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Steuerhinterziehung: Goldfinger-Verfahren: Der Druck auf die Staatsanwälte wächst

Steuerhinterziehung

Goldfinger-Verfahren: Der Druck auf die Staatsanwälte wächst

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    Haufenweise Gold: War der Goldhandel zum Zwecke der Steuerersparnis auch Steuerhinterziehung?
    Haufenweise Gold: War der Goldhandel zum Zwecke der Steuerersparnis auch Steuerhinterziehung? Foto: Sven Hoppe, dpa (Symbol)

    Die Verteidigung feiert im Augsburger Goldfinger-Verfahren weitere Erfolge. Gleichzeitig wächst damit der Druck auf die Staatsanwaltschaft immer mehr. Das Landgericht Augsburg hat einen Haftbefehl gegen den Angeklagten Diethard G. in einem neuen Verfahren aufgehoben. Und nun macht auch das Oberlandesgericht (OLG) München, das sich bislang ein paarmal auf die Seite der Ankläger gestellt hatte, Druck auf die Staatsanwälte.

    Der 3. Strafsenat des Oberlandesgerichts hat der Generalstaatsanwaltschaft nach Recherchen unserer Redaktion ein deftiges Schreiben geschickt. Darin heißt es, dass seit der letzten Beschwerde der Verteidiger schon mehrere Monate verstrichen seien. Das OLG bittet um Mitteilung, ob noch Ermittlungsergebnisse ausstehen, welche das sind und seit wann diese vorliegen. Ferner will der Senat wissen, wie die weiteren Planungen der Staatsanwaltschaft Augsburg sind. Das OLG setzt den Ermittlern sogar eine Frist: Binnen zehn Tagen will es Antworten.

    Goldfinger-Verfahren: Dem Oberlandesgericht geht es nicht schnell genug

    Aus dem Schreiben wird zum einen klar, dass es dem Oberlandesgericht nicht schnell genug geht. Wenn in einem Verfahren Haftbefehle bestehen, und das ist in diesem Fall seit 20. Dezember 2019 so, gilt ein gesetzliches Beschleunigungsgebot. Zum anderen wollen die OLG-Richter aber offenbar auch Klarheit darüber, wie es inhaltlich weitergehen soll. Das ist insofern interessant, weil sie damit praktisch zwei Forderungen der Verteidiger im Goldfinger-Prozess aufgreifen. Die monieren seit langem, dass die Ankläger das Verfahren verschleppen und ihre Vorwürfe nicht konkreter fassen und belegen.

    So funktioniert der "Goldfinger"-Steuertrick

    Der "Goldfinger"-Steuertrick kurz erklärt

    Vereinfacht ausgedrückt funktioniert „Goldfinger“ so: Die Goldhandelsfirma musste in einem Land gegründet werden, mit dem Deutschland ein Doppelbesteuerungsabkommen hat. Auf diese Weise konnten Verluste beim Ankauf von Gold in Deutschland steuerlich geltend gemacht werden.

    So wurden Einkünfte aus dem Verkauf des Goldes im Jahr darauf steuerlich kompensiert. Die Steuerlast konnte massiv gedrückt werden.

    Im besten Fall konnte im ersten Jahr der Steuersatz auf null Prozent gesenkt werden. Im nächsten Jahr erhöhte sich der Steuersatz nur minimal, weil der Betroffene ohnehin nahe am Spitzensteuersatz lag.

    Beim „Goldfinger“-Modell hat der Gesetzgeber über Jahre ein Schlupfloch gelassen. Vor allem bei Einkommensmillionären war dieser Trick beliebt, sie konnten ihre Steuerlast massiv reduzieren. Doch seit 2013 ist die Steuervermeidung über dieses Modell gesetzlich verboten.

    Der Bundesfinanzhof in München, das höchste deutsche Finanzgericht, hatte 2017 allerdings zwei spezielle „Goldfinger“-Modelle unter bestimmten Voraussetzungen als zulässig akzeptiert. Hier stellt sich aber die Gerechtigkeitsfrage. Denn dieses Modell können sich nur Reiche leisten, weil dafür hohe Summen und teure Top-Steuerberater nötig sind. (hogs)

    Hintergrund des Schreibens ist ein neueres Ermittlungsverfahren gegen die beiden angeklagten Münchner Rechtsanwälte und Steuerberater Martin H. und Diethard G. Nachdem der Gesetzgeber das Goldfinger-Steuerschlupfloch 2013 geschlossen hatte, haben die beiden neue Modelle zur Steuergestaltung entworfen. Eines davon heißt „Forward“, auch hier ermittelt die Augsburger Staatsanwaltschaft wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung. Und auch hier hatte das Amtsgericht Augsburg einen Haftbefehl erlassen, eben am 20. Dezember 2019.

    Augsburger Richter bezweifeln Steuerhinterziehung

    Doch parallel zum Schreiben des OLG hat das Augsburger Landgericht jetzt diesen Haftbefehl aufgehoben. Die Augsburger Richter stoßen sich ebenfalls am langen Zeitraum und sehen einen Verstoß gegen das Beschleunigungsgebot. Der Haftbefehl sei daher unverhältnismäßig. Die Richter setzen sich aber auch inhaltlich mit dem „Forward“-Verfahren auseinander. Sie kommen, in aller Kürze erklärt, zu dem Schluss, dass im Moment völlig offen sei, ob es sich bei dem „Forward“-Modell überhaupt um Steuerhinterziehung handelt.

    Hören Sie sich dazu auch unseren Podcast "Hass, Streit und viel Geld" zum Goldfinger-Prozess an:

    Hier finden Sie alle Artikel zum Goldfinger-Prozess in Augsburg.

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