Während Friseure oder Blumenläden wieder öffnen durften, hat sich für Studierende nichts geändert. Seit einem Jahr müssen sie von Zuhause aus studieren. Doch wie kommen sie damit zurecht?
BWL-Student Yannick Helfer aus Baar
Ich studiere im ersten Semester Betriebswirtschaftslehre an der Uni Augsburg und muss sieben Prüfungen schreiben – Online-Klausuren gab es nur zur Übung. Zuvor war schon die Sorge da, dass man sich und damit seine Familie anstecken könnte. Doch diese Sorgen waren meiner Meinung nach unbegründet: In der Messehalle war weit mehr als 1,5 Meter Abstand zwischen den Tischen vorhanden und alle Hygienemaßnahmen wurden eingehalten.
Insgesamt hat sich mein Alltag nicht groß verändert. Ich wohne weiterhin in Baar und pendle zu den Prüfungen an die Uni. Generell tut sich an der Uni viel und die digitale Strategie wird verbessert. Der direkte Draht zu den Dozenten fehlt mir.
Lehramtsstudentin Anna aus Augsburg
Wenn ich im Sommer mein sechstes Semester an der Uni Augsburg beende, werde ich genauso viele Semester allein vor dem Rechner studiert haben wie auf dem Campus. Das ist eine traurige Bilanz, finde ich. Meinen ganzen Namen will ich lieber nicht in der Zeitung lesen. Ich befürchte sonst Nachteile an der Uni und später bei der Verbeamtung, denn ich studiere auf Lehramt.
Studenten trifft Corona hart. Die Aufmerksamkeit für Schüler ist im Vergleich schon krass. Wir werden in der Krise im Stich gelassen, und bei der Öffnungsdebatte kommen wir auch zu kurz. Das mag am Alter liegen, weil wir schon volljährig sind und freiwillig studieren. Aber auch die Vielfalt an Fächern und Studenten sind ein Grund: Jeder erlebt das Online-Lernen anders. In manchen Fächern werden Podcasts verschickt, während andere von einer Videokonferenz zur nächsten klicken.
Absolventin Julia Kirner aus Augsburg
Ich studiere an der Universität Augsburg den Master „Sozialwissenschaften: Konflikte in Politik und Gesellschaft“ und schreibe gerade meine Abschlussarbeit. Darin beschäftige ich mich mit Identität und politischem Protest im Libanon. Ich wollte schon längst fertig sein, aber wegen der Corona-Pandemie verzögert sich die Abgabe.
Bereits seit einem Jahr forsche ich für meine Abschlussarbeit. Ich musste nicht nur die geplante Feldforschung im Libanon absagen, sondern wegen der Schließung der Bibliotheken war es auch schwieriger, an Literatur zu kommen. Zudem habe ich mein Carrel, einen festen Arbeitsplatz in der Bibliothek, von heute auf morgen verloren. Ich habe das Gefühl, dass in Deutschland Bildung mit dem Abitur endet. Denn ich weiß dank des neuen Stufenplans genau, bei welcher Inzidenz ein Blumenladen öffnet, aber nicht, wann die Uni wieder startet.
Architekturstudentin Antonia aus Kempten
Trotz Pandemie bin ich für mein Architekturstudium von Kempten nach Hamburg gezogen. Den üblichen Alltag an der Hafencity Universität kenne ich noch gar nicht und kann ihn deshalb nicht wirklich vermissen. Ein wenig nervt es schon, dass sich meine Uni-Erfahrungen bislang auf mein Wohnheim beschränken. Gleichzeitig bin ich froh, dass ich dort 15 Mitbewohner habe. Ich sitze von morgens bis abends am Schreibtisch.
Doch eigentlich ist das für meinen Studiengang nicht üblich. Es gibt normalerweise viele Gruppenarbeiten und lange Tage in der Werkstatt, um ein Modell fertigzustellen. Stattdessen greife ich auf elf Quadratmetern zur Säge. Das ist gar nicht so einfach. Da ich keine finanziellen Probleme habe, bin ich mit meiner Situation zufrieden, doch eins macht mich wütend: wenn meine Generation pauschal verurteilt wird, nur weil eine Gruppe eine Hausparty schmeißt.
Auslandsstudent Noah Doman aus Passau
Ich habe im Herbst an der Universität Passau den Master „Computational Mathematics“ begonnen. Ende April werde ich im Flieger zurück in meine Heimatstadt Philadelphia in den USA sitzen. Wegen Corona ist für mich das Studieren im Ausland vorbei. Die Online-Lehre und der fehlende Austausch mit Kommilitonen sind die Gründe, warum ich das Studium abbreche.
Für mich ist das aber okay. Die Corona-Pandemie ist für mich wie ein Wendepunkt. Statt weiter zu studieren, will ich jetzt anfangen zu arbeiten. Es war einfach eine verrückte Idee, während einer Pandemie ein Studium im Ausland zu beginnen. Die Entscheidung bereue ich aber nicht. Ich musste es ausprobieren.
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