Beckstein sieht bei diesem Kurs die öffentliche Meinung auf seiner Seite. Er verwies auf das gestern veröffentlichte "Bürgergutachten" zur Zukunft Bayerns (siehe auch Thema des Tages auf Seite 2) und erklärte: "Es ist enorm wichtig, dass wir in dieser zentralen Zukunftsfrage die bayerischen Bürger hinter uns haben. Sichere Kernkraftwerke sind als Wegbereiter für den Siegeszug der erneuerbaren Energien noch unverzichtbar."
Unterstützt wird die Staatsregierung dabei auch von Vertretern der Wissenschaft und der Wirtschaft. Der Energie-Experte Alfred Voß von der Universität Stuttgart rechnete vor, dass sich nur mit der Kernenergie der klimaschädliche Ausstoß von CO2 bis 2030 auf rund 70 Millionen Tonnen begrenzen lasse. Ohne Kernenergie sei mit einem Ausstoß von rund 90 Millionen Tonnen CO2 zu rechnen.
Obendrein ist nach Berechnungen Voß' bei einem Verzicht auf Kernenergie bis 2030 mit Zusatzkosten in Höhe von 35 Milliarden Euro zu rechnen. Wolle man dabei gleichzeitig die Klimaschutzziele erreichen, kämen noch einmal 60 Milliarden Euro an Kosten obendrauf.
Auch der Vize-Chef der E.ON AG, Johannes Teyssen, stimmte in das Hohelied auf die Kernenergie ein. "Gerade ein rohstoffarmes Land wie Bayern braucht wie sonst kein anderes Land die Kernkraft", sagte Teyssen. Er räumte zwar ein, dass die "alte Energiewirtschaft" im Bereich erneuerbarer Energien einiges versäumt habe, malte aber zugleich ein düsteres Bild von der "extrem hohen wirtschaftlichen und technischen Verwundbarkeit" der Energieversorgung in Deutschland. Ähnlich wie nach der Ölkrise in den 1970er Jahren sei jetzt "wieder Zeit für harte Entscheidungen".
Kernkraftgegner und Grüne reagierten mit scharfer Kritik. Raimund Kamm vom Gundremminger Forum gegen das Zwischenlager erklärte: "Kaum jemand in Deutschland nimmt den Stuttgarter Professor Voß energiepolitisch noch ernst. Da er aber ein strammer Atomenergiepropagandist ist, bekommt er von Bayerns Staatsregierung immer wieder Aufträge." Die grüne Umweltpolitikerin Ruth Paulig sagte, die Stromlücke sei eine Erfindung der großen Atomkonzerne, und die CSU falle darauf rein.