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Straubing: "Strohballen-Mörder" angeblich nach Brasilien geflohen

Straubing

"Strohballen-Mörder" angeblich nach Brasilien geflohen

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    Im Prozess um den sogenannten Strohballenmord ist der 33-Jährige zu lebenslanger Haft verurteilt worden.
    Im Prozess um den sogenannten Strohballenmord ist der 33-Jährige zu lebenslanger Haft verurteilt worden. Foto: Armin Weigel dpa

    Ein verurteilter Mörder ist auf der Flucht. Der Mann aus Niederbayern ist aber nicht etwa spektakulär aus dem Gefängnis ausgebrochen. Der 33-Jährige konnte sein Verschwinden in aller Seelenruhe von seiner Wohnung aus planen.

    Das Oberlandesgericht Nürnberg (OLG) hatte den Haftbefehl gegen den Mann vor fünf Monaten aufgehoben, bis der Bundesgerichtshof (BGH) über die Revision in seinem Fall entscheidet. Als dieser das Urteil Anfang August bestätigte, wollten Polizisten den 33-Jährigen ins Gefängnis bringen. Sie klingelten an der Wohnungstür aber niemand öffnete. Die Wohnung war leer. Der Mann, der eine lebenslange Haftstrafe antreten sollte, war geflüchtet.

    Unschuld beteuert

    Laut einem Bericht der "Bild"-Zeitung rief er jetzt von Brasilien aus bei dem Blatt an und beteuerte seine Unschuld: "Ich brauche Luft, um Hilfe und Aufmerksamkeit zu bekommen." Er habe Kontakt zum Bundeskriminalamt aufgenommen. Die Staatsanwaltschaft wollte sich dazu zunächst nicht äußern.

    Der Fall beschäftigt die Justiz schon seit sechs Jahren. Fünf Gerichte waren beteiligt. Es geht um den Mord an einem Automechaniker in Straubing im Februar 2007. Der 48-Jährige wurde erdrosselt und seine Leiche zwischen Strohballen in der Nähe des Tierparks abgelegt. Schnell geriet der Neffe des Mannes ins Visier der Fahnder.

    Im ersten Verfahren wurde der 33-Jährige mangels Beweisen freigesprochen. Der BGH wies den Fall jedoch nach Regensburg zur Neuverhandlung zurück. In der Neuauflage verhängte das Landgericht im Dezember 2012 schließlich eine lebenslange Gefängnisstrafe wegen Mordes und erließ Haftbefehl wegen Fluchtgefahr.

    "Normalerweise reicht schon der Verdacht eines Kapitalverbrechens für einen Haftbefehl aus", sagte am Mittwoch OLG-Sprecherin Anita Traud. Die Aussicht auf eine Verurteilung zu einer langjährigen Haftstrafe war für die Justiz stets Grund genug, eine Fluchtgefahr zu sehen. Nach Vorgaben des BGH müsse die Fluchtgefahr aber konkret geprüft werden, betonte Traud. In diesem Fall hatten die Richter keine neuen Anhaltspunkte für eine Fluchtgefahr gesehen und den Haftbefehl ohne Auflagen aufgehoben. Dabei war der Mann mit einer Brasilianerin verheiratet und hatte längere Zeit in dem südamerikanischen Land gelebt.

    Haftbefehl außer Vollzug gesetzt

    Entscheidend war laut OLG dabei, dass das Landgericht Regensburg bereits in der Vergangenheit einen alten Haftbefehl außer Vollzug gesetzt hatte. Um diesen neu zu erlassen, müssten wesentlich neue Umstände vorliegen. Der wegen Mordes Angeklagte war jedoch als noch freier Mann zu jedem Prozesstag erschienen, obwohl ihm klar gewesen sein musste, dass er mit großer Wahrscheinlichkeit verurteilt werden würde.

    "Es ist ein sehr ungewöhnlicher Fall, aus dem wir unsere Schlüsse ziehen müssen", sagt Klaus Dieter Fiedler von der Staatsanwaltschaft Straubing. Er hatte in der Neuauflage des Prozesses die Anklage vertreten und das Gericht in dem Indizienprozess von der Schuld des 33-Jährigen überzeugt. Nun leitet er die fieberhafte Suche nach einem Mann, den er längst hinter Gitter geschickt zu haben glaubte. Gegen die Entscheidung des OLG, den Mörder freizulassen, konnte er kein Rechtsmittel mehr einlegen.

    Trotzdem kritisiert der Oberstaatsanwalt nicht die Entscheidungen der Gerichte. Ihn stört vielmehr der zeitliche Ablauf, nachdem der BGH die Revision des Mannes verworfen und damit die lebenslange Haftstrafe rechtskräftig wurde. "Wir gehen davon aus, dass der Mann vor uns von der Entscheidung des BGH erfahren hat", sagt Fiedler. In solchen Fällen sei es vielleicht sinnvoller, die Strafvollstreckungsbehörden deutlich eher zu informieren.

    Diesmal erfuhr der Mörder wohl früher von seiner aussichtslosen Lage und nutzte den Vorsprung. Er hatte fünf Monate Zeit gehabt, um seine Flucht zu planen. dpa

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