Da, wo eigentlich eine Nachricht von Donald Trump stehen sollte, prangt ein graues Textfeld. Darin ist zu lesen: „Dieser Tweet hat die Twitter-Regeln über die Verbreitung irreführender und potenziell schädlicher Informationen zu Covid-19 verletzt.“ Erst wenn man den Warnhinweis anklickt, mit dem der Kurznachrichtendienst Twitter die Nachricht von Trump versehen hat, erscheint der eigentliche Tweet des amerikanischen Präsidenten, in dem er – wie so oft – die Gefährlichkeit des Coronavirus relativiert.
Trump schreibt, dass nun die Grippesaison anbreche und jedes Jahr etwa 100.000 Menschen an der Grippe sterben würden, obwohl es sogar eine Impfung gebe. „Machen wir deswegen unser Land zu? Nein, wir haben gelernt mit der Grippe zu leben, so wie wir jetzt lernen, mit Covid zu leben, das in den meisten Bevölkerungsgruppen viel weniger tödlich ist“, twittert der Präsident.
Trump ist auf Social Media im Wahlkampfmodus: 16 Tweets in 30 Minuten
Der Kurznachrichtendienst ist für Trump eines der wichtigsten Intrumente im Wahlkampf geworden, er meldet sich beinahe rund um die Uhr in den Sozialen Netzwerken zu Wort. An einem Tag setzte er in gerade einmal 30 Minuten 16 Tweets ab – und manchmal, wie eben mit dem umstrittenen Corona-Tweet, überschreitet er auch Grenzen.
Auch andere Netzwerke, etwa Facebook, sind für den Präsidenten immens wichtig – und auch kostspielig. Allein für die Wahlkampf-Werbung auf Facebook hat die Trump-Kampagne schon mehr als 96 Millionen Euro ausgegeben. In den vergangenen sieben Tagen waren es allein mehr als fünf Millionen.
Bereits 2008, als Barack Obama zum Präsidenten gewählt wurde, ging im Wahlkampf kaum mehr etwas ohne die Sozialen Netzwerke. „Man hat damals von der ,Facebook-Wahl’ gesprochen“, sagt die amerikanische Journalistin Joanna Weiss, die seit Jahren über die Bedeutung der Sozialen Medien für die Politik schreibt. „Aber 2008 wussten wir noch nicht, was da noch kommen würde“, sagt sie. Und damit meint sie: Trump. Und die Art und Weise, wie er die Zeitungen, Radio- und Fernsehsender beinahe völlig außen vor lässt. „Das ist wie eine Art Bypass. Er wendet sich direkt an die Menschen. Er weiß, wie er das anstellen muss“, sagt Weiss.
Wahlkampf in Sozialen Netzwerken: Die Werbung kommt genau da an, wo sie so
Der Vorteil ist für viele Politiker dieser: Die Werbung kommt genau da an, wo sie soll. Das bedeutet, dass man etwa mit einer perfekt zugeschnittenen Online-Werbeanzeige nur eine ganz bestimmte Zielgruppe – beispielsweise Waffen-Liebhaber – erreicht. „Möglich ist das, weil Facebook uns kennt. Wir geben schließlich unsere Daten im Internet preis“, sagt Weiss.
Längst hat sich online aber auch eine Gegenbewegung formiert, Etwa das Lincoln Project, eine Gruppe, die im Internet trumpkritische Inhalte veröffentlicht. Eine der drastischen Kampagnen: Der zuschauer sieht mehrere Masken. Plötzlich entfernt sich die Kamera, die Masken – in rot, weiß und blau gehalten – werden immer kleiner bis sie schließlich eine gigantische amerikanische Flagge formen. Dann werden die Worte eingeblendet: „100.000 tote Amerikaner. Ein falscher Präsident.“
Twitter: Erneut wurde ein Trump-Tweet mit einer Warnung versehen
Früher, bevor sich ein Großteil des Lebens im Internet abspielte, nahmen vor allem Fernsehwerbungen eine große Rolle im US-Wahlkampf ein. „Das zentrale Moment war damals schon: Emotionen erzeugen“, sagt Medien-Expertin Weiss. „Oft ist es die Angst der Menschen, mit der gespielt wird. Es können aber auch schöne Gefühle sein, etwa Hoffnung oder die Verbundenheit zu Amerika.“
Auch Trump setzt bei den Gefühlen der Menschen an. Und es gibt in diesen Tagen wohl kein anderes Thema, das so emotional diskutiert wird, wie die Corona-Politik. In einer Twitter-Nachricht schreibt der Präsident, dass er nun „immun“ gegen das Virus sei, er könne es auch „nicht weitergeben“. Twitter reagierte – und versah die Nachricht Trumps zu seiner angeblichen Immunität mit einer Warnung vor Falschinformationen.
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