gegen Hoeneß. Diese wird im November vom Landgericht München II unverändert zur Hauptverhandlung zugelassen.

    März 2014: Hoeneß wird wegen Steuerhinterziehung zu drei Jahren und sechs Monaten Haft verurteilt.

    Juni 2014: Hoeneß tritt seine Haft in der JVA Landsberg an.

    September 2014: Erster Ausgang - für einige Stunden kann Hoeneß das Gefängnis verlassen, um sich mit seiner Familie zu treffen.

    Januar 2015: Hoeneß wird Freigänger. Er muss jetzt nur noch zum Übernachten in die JVA, tagsüber arbeitet er in der Jugendabteilung des FC Bayern.

    Januar 2016: Die zuständige Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Augsburg entscheidet, dass die Haftstrafe zum 29. Februar zur Bewährung ausgesetzt wird. Die Münchner Staatsanwaltschaft verzichtet auf eine Beschwerde.

    Februar 2016: Ex-Bayern-Präsident Uli Hoeneß kommt mit 64 Jahren vorzeitig aus der Haft frei.

    Am 8. August 2016 teilt der FC Bayern auf seiner Homepage mit, dass Hoeneß wieder für das Präsidentenamt kandidieren wird. Sein Nachfolger Karl Hopfner verzichtet auf eine weitere Amtszeit. Im November wird Hoeneß wiedergewählt.

    Nichts deutet am Freitagmorgen auf dem Vereinsgelände an der Säbener Straße darauf hin, dass Hoeneß als neuer Mitarbeiter angefangen hat. Der FC Bayern befindet sich im Winterschlaf: Kein Training von Manuel Neuer und Co., die Zufahrtsschranke ist heruntergelassen, die Geschäftsstelle zumindest offiziell geschlossen, Winterurlaub heißt es. Nur einige Ordner halten Wache, ein paar Fans schlendern vorbei und werden wieder weggeschickt – augenscheinlich nichts los bei den Bayern. Doch wie die Bild berichtet, hatte Uli Hoeneß am gestrigen Freitag bereits seinen ersten Arbeitstag in der Säbener Straße.

    Uli Hoeneß verließ das Landsberger Gefängnis am Morgen

    Und doch ist Uli Hoeneß seit Freitag – auf den Tag genau sieben Monate nach Haftantritt – Freigänger, hat das Gefängnis am Morgen verlassen. Doch wo ist er? Ist dem FC Bayern der große Coup gelungen, seinen prominenten „Neuzugang“ unbemerkt in die Geschäftsstelle zu schleusen? Kürzlich verriet Rummenigge im ZDF-„Sportstudio“: „Ab Anfang Januar kommt er zum ersten Mal her, wird dann im Nachwuchs tätig sein.“

    Hoeneß, der am Montag 63 Jahre alt wird, sitzt seit 2. Juni im Gefängnis von Landsberg am Lech. Am 13. März hatte ihn das Münchner Landgericht wegen Hinterziehung von 28,5 Millionen Euro Steuern zu dreieinhalb Jahren Haft verurteilt. 111 Tage nach Haftbeginn – es war der 20. September – bekam er den ersten Ausgang genehmigt, weitere Ausgänge folgten.

    Von 24. bis 26. Dezember durfte sich Hoeneß über seinen ersten Hafturlaub freuen. Er verbrachte Weihnachten daheim bei der Familie in seinem Haus in Bad Wiessee am Tegernsee. Urlaub Nummer zwei folgte an Silvester. An Neujahr fuhr er wieder zurück ins Gefängnis, um es am Morgen darauf als Freigänger tagsüber zu verlassen. Hoeneß’ jüngerer Bruder Dieter zeigt sich am Freitag erleichtert über den Freigang, betont aber, dass Uli noch weit entfernt von einer Rückkehr zur Normalität sei: „Bei aller Freude muss man ganz klar sagen, dass noch ein langer Weg zu gehen ist.“

    Freigang dient laut bayerischem Strafvollzugsgesetz der Wiedereingliederung des Gefangenen. Freigänger können ihre eigene Kleidung tragen und zumindest außerhalb des Gefängnisses Bargeld besitzen. Auch Mobiltelefon und Laptop kommen „zu Aus- und Fortbildungszwecken in Betracht“, heißt es in den Bestimmungen. Auslandseinsätze des Arbeitnehmers Hoeneß sind jedoch vorerst tabu.

    JVA-Außenstelle in der Nähe von Andechs am Ammersee

    Zum Schlafen kommt Hoeneß ins Freigänger-Haus Rothenfeld.
    Zum Schlafen kommt Hoeneß ins Freigänger-Haus Rothenfeld. Foto: Matthias Schrader, dpa

    Mit dem Freigang kann Hoeneß nach Ende des für ihn wohl schlimmsten Jahres den Blick nach vorn richten. Auch die „Ruhezeiten“, wie das Übernachten von Freigängern hinter Gittern heißt, dürften für den demnächst 63-Jährigen nun angenehmer verlaufen. Denn als Freigänger wechselt Hoeneß in die JVA-Außenstelle Rothenfeld. Der ehemalige Sommersitz des Adels liegt schön in der Nähe von Andechs am Ammersee. Die JVA betreibt dort eine Landwirtschaft, der Hof ist eine Art Park.

    Als Ersttäter mit sehr guter Sozialprognose darf Hoeneß zudem darauf hoffen, dass die Hälfte seiner Strafe zur Bewährung ausgesetzt wird. Auch die Gefängnisleitung in Landsberg scheint dies für möglich zu halten, sonst hätte sie den Freigang nicht genehmigt. Die Entscheidung darüber trifft freilich die Strafvollstreckungskammer beim zuständigen Landgericht Augsburg.

    Hoeneß könnte also Anfang März 2016 ein freier Mann sein. 64 Jahre alt ist der erfolgreiche und so tief gefallene Fußball-Manager dann. Startet Uli Hoeneß dann noch einmal durch? Vielen Fans klingen noch immer seine Worte beim vorläufigen Abschied vom FC Bayern in den Ohren: „Das war’s noch nicht!“ (dpa, AZ)

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