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Tanzsport: Tanzen trotz Corona - wie kann das funktionieren?

Tanzsport

Tanzen trotz Corona - wie kann das funktionieren?

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    Tanzen ist nicht gerade eine Sportart, die für Distanz zwischen den Partnern bekannt ist. Wie geht das in Corona-Zeiten?
    Tanzen ist nicht gerade eine Sportart, die für Distanz zwischen den Partnern bekannt ist. Wie geht das in Corona-Zeiten? Foto: Robert Michael, dpa (Symbol)

    Abstand war gerade das, was man nicht wollte. An diesen Abenden. Im Gegenteil. Gemeinsam sich mitreißen lassen. Gemeinsam genießen, was für ein großartiges Gefühl es ist, wenn die live gespielte, zünftige Musik die Füße bewegt und alle im Saal im Walzer oder Dreher schweben. Magnus Kaindl stets mittendrin. Im Tanzrausch. Als Tanzmeister.

    Das alles war vor Corona. Die Pandemie hat diesem tänzerischen und musikalischen Glückstaumel ein abruptes Ende bereitet. Doch unterkriegen lassen will sich Tanzmeister Kaindl nicht. Das verbindet ihn mit vielen bayerischen Tanzsportvereinen und Tanzschulen, die ebenfalls Wege suchen, um ihren Mitgliedern ein Mindestmaß an Freude zu bieten.

    Jeder muss sich online für die Teilnahme am Tanzkurs anmelden

    Jennifer Wagner und ihre Mutter Marion Drieschner gehören zu ihnen. Die Tanzschule „Chill & Dance“ in Augsburg bietet unter anderem Hip Hop, Breakdance, Zumba, aber auch Standard/Latein. Marion Drieschner war eigentlich bisher nur für die Deko zuständig. Doch seit Juni, seit die Tanzschule nach dem Lockdown wieder öffnen durfte, sitzt sie jeden Tag im Eingangsbereich und organisiert die Kurse. „Denn der Organisationsaufwand ist momentan enorm“, sagt sie.

    Keiner dürfe mehr spontan kommen, jeder müsse sich online anmelden. Statt 30 Leuten dürften nur noch höchstens 18 in einen Kurs. Alle müssten sich auf einer mit einer Extra-Matte begrenzten Tanzfläche bewegen, damit der Abstand eingehalten wird. Im Standard-Latein-Kurs sind es nur noch sechs Paare statt früher 20. „Finanziell spüren wir das deutlich“, sagt Drieschner. Zumal die Miete ausgerechnet in diesem Jahr schon einmal teurer wurde und die nächste Erhöhung im Januar anstehe. „Eine sehr schwierige Zeit ist das.“

    Viele Tanzsportvereine sind angeschlagen

    Doch man sei einfach nur froh, solange man öffnen kann. Und die Tanzbegeisterten wissen es zu schätzen: Kurz nach der Wiedereröffnung im Juni zählte „Chill & Dance“, das 2012 eröffnet hat, so viele Neuzugänge wie nie. „Allerdings gab es während des Lockdowns auch etliche Kündigungen.“ Das Schlimmste, was jetzt passieren kann, ist für Drieschner ein erneuter Lockdown. Denn dies bedeute noch einmal ganz andere finanzielle Belastungen.

    Auch für den Tanzsport. Zwar haben viele Tanzsportvereine im Freistaat eigene Klubheime, in denen seit Sommer unter Einhaltung der Hygienemaßnahmen wieder fleißig trainiert wird, doch viele kleine Tanzsportvereine sind finanziell angeschlagen und kämpfen, sagt Mila Scibor vom Bayerischen Tanzsportbund, der aktuell 305 Vereine mit insgesamt rund 36.000 Mitgliedern zählt. Noch immer hätten, wie Scibor erklärt, gerade kleine Gemeinden kein Hygienekonzept, das ihre Säle mit einschließt. Viele Tanzsportvereine sind aber gerade jetzt auf große Säle angewiesen, um die Abstandsregeln einhalten zu können. „Und unsere Vereine leben ausschließlich von Mitgliedsbeiträgen. Wir haben keine Sponsoren“, erklärt Scibor.

    Tanzen unter Einhaltung der Abstandsregeln ist möglich, wie hier in der Tanzschule „Chill & Dance“ in Augsburg.
    Tanzen unter Einhaltung der Abstandsregeln ist möglich, wie hier in der Tanzschule „Chill & Dance“ in Augsburg. Foto: Michael Hochgemuth

    Das unterscheide den Tanzsport erheblich vom Fußball oder vom Eishockey. „Offiziell wird der Tanzsport, obwohl wir längst in der Bundesliga tanzen, immer noch mit dem unschönen Wort Randsportart bezeichnet.“ Daher versuchen die Tanzsportvereine alles, um jetzt in diesen herausfordernden Zeiten ihre Mitglieder zu halten. „Leicht ist das nicht.“ Denn Fitnesskurse könne man gut auch online anbieten, doch raumgreifendes Tanzen mit einem Trainer geht nun mal nur auf einem großen Parkett, erklärt Scibor. „Und wer hat schon den Platz in seinem Wohnzimmer?“

    Viele Kündigungen mussten die Tanzsportvereine nach Einschätzung von Scibor nicht verkraften. Die Tänzer zeigten sich treu und loyal. „Was uns allerdings fehlt, sind Neuzugänge.“ Denn viele Menschen können sich ihrer Beobachtung nach in Corona-Zeiten gar nicht vorstellen, dass überhaupt als Paar getanzt werden darf.

    Tanzkurs im Münchner Hofbräuhaus

    Nun, man muss natürlich nicht immer nur als Paar tanzen. Spaß kann man auch beim Alleine-Tanzen haben. „Bavarian Line Dance“ bot Tanzmeister Magnus Kaindl beispielsweise schon zweimal im Herbst in der Region an. Statt als Paar wurde eben alleine getanzt und auf der grünen Wiese. „Das wurde sehr gut angenommen“, sagt Kaindl. Doch jetzt mit den kühleren Temperaturen ist dies leider nicht mehr möglich. „Die kalten Monate schränken uns schon noch einmal sehr ein“, bedauert Kaindl, der hauptberuflich bei der Stadt München im Kulturreferat unter anderem für die Volkskultur zuständig ist.

    Was also tun, wenn die Paare mindestens 1,5 Meter Abstand voneinander halten müssen und jedes Paar zehn Quadratmeter Platz für sich benötigt, um die Hygienevorschriften einzuhalten? „Große, traditionelle Tanzveranstaltungen sind unter diesen Umständen nicht möglich“, erklärt Kaindl. Leider. Die Räume müssen ja riesig und außerdem gut zu lüften sein. Raumgreifende Bewegungen machten so wenig Sinn und schon gar nicht können Veranstaltungen angeboten werden, bei denen sich die Paare erst vor Ort finden wie beim beliebten „Bayerisch Tanzen“ etwa in der Gaststätte Rheingold in Augsburg.

    Magnus Kaindl will sich daher wieder verstärkt auf Seminare konzentrieren. Auf Workshops, zu denen sich Paare anmelden müssen. Vor knapp zwei Wochen war es so weit. 20 Tanzpaare fanden sich im großen Saal des Münchner Hofbräuhauses ein. „Das kam sehr gut an“, sagt Kaindl, „die Menschen freuen sich unglaublich, dass wenigstens so etwas möglich ist.“ Kaindl räumt allerdings auch ein, dass der organisatorische Aufwand für solche Angebote immens ist. „Doch nichts zu machen wäre das völlig falsche Signal“, ist Kaindl überzeugt. „Wir müssen aus der Situation das Beste machen.“

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