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USA: Goodbye Deutschland: USA wollen auch aus Bayern Truppen abziehen

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Goodbye Deutschland: USA wollen auch aus Bayern Truppen abziehen

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    Militärfahrzeuge der US-Armee fahren durch den Ort Kleinfalz nahe dem Truppenübungsplatz Grafenwöhr: Auch an dem Standort sollen Soldatem abgezogen werden.
    Militärfahrzeuge der US-Armee fahren durch den Ort Kleinfalz nahe dem Truppenübungsplatz Grafenwöhr: Auch an dem Standort sollen Soldatem abgezogen werden. Foto: Armin Weigel, dpa

    Es ist eine Zäsur im deutsch-amerikanischen Verhältnis, wie sie selbst Pessimisten kaum erwartet hatten. US-Präsident Donald Trump will ein Drittel der bislang in Deutschland stationierten Soldaten abziehen – deutlich mehr als befürchtet. Gut die Hälfte der rund 12.000 betroffenen Kräfte sollen in die USA zurückgeholt, weitere 5600 in andere Nato-Länder verlegt werden.

    Verteidigungsminister Mark Esper tat sein Bestes, die bittere Nachricht schönzureden. Die geplante Umstrukturierung sei keine Bestrafung der Deutschen wegen deren als zu gering gegeißelten Verteidigungsausgaben, sondern eine „ganz normale Entwicklung“ in der 71-jährigen Geschichte der Nato. „Die Disposition der US-Streitkräfte in Europa hat sich oftmals verändert“, spielte der Pentagon-Chef Äußerungen des Präsidenten herunter, der am Mittwoch betont hatte, die USA wollten nicht länger „die armen Schlucker“ der Deutschen sein. Die amerikanischen Soldaten seien zum Schutz Europas und Deutschlands dort stationiert. „Und Deutschland sollte dafür zahlen. Aber Deutschland zahlt nicht.“

    US-Verteidigungsminister: Truppenabzug ist strategisch notwendig

    Esper sagte, Deutschland müsse als reichstes Land Europas tatsächlich mehr tun. Es sollte „deutlich über das Zwei-Prozent-Ziel der Nato hinausgehen“. Damit gemeint sind Ausgaben von zwei Prozent des Bruttoinlandprodukts für Verteidigungsausgaben. Berlin hat im laufenden Haushaltsjahr seine Ausgaben auf 1,38 Prozent gesteigert und bewegt sich zumindest auf das vereinbarte Zwei-Prozent-Ziel der Nato bis 2024 zu. Der Präsident habe nur etwas beschleunigt, so Esper, was strategisch notwendig sei. In der neuen Ära des „Wettbewerbs der Großmächte“ ginge es darum, „Russland abzuschrecken“, die „Nato zu stärken“ und „strategische Flexibilität“ zu bekommen.

    Aus Sicht von Experten verhalten sich die Dinge etwas anders. Wenn es zur Umsetzung der Pläne kommt, werden das Europa- und Afrika-Kommando sowie die Hauptquartiere für drei Brigaden und zwei Bataillone sowie kleinere Unterstützungseinheiten aus Deutschland abgezogen. Wohin das Afrika-Kommando verlegt werden soll, ist nicht entschieden, wohl aber, dass es ebenfalls abzieht. Deutschland wäre damit nicht länger eine strategische Kommando-Zentrale der USA in Europa, sondern nur noch ein Standort für Truppen, die von woanders befehligt werden.

    Betroffen sind auch die bayrischen Standorte in Vilseck, Wildflecken und Grafenwöhr. An letzterem findet sich einer der modernsten Truppenübungsplätze der Welt und der wichtigste in Europa für Manöver mit scharfer Munition. Die Reaktion im Freistaat: eine Mischung aus Entsetzen und Zweckoptimismus. „Wir hoffen, dass der angekündigte Truppenabzug dem amerikanischen Wahlkampf geschuldet ist und letztlich nicht stattfinden wird“, sagt Wilfried Schober, Sprecher des Bayerischen Gemeindetags, unserer Redaktion.

    Republikaner und Demokraten üben Kritik an Trumps Plänen

    Im US-Kongress hat sich bereits unter Trumps Republikanern und den Demokraten Widerstand formiert. Der Plan wird dort vor allem kritisch gesehen, weil er Russland in die Hände spielen könnte. Im Senat und im Repräsentantenhaus gibt es daher Pläne, den Teilabzug über das Gesetz über den Weg des Militärhaushaltes zu verhindern. Falls Trump im November nicht wiedergewählt wird, könnte auch der neue Präsident die Pläne auf Eis legen. Doch das sind nur vage Hoffnungen.

    Sollten die USA das Vorhaben umsetzen, wäre das „ein herber Verlust an Kaufkraft und Steuereinnahmen für die betroffenen bayerischen Kommunen“, warnt Schober. Beides könnte gerade in der strukturarmen Region nicht so leicht kompensiert werden. „Dann müsste vermutlich der Freistaat Bayern mit finanziellen und strukturpolitischen Maßnahmen unterstützend eingreifen.“ Allein in Grafenwöhr und im benachbarten Vilseck sind etwa 3000 Einheimische bei der US-Armee und deren Vertragspartnern beschäftigt.

    Nachvollziehen kann Schober die Pläne der US-Regierung nicht. „Auch die Stationierung von US-Truppen in einem anderen Nato-Land kostet Geld und neue Infrastruktur dort“, sagt der Sprecher des Gemeindetags. Das müsste wiederum der amerikanische Steuerzahler aufbringen. „Wo liegt dann also der Nutzen für die USA?“ Den strategischen Vorteil bezweifeln auch Sicherheitspolitiker im US-Kongress. „Eine wirklich schlechte Idee“, kritisierte der demokratische Senator Chris Murphy den Abzug, der nur die Absicht verfolge, „Deutschland zu demütigen“.

    Früherer Befehlshaber: Truppenabzug ist ein "kolossaler Fehler"

    Der frühere Befehlshaber der US-Truppen in Europa, Ben Hodges, nannte die Pläne einen „kolossalen Fehler“. Bevor Trump zum Präsidenten gewählt wurde, war er Geschäftsmann. Viele Dinge betrachtet er auch heute noch aus dieser Perspektive. Oft spricht er darüber, wer wie viel wofür bezahlt hat und droht mit Konsequenzen, sollte es zu wenig sein. Nun ist es die Bundesregierung, die mit diesen Konsequenzen konfrontiert wird. „Deutschland schuldet der Nato Abermilliarden Dollar“, sagt der Präsident im Garten des Weißen Hauses, während sich sein Verteidigungsminister um Deeskalation bemüht.

    Auch wenn Esper betont, er habe die Pläne mit Bundesverteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer besprochen, hat die Entscheidung die Bundesregierung im Juni kalt erwischt. Und sie löst auch in Berlin deutliche Kritik aus.

    Die Trump-Administration schwächt laut Röttgen die Nato

    Der Außenpolitik-Experte der CDU, Norbert Röttgen, wirft der Trump-Administration vor, die Nato zu schwächen. „Die USA erreichen damit genau das Gegenteil dessen, was Esper als Begründung nennt“, sagt Röttgen unserer Redaktion. Statt der Stärkung der Nato führe der Truppenabzug zu einer Schwächung des Bündnisses. „Die Schlagkraft des US-Militärs wird nicht erhöht, sondern verringert, gerade mit Blick auf Russland und militärische Dauerkonflikte im Nahen und Mittleren Osten“, betont der CDU-Politiker und stellt klar: „Natürlich leisten US-Soldaten auch einen Beitrag zur Sicherheit Deutschlands, aber in erster Linie dient Deutschland den USA als logistische Drehscheibe für die eigene internationale Militärpräsenz.“

    Die US-Truppen galten im Kalten Krieg als Sicherheitsgarant für die Bundesrepublik. Damals gab es zeitweise fast 250.000 US-Soldaten in Deutschland. Die Truppenstationierung ist aber auch heute noch ein wesentliches Bindeglied zwischen beiden Ländern. Für die Regionen um die US-Stützpunkte kommt der wirtschaftliche Aspekt hinzu. Trump ist das durchaus bewusst. „Jetzt sagt Deutschland, es sei schlecht für seine Wirtschaft“, sagt er am Mittwoch. „Nun, es ist gut für unsere Wirtschaft.“ (mit dpa)

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