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Trotz Lehrermangel: Viele Referendare bekommen keine Stelle

Trotz Lehrermangel

Viele Referendare bekommen keine Stelle

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    Zahlreiche junge Lehrer werden nach dem Referendariat übernommen.
    Zahlreiche junge Lehrer werden nach dem Referendariat übernommen.

    Junge Lehrer, die auf eine Stelle beim Staat hoffen, haben schlechte Karten. Kultusminister Ludwig Spaenle hat angekündigt, dass im Herbst viele Lehramtsanwärter leer ausgehen werden. Wir haben mit einem Referendar gesprochen, der bereits jetzt seine Ausbildung beendet.

    Wie 500 der 750 Bewerber an den bayerischen Gymnasien wird er keine Stelle bekommen. Er befürchtet, seine Chancen noch weiter zu verschlechtern, wenn er sich jetzt in der Öffentlichkeit kritisch über die Bildungspolitik äußert. Deswegen wollen er und seine Kollegen nicht, dass ihr Name in der Zeitung steht. Wir nennen den 29-Jährigen, dessen richtiger Name der Redaktion bekannt ist, Julian Holzer. Selbst auf das Referendarseminar sollen keine Rückschlüsse gezogen werden können, bittet Holzer, der Ärger mit dem Kultusministerium aus dem Weg gehen möchte.

    Herr Holzer, warum werden Sie nicht als Lehrer übernommen?

    Julian Holzer: Ich habe die Fächerkombination Latein und Deutsch studiert. Gerade Latein ist ein Mangelfach und es gibt Bedarf an Gymnasiallehrern. Aber es werden nur die Allerbesten übernommen. Ich weiß von Leuten, die mit einem Durchschnitt von 1,4 abgeschlossen haben und trotzdem keine Stelle bekommen. Da sieht es für mich, mit meinem Dreierschnitt, ganz schlecht aus.

    Wann haben Sie das erfahren?

    Holzer: Vor zwei Wochen. Bis dahin hatte ich mich eigentlich drauf verlassen, dass ich Lehrer werde. Mein Referendariat endet Mitte Februar. Man sollte meinen, das Ministerium hätte das früher ermitteln können. Dann hätte ich auch anders geplant.

    Wie geht es jetzt weiter?

    Holzer: Der Staat hat mir keine Alternativen angeboten. Es gibt zwar Aushilfs- oder befristete Verträge, damit wird aber sehr sparsam umgegangen. Die Schulen haben Bedarf, aber ihr Budget reicht nicht aus. Hinzu kommt, dass diese Stellen, die oft keine vollen sind oder auf kurze Zeit begrenzt, irgendwo in Bayern sein könnten und ich dafür umziehen müsste. Wer keine Stelle bekommen hat, landet also auf einer Warteliste.

    Aber es gibt Bedarf?

    Holzer: Natürlich muss es den geben. Ich bin nicht nur darüber besorgt, dass ich keinen Job bekomme. Sondern auch darüber, dass die Kinder nicht den Unterricht bekommen, der für sie mit mehr Lehrern möglich wäre. Aber es wird immer gesagt, dass Bildung wichtig und das Aushängeschild Bayerns sei. Und jetzt wird gerade da gespart. Es ist immer noch die Ausnahme, dass Klassen weniger als 25 Schüler haben. Trotzdem wird überall von individueller Förderung gesprochen. Das ist aber nicht machbar, wenn der Staat nicht mehr Lehrer einstellt.

    Was gibt es denn für Alternativen außerhalb des Staatsdienstes?

    Holzer: Es gibt wohl nur wenige Firmen, die Verwendung für einen ausgebildeten Lehrer haben. Bleiben also nur noch private, staatliche oder kirchliche Schulträger. Ich habe mich zum Beispiel bei der Stadt München beworben. Die hat aber keinen Bedarf. Vielen Kollegen, auch mit anderen Fächerkombinationen, geht es genauso.

    Das sind ja düstere Aussichten. Wie standen denn die Chancen, als Sie angefangen haben zu studieren?

    Holzer: Zu Beginn, 2002, nicht so gut. Damals dachte man, Latein sei ein aussterbendes Fach. Das hat sich aber geändert und während des Studiums wurden wir angehalten weiterzumachen.

    Wie lief Ihre Ausbildung ab?

    Holzer: Ich habe sechs Jahre lang studiert. Das ist für meine Fächerkombination nicht sonderlich lang. Danach kam das zweijährige Referendariat.

    Dabei verdient man schon Geld. Wie viel ist das eigentlich?

    Holzer: Normalerweise gut 1000 Euro netto. Das Referendariat spaltet sich in zwei Abschnitte auf: Ein Jahr verbringt man als Studienreferendar an der Seminarschule. Zudem gibt es ein Einsatzjahr, in dem eigenständiger Unterricht stattfindet. Aber auch während der Seminarschule im letzten Halbjahr der Ausbildung haben einige unterrichtet. Das kann nicht selbstverständlich sein. Während des Einsatzes haben wir 17 Stunden in der Woche unterrichtet. Normalerweise sollten es nur elf Stunden sein. Da haben wir also etwas mehr verdient.

    Sie haben mehr unterrichtet als vorgesehen? Warum?

    Holzer: Weil es zu wenig Lehrer gibt. Jetzt bin ich fertig ausgebildet, doch der Staat stellt keine Arbeitsplätze zur Verfügung, während die Referendare weiterhin siebzehn Stunden unterrichten. Da fühlt man sich doch veräppelt.

    Interview: Frank Eberhard

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