Es sind auf den ersten Blick skurrile Fälle, die der Bund der Steuerzahler in seinem „Schwarzbuch 2018“ aufführt. Auf den zweiten Blick sind sie vor allem eines: ärgerlich. Auch in diesem Jahr geht es der gemeinnützigen Schutzvereinigung wieder um Fälle, in denen öffentliche Gelder verschwendet worden seien. Für Bayern listet sie neun Fälle auf – der aus Augsburg hat bundesweit für Schlagzeilen gesorgt. Doch auch aus anderen Orten unserer Region hat der Steuerzahlerbund Kritikwürdiges zusammengetragen.
Steuergelder: Diese fünf Projekte in der Region verschlingen Millionen
Stadt Augsburg Das Versäumnis passierte im Jugendamt der Stadt. Ein Mitarbeiter ließ eine Frist verstreichen, um einen Zuschussantrag rechtzeitig abzuschicken. Es ging um einen Betrag von 28,5 Millionen Euro für nicht städtische Kindergärten. Die zuständige Aufsichtsbehörde erkannte das Versäumnis zunächst gar nicht, erst im Bundesministerium fiel die überzogene Frist auf. Das Finanzdesaster war geboren: Anfangs drohte Augsburg die komplette Rückzahlung. Erst ein intensives Vermitteln von Oberbürgermeister Kurt Gribl (CSU) mit staatlichen Stellen wendete dieses Szenario ab. Jetzt sind es immer noch drei Millionen Euro, für die die Stadt aufkommen muss.
Diese Summe wurde am Dienstag genannt, nachdem der Bund der Steuerzahler auf den Vorgang in seinem Schwarzbuch aufmerksam gemacht hatte. „Chaotisches Controlling“ nannte er das Agieren der Stadtverwaltung.
Der zuständige Sozialreferent Stefan Kiefer (SPD), in dessen Zuständigkeit das Jugendamt liegt, bedauerte in der späteren Aufarbeitung der Vorgänge das Versagen im Amt. Für ihn hat das Finanzdesaster keine Konsequenzen. Er bleibt Referent bis zur Wahl im Frühjahr 2020. Die Amtsleiterin musste allerdings gehen, sie arbeitet nun an anderer Stelle bei der Stadt. Es gab auch finanzielle Einbußen für sie.
Landsberg am LechBereits vor sechs Jahren rügte der Bund der Steuerzahler die Derivatgeschäfte der Stadt Landsberg am Lech. Dabei wird auf die künftige Entwicklung von Zinsen spekuliert, um die eigene Zinslast zu senken. Doch wie bei einer Wette kann man auch alles verlieren – im Fall Landsberg rund 8,3 Millionen Euro. Die Stadt fühlt sich allerdings von der Bank falsch beraten und beschreitet seit 2012 den Gerichtsweg. Ohne Erfolg. Nach zwei verlorenen Zivilprozessen schlug zuletzt auch eine Nichtzulassungsbeschwerde beim Bundesgerichtshof fehl. Nun bleibt der Stadt nur noch eine Möglichkeit: Sie verklagt die eigentlich beratende Tochtergesellschaft der Bank aus München wegen fehlerhafter Beratung.
"Schwarzbuch 2018" - Wo in der Region Steuergelder verschwendet wurden
Füssen Auch in Füssen geht es dem Steuerzahlerbund zufolge um einen Millionenschaden – um 2,8 Millionen Euro. Und auch Füssen fühle sich von einem Bankhaus schlecht beraten und habe vor dem Münchner Landgericht auf Schadenersatz geklagt. Die Stadt hatte, so der Steuerzahlerbund, aufgrund einer Empfehlung des sie beratenden Bankhauses in den Jahren 2005 bis 2012 sogenannte Zinsswap-Geschäfte abgeschlossen und sich damit letztlich eine höhere Zinsbelastung eingehandelt.
Ettal Die Sanierung der Venusgrotte aus dem 19. Jahrhundert auf Schloss Linderhof in Ettal verschlingt Millionen. Seit 2016 wird die künstliche Tropfsteinhöhle instand gesetzt, 2021 soll sie wieder öffnen. Ursprünglich waren für die Sanierung 25 Millionen Euro veranschlagt. Mittlerweile sind es mehr als 33 Millionen Euro. Grund: Da es kein vergleichbares Bauwerk gebe, habe die Sanierungsmethodik erst entwickelt werden müssen.
Herrsching am Ammersee Der Steuerzahlerbund kritisierte auch das Verkehrs- und Mobilitätskonzept der Gemeinde Herrsching am Ammersee. Dabei wurden an einer Straße Pflanzentröge aufgestellt, um den Verkehrsbereich zu beruhigen. Kostenpunkt: 145000 Euro. In dem Bereich seien aber schon Bäume. „Man pflanzt Baum unter Baum“, sagte Michael Jäger, Vizepräsident des Steuerzahlerbundes Bayern, am Dienstag. Das mache nicht wirklich viel Sinn. „Man hätte auch etwas anderes hinstellen können – ein normales Betonelement.“ Der Haken an der Geschichte: Wegen der Baumtröge seien Schulkinder an der Straßenüberquerung kaum sichtbar. (mit dpa)