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Tierwohl: Tierskandal im Allgäu: Bauern sehen sich an den Pranger gestellt

Tierwohl

Tierskandal im Allgäu: Bauern sehen sich an den Pranger gestellt

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    Wieder ist ein Bauernhof im Allgäu wegen des Verdachts auf Tierquälerei durchsucht worden.
    Wieder ist ein Bauernhof im Allgäu wegen des Verdachts auf Tierquälerei durchsucht worden. Foto: Ralf Lienert

    Die Bilder gleichen sich: Schon wieder rückten Polizisten und Veterinäre bei Bad Grönenbach an und durchsuchten einen Bauernhof. Ein Milchviehbetrieb im Landkreis Unterallgäu wurde diesmal auf den Kopf gestellt, auch hier sollen Tiere gequält worden sein – wie schon im Juli auf einem Betrieb im gleichen Ort. Fälle, die auch vom bayerischen Bauernverband heftig kritisiert werden.

    Zugleich warnt der Verbandspräsident vor einem Generalverdacht: „Verallgemeinerungen oder ein Generalverdacht gegen die gesamte Landwirtschaft sind deshalb aber nicht gerechtfertigt“, sagt Walter Heidl unserer Redaktion. „Und sie tun verdammt weh. Schwarze Schafe gibt es in jeder Branche.“ Bauern hätten Respekt und Wertschätzung verdient.

    Freie-Wähler-Politiker Herz spricht von „Weltuntergangsstimmung“

    Unter den bayerischen Regierungsfraktionen von CSU und Freien Wählern im Landtag herrscht Einigkeit, dass nicht die Mehrheit der Landwirte, sondern die industriell organisierten Großbetriebe das Problem sind. „Das sind einige wenige, die nur die Dollars im Blick haben. Die schaden der ganzen Branche“, sagt der Vorsitzende des Agrarausschusses, Martin Schöffel (CSU). Wer nur noch auf Gewinnmaximierung aus sei und das Tierwohl missachte, müsse aus der Produktion aussteigen. Umgekehrt müsse die Politik für jene Landwirte eintreten, „die sich mit Liebe und Herzblut um ihre Tiere kümmern.“

    „Das Übel des Ganzen ist die Massenproduktion“, sagt auch der Vize-Vorsitzende des Agrarausschusses, der Allgäuer Abgeordnete Leopold Herz (Freie Wähler). Es müsse klar gemacht werden, „dass das Heil nicht in der Größe liegt, sondern in der Regionalität und im Bewusstsein“. Herz rät den Landwirten in der aktuellen Debatte zu größtmöglicher Transparenz: „In die Offensive gehen, die Höfe öffnen, nix verbergen.“

    Die Stimmung unter den Bauern im Allgäu sei „sehr niedergeschlagen“, sagt Herz. Er sei seit vielen Jahren Agrarpolitiker, habe aber noch nie eine „derartige Weltuntergangsstimmung erlebt“. Nahezu täglich bekomme er Mitteilungen von Landwirten, die nicht weitermachen wollen, oder von angehenden Bauern, die ihre Ausbildung abbrechen.

    Biobauer Beißwenger: Viele Landwirte verurteilen Praktiken der Großbetriebe

    Der Allgäuer Biobauer und Vize-Chef des Umweltausschusses im Landtag, Eric Beißwenger (CSU), bestätigt das. Die Stimmung sei „sehr schlecht, sehr gedrückt“. Die Allgäuer Bauern verurteilten die Praktiken in den Großbetrieben, „aber alle bemängeln: Das bleibt wieder alles an allen Landwirten hängen.“ Beißwenger plädiert dafür, die Agrarförderung stärker mit dem Tierwohl zu verknüpfen, um bäuerliche Betriebe zu stärken.

    In diese Richtung denkt auch der Fraktionschef der Freien Wähler im Landtag, Florian Streibl. „Umso größer die Betriebe sind, umso größer ist die Gefahr, dass etwa schiefläuft“, sagt Streibl. Er fordert ein hartes Durchgreifen des Staates bei Tierschutzverstößen, sowohl bei Kontrollen als auch in der Strafverfolgung. Und er kündigt an, dass die Freien Wähler im Herbst ein „Aktionsbündnis ländlicher Raum“ auf den Weg bringen wollen, „um das Image des ländlichen Raums und der Landwirtschaft wieder zu verbessern“.

    Kontrollen halfen in Bad Grönenbach offenbar nicht gegen Tierquälerei

    Die Umweltorganisation Greenpeace nimmt hingegen sowohl Politik als auch die Landwirte in die Pflicht. „Viel zu lange wurden Missstände in den Ställen unter der Decke gehalten oder in Allianz von Politik und Bauernverband einfach negiert“, sagt Martin Hofstetter, Landwirtschaftsexperte von Greenpeace. Er hoffe, dass sich durch den Druck, der nun aufgebaut wird, etwas Grundlegendes ändere. Vor allem die Politik sei nun gefordert. Die mache nämlich keine klaren Vorgaben in Bezug auf die Tierhaltung. Zudem sei sie mitschuldig an der finanziellen Misere vieler Betriebe. „Und drittens werden die landwirtschaftlichen Betriebe nicht ausreichend kontrolliert“, sagt Hofstetter.

    Doch immerhin für der Großbetrieb im Unterallgäu, der den Skandal losgetreten hat, gilt: Er wurde in den vergangenen fünf Jahren insgesamt über 30 Mal kontrolliert – der fortlaufenden Tierquälerei machte das indes kein Ende.

    Lesen Sie dazu auch: Tierquälerei, Hetze, bedrückte Bauern - und schon wieder steht die Polizei im Stall (Plus+)

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