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Tatort Kirche: Mehr Einbrüche: Worauf es Kirchendiebe abgesehen haben

Tatort Kirche

Mehr Einbrüche: Worauf es Kirchendiebe abgesehen haben

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    Immer wieder werden in Kirchen Opferstöcke aufgebrochen. Die Beute ist dabei jedoch meist gering.
    Immer wieder werden in Kirchen Opferstöcke aufgebrochen. Die Beute ist dabei jedoch meist gering. Foto: Ralf Lienert

    Es gab Zeiten, da war es modern, sich eine barocke Madonna ins Wohnzimmer zu stellen. Woher diese stammte, das wollten einige wohl gar nicht wissen. Auf Antiquitätenmärkten war die Nachfrage nach Kirchenkunst vom Ende der 60er bis in die frühen 80er Jahre groß. Die Preise hierfür stiegen rasant. Und mit ihnen auch die Zahl der Einbrüche in Gotteshäuser. Heute interessieren sich die Leute weniger für sakrale Gegenständen, sagt Karl-Georg Michel vom Bistum Augsburg. Die Preise, die dafür vor einigen Jahren noch erzielt werden konnten, seien heute „nicht im Ansatz mehr denkbar“. Und doch stieg die Zahl der

    Das bayerische Landeskriminalamt meldet für das Jahr 2015 exakt 290 Diebstähle in Kirchen aller Konfessionen. Allein 89 davon in Schwaben. Neuere Zahlen liegen nicht vor. Seit 2010 registrieren die Beamten jährlich über 200 Diebstähle in bayerischen Kirchen. Das Bistum Augsburg nennt hingegen deutlich niedrigere Zahlen: In den vergangenen fünf Jahren seien dem Bistum insgesamt lediglich 42 Einbrüche und Diebstahlversuche in den 2050 katholischen Kirchen bekannt geworden.

    Täter kommen oft aus dem Drogenmilieu

    Die Schadenssumme bei Kirchendiebstählen liegt meist im niedrigen dreistelligen Bereich, sagt Michael Schmid, Diözesankonservator des Augsburger Bistums. Oft seien es Täter aus dem Drogenmilieu, die schnell an Geld kommen wollten. Weil viele Kirchen geöffnet und leer sind, falle ein Diebstahl oft erst relativ spät auf. Deutlich höher als die erbeutete Summe sei der Schaden, der durch das Aufhebeln von Fenstern, Türen oder Schränken entsteht. Die meisten Straftäter haben es lediglich auf das gespendete Geld der Kirchgänger abgesehen, sagt Schmid. „Und die Opferstöcke werden regelmäßig geleert, da ist nicht viel zu holen.“ Heiligenfiguren, Malerei oder sakrale Gegenstände würden dagegen nur selten gestohlen. Zum einen liege das an der gesunkenen Nachfrage auf dem Kunstmarkt, sagt Schmid: „Man bekommt vielleicht noch ein Drittel von dem, was eine Heiligenfigur in den 80ern wert war.“ Zum anderen seien diese Figuren mittlerweile auch oftmals alarmgesichert. Außerdem sei das Risiko, dass gestohlene Werke später über die Kunstfahndung entdeckt werden, in Zeiten digitaler Datenbanken sehr hoch.

    Wie das bayerische Landeskriminalamt auf Anfrage unserer Zeitung mitteilt, werde nach einem Kirchendiebstahl auch online nach den Tätern gesucht. In den meisten Kirchen seien Wertgestände auf Bestandslisten festgehalten. Von Heiligenfiguren oder Gemälden in Gotteshäusern werden Fotos gemacht. Sobald der Täter versuche, seine Beute zu verkaufen, könne so schnell festgestellt werden, ob es sich bei der angebotenen Ware um Diebesgut handele.

    „Der heilige Ulrich wird meistens mit einem Fisch und Bischofsstab dargestellt“, sagt Karl-Georg Michel vom Bistum Augsburg. Über das Internet könne man anhand solcher Merkmale die Suche nach einer gestohlenen Figur schnell eingrenzen. Auf den Trödelmärkten sei bekannt, dass die Beamten mittlerweile leicht nachweißen können, woher die angebotene Ware tatsächlich stammt.

    Früher war die Fahndung nach Kirchendieben mühsamer

    In den 70er Jahren war die Fahndung nach Kirchendieben noch deutlich mühsamer, erinnert sich Micheal Schmid. Damals ist in eine Kirche in Mindelheim (Unterallgäu) eingebrochen worden. Mehrer Engelsköpfe und kleinere Figuren wurden entwendet. „Die Täter hat man zwar gefasst, das Diebesgut aber nicht mehr“, erzählt Schmid. Aus Vorsorge habe man sämtliche Wertgegenstände damals aus der Kirche in einen Raum der Pfarrei gebracht. Gottesdienste fanden in der Kirche ohnehin kaum statt. „Heute sind die Kirchen deutlich besser gesichert“, sagt Schmid. Die meisten Kirchen seien mittlerweile mit Lichtschrankensystem und Alarmkabeln an wertvollen Gegenständen ausgestattet. Dennoch solle das Gotteshaus natürlich immer ein Ort der Offenheit sein. Von Videoüberwachung hält Schmid deswegen wenig: „Das Gebet ist ein sehr intimer Moment, da möchte man nicht gefilmt werden.“

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