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Statistik: Kriminalität in Bayern steigt leicht an

Statistik

Kriminalität in Bayern steigt leicht an

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    Die Kriminalitätsrate in Bayern ist 2011 leicht gestiegen. Sicherheitspolitische Sprecher fordern mehr Personal für die Polizei.
    Die Kriminalitätsrate in Bayern ist 2011 leicht gestiegen. Sicherheitspolitische Sprecher fordern mehr Personal für die Polizei. Foto: Florian Eisele

    Die Kriminalitätsrate in Bayern ist 2011 im leicht gestiegen. Die Zahl der Straftaten lag mit gut 623 000 Fällen um 0,5 Prozent höher als im Vorjahr, wie Innenminister Joachim Herrmann (CSU) am Montag in München mitteilte. Dennoch belege der Freistaat bei der Inneren Sicherheit einen Spitzenplatz in Deutschland. "Wir konnten nahtlos an die Erfolge der vergangenen Jahre anknüpfen", so Herrmann.

    Anstieg bei den rechtsextremistischen Straftaten

    Spektakuläre Fälle: Jahrzehnte nach der Tat gefasst

    Fingerabdrücke, DNA-Analyse, schlechtes Gewissen manche Mordfälle werden erst lange nach der Tat aufgeklärt.

    August 2011: Fast elf Jahre nach dem Mord an einem Jungen in Weil im Schönbuch (Kreis Böblingen) nimmt die Polizei den mutmaßlichen Mörder fest. Der 47-Jährige soll den elfjährigen Schüler Tobias D. erstochen haben. Die Ermittler kamen ihm bei Recherchen zu Kinderpornografie im Internet auf die Spur. Eine DNA-Analyse bestätigte den Verdacht.

    April 2011: 27 Jahre nach dem Mord an einer Anhalterin aus Schleswig-Holstein fasst die Polizei einen Verdächtigen. Der damals 37-jährige Familienvater soll die 15-Jährige erdrosselt haben. Genetische Spuren hatten die Ermittler zu dem Mann geführt.

    März 2011: Mehr als 25 Jahre nach dem Raubmord an einer Münchner Verkäuferin wird ein damals 23-Jähriger wegen Mordes angeklagt. Ein Fingerabdruck hatte die Ermittlungsgruppe «Altfälle» nach einer neuerlichen Auswertung auf die Spur des Mannes geführt.

    Januar 2011: Fast 15 Jahre nach dem Raubmord an einer Rentnerin in Mittelhessen werden die Täter zu langen Haftstrafen verurteilt. Die heute 38- und 39-Jährigen erbeuteten nur 70 Mark. Ein neuer Zeugenhinweis hatte den Verdacht gegen die polizeibekannten Männer erhärtet.

    Oktober 2010: Von Gewissensbissen geplagt, stellt sich 15 Jahre nach dem gewaltsamen Tod eines Taxifahrers der 34-jährige Täter der Polizei. Er gesteht, den Mann im Streit in Wusterwitz (Brandenburg) erstochen zu haben. Seitdem lebte er unauffällig in Euskirchen (NRW).

    März 2010: Fast 30 Jahre nach der spektakulären Entführung und dem Tod der kleinen Ursula aus Oberbayern muss der Täter lebenslang in Haft. Er hatte das Kind in einer Kiste vergraben, um Lösegeld zu erpressen. Das Mädchen erstickte.

    Das Urteil in dem langwierigen Indizienprozess stützte sich vor allem auf ein Tonbandgerät, das bei den Erpresseranrufen abgespielt wurde.

    Trotz des leichten Anstiegs liegt die Fallzahl 2011 aber noch niedriger als in den Jahren vor 2010. Die Zahl der Straftaten pro 100 000 Einwohner sei wie im Vorjahr unter 5 000 geblieben. Die Aufklärungsquote von Straftaten sank von 64, 6 Prozent 2010 auf 64 Prozent. Dennoch sei die Quote seit Jahren etwa konstant. "Bundesweit liegt die Aufklärungsquote regelmäßig bei nur rund der Hälfte aller Delikte", unterstrich Herrmann.

    Einen Anstieg um 3, 5 Prozent gab es bei den rechtsextremistischen Straftaten. Die Polizei registrierte 1566 Taten, 2010 waren es 1513. "Wir nehmen das sehr, sehr ernst", betonte Herrmann. Von zentraler Bedeutung sei die Aufklärung der rechtsextremistisch motivierten Mordserie der Terrorzelle Nationalsozialistischer Untergrund (NSU) . "Die Hoffnung, dass sich die Rechtsextremisten nach Aufdeckung des NSU-Terrors zurückziehen, weil sie mit Mord und Raubüberfällen nichts zu tun haben wollen, hat sich leider nicht erfüllt." Vielmehr träten sie in der Öffentlichkeit offensiver denn je auf. Vor allem Propagandadelikte, Volksverhetzung und Sachbeschädigungen nahmen zu.

    Häufiger Angriffe auf Polizisten

    Angriffe auf Polizisten stiegen um 10 Prozent auf rund 6900 Fälle. Herrmann erinnerte dabei an die Morde an dem Augsburger Polizeibeamten und an dem Staatsanwalt im Dachauer Amtsgericht, die "in Ausübung ihrer verantwortungsvollen Tätigkeit im Interesse der Sicherheit unserer Landes ihr Leben lassen mussten".

    Einfuhr von Betäubungsmitteln: Zuwachs von 45 Prozent

    Die Gewaltkriminalität allgemein nahm um 0, 8 Prozent auf 20 335 Fälle zu. 40, 8 Prozent aller Gewalttäter seien alkoholisiert gewesen. "Alkohol ist und bleibt Aggressionsverstärker Nummer eins", resümierte Herrmann. Bei der Rauschgiftkriminalität gab es zwar einen Rückgang von 2, 9 Prozent, aber bei der Einfuhr von Betäubungsmitteln habe es einen Anstieg um fast 45 Prozent gegeben. Besondere Sorge bereite ihm Crystal Speed, das in Tschechien hergestellt und im Grenzgebiet billig verkauft werde. Herrmann kritisierte die Liberalisierung der Drogengesetze in

    Diebstähle und Tageswohnungseinbrüche nahmen ebenfalls zu (31 Prozent und 25 Prozent), besonders Fahrräder waren gefragt. Dafür sei ein Rückgang bei den Autodiebstählen gelungen, und auch die Betrügereien mit Zahlungskarten hätten sich massiv um 25 Prozent vermindert.

    Internetkriminalität soll Schwerpunkt werden

    Wichtiges Thema bleibe laut Herrmann aber die Internetkriminalität. Sie macht inzwischen 3, 3 Prozent der Taten aus und reicht von Sexualdelikten über Beleidigung bis zu Betrug. "Ein Täter muss heute das hohe Risiko eines Banküberfalls nicht mehr auf sich nehmen, um an Geld zu gelangen", sagte Herrmann. Die Polizei werde hier einen Schwerpunkt setzen.

    Mehr Personal für die Polizei gefordert

    Angesichts der Zahlen verlangten der sicherheitspolitische Sprecher der SPD-Landtagsfraktion, Harald Schneider, wie auch Hermann Benker, Vorsitzender des Landesverbandes der Deutschen Polizeigewerkschaft, mehr Personal für die Polizei. "Die Statistik beweist, was Innenminister Herrmann in der letzten Woche zugegeben hat: Die Polizeireform unter Stoiber war ein Fehler", sagte Schneider.

    Benker sagte, die Kriminalstatistik habe nicht mehr die Aussagekraft wie früher, da wegen der dünnen Personaldecke der nötige Kontrolldruck und vertiefte Ermittlungen fehlten. 2012 soll die Zahl der Beamten aber steigen: Rund 800 Beamte werden laut Ministerium in Ruhestand gehen, rund 1100 werden ihre Arbeit in den Dienststellen antreten. Als Konsequenz aus der hohen Zahl von Delikten unter Alkoholeinfluss verlangten Schneider und Benker außerdem erneut ein nächtliches Alkoholverkaufsverbot. dpa/lby

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