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Sprengung: Ein Knopfdruck bringt Windräder zum Einsturz

Sprengung

Ein Knopfdruck bringt Windräder zum Einsturz

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    Wie ein riesiger Tunnel: 99 Meter lang und mehr als mannshoch ist die Betonröhre, die von einem der beiden Windräder im Ostallgäu übrig bleibt. Zum ersten Mal überhaupt wurde in Süddeutschland eine solche Anlage mit Sprengstoff zum Einstürzen gebracht. Jetzt beginnt das große Aufräumen.
    Wie ein riesiger Tunnel: 99 Meter lang und mehr als mannshoch ist die Betonröhre, die von einem der beiden Windräder im Ostallgäu übrig bleibt. Zum ersten Mal überhaupt wurde in Süddeutschland eine solche Anlage mit Sprengstoff zum Einstürzen gebracht. Jetzt beginnt das große Aufräumen. Foto: Ralf Lienert

    Sprengmeister Olaf Hoyer ist schon viele Jahre im Geschäft. Aber zwei Windkraftanlagen in Trümmerhaufen zu verwandeln, das ist auch für ihn Neuland. Würde die Luft, die sich in den Röhren der Stromgiganten befindet, nach dem Sturz durch die Wucht des Aufpralls gleich einer Kanone unten aus den Masten schießen? Beton oder Plastikteile mitreißen und womöglich einen der 250 Schaulustigen verletzen? Keiner weiß es. Darum ist Hoyers Vorgabe am Samstag um kurz vor zehn Uhr: Nach den Zündungssignalen lieber Schutz hinter einem der Bäume auf dem Haarberg bei Kraftisried (Ostallgäu) suchen. 100 Feuerwehrmänner haben das Areal bereits weitläufig abgesperrt.

    Als das Warnsignal ertönt, hält jeder den Atem an. Nur das vibrierende Rotoren-Geräusch von zwei Flugdrohnen, die in etwa 100 Metern Höhe über dem Geschehen schweben und filmen, ist zu hören. Dann: Ohrenbetäubender Explosionsdonner. Kurz darauf beginnt sich der erste Stromspargel langsam zu neigen. Es scheint eine kleine Ewigkeit zu dauern, bis der graue Gigant sich dem Boden nähert – übrigens genau auf den Bereich, auf dem eigens der Humus weggeschoben worden war, um die Aufräumarbeiten hinterher zu erleichtern. Dann kracht das 590-Tonnen-Ungetüm auf den Grund. Plötzlich hört man noch eine Explosion, genauso laut wie beim ersten Mal. Doch es ist das Aufschlagen des Rotors in den Boden, sagt Hoyer später. Wie eine abgestürzte Saturn-Mondrakete liegt der Stromgigant auf der Wiese.

    Drei Minuten später erschüttert wieder Explosionslärm die Idylle auf dem Haarberg. Die zweite Anlage stürzt genauso plangenau auf die Seite und schlägt auf dem Boden auf. Betonbrocken und Kunststoffteile fliegen teils 20, 30 Meter durch die Luft, eine dicke Staubwolke bildet sich. Der befürchtete heftige Rückstoß durch die Luft im Inneren des Windrads bleibt aus, Trümmer fliegen nicht weit genug, um gefährlich werden zu können.

    Nach fünf Minuten gibt es Entwarnung

    Nach fünf Minuten ist der Spuk bereits vorbei. Die beiden Riesen liegen am Boden. Um 10.10 Uhr ertönt ein dreifaches Signal: Entwarnung. Sofort setzen sich, aus vielen Richtungen kommend, Verantwortliche wie Schaulustige in Bewegung, um die Sache aus nächster Nähe in Augenschein zu nehmen.

    Viele Neugierige haben ein fröhliches Grinsen im Gesicht, so als hätten sie selbst erfolgreich den Sprengknopf gedrückt. Eine Gruppe Kinder diskutiert heftig, inwiefern die Tiere im Wald durch den Krach gestört wurden. Einer der Rotoren ist in ein Waldstück eingeschlagen und hat eine kleine Schneise geschlagen. „Damit habe ich aber gerechnet“, sagt Sprengmeister Hoyer. Das habe sich nicht vermeiden lassen. Das ganze Areal gehöre einem Landwirt, mit dem man sich schon vorher in jeder Hinsicht geeinigt habe, sagt Stefan Nitschke, Sprecher des Allgäuer Überlandwerks Kempten, dem Eigentümer der Anlagen. „Sie liegen da, wo sie liegen sollen und niemand ist zu Schaden gekommen.“ Auch die für die Sicherheit mitzuständigen Feuerwehrkommandanten Stefan Burger (Wildpoldsried) und Benjamin Eberle (Kraftisried) sind froh, dass alles reibungslos geklappt hat. „Es war zwar schwierig, die aus allen Himmelsrichtungen herströmenden Schaulustigen zu kontrollieren“, sagen beide. „Aber die Leute waren letztlich doch sehr vernünftig und haben sich an unsere Vorgaben gehalten.“

    Für die Mitarbeiter der Firma Geiger geht die Arbeit – das Aufräumen – heute erst los. „Am meisten werden uns der Beton und die Fundamente aufhalten“, sagt Bauleiter Stefan Feneberg. „Ich denke, es wird vier Wochen dauern, bis alle Trümmer weggeräumt sind.“

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