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Sonthofen: Allgäuer Asyl-Pfarrer muss heute auf die Anklagebank

Sonthofen

Allgäuer Asyl-Pfarrer muss heute auf die Anklagebank

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    Der evangelische Pfarrer Ulrich Gampert mit seiner Frau Marlies und Reza Jafari.
    Der evangelische Pfarrer Ulrich Gampert mit seiner Frau Marlies und Reza Jafari. Foto: Sibylle Mettler (Archiv)

    Diese Aktion sorgte bundesweit für Aufsehen: Mit einem Schweigemarsch durch Kempten hatten Ende Juli fast 400 Pfarrer und Gläubige für das Kirchenasyl und gegen den Strafbefehl für Pfarrer Ulrich Gampert demonstriert. An diesem Mittwoch muss sich der 64-jährige Geistliche aus Immenstadt (Oberallgäu) nun vor dem Amtsgericht Sonthofen verantworten. Er hatte dem afghanischen Flüchtling Reza Jafari eineinhalb Jahre lang hinter den Mauern der evangelischen Auferstehungskirche Zuflucht gewährt. Dafür erhielt Gampert im Juli einen Strafbefehl über 4000 Euro, gegen den er Widerspruch eingelegt hat.

    Die Justiz wirft dem Pfarrer Beihilfe zum unerlaubten Aufenthalt vor. Der Strafbefehl war laut Christian Roch, Vizedirektor des Amtsgerichts Sonthofen, erlassen worden, weil es sich um einen Wiederholungsfall handelt: Gampert hatte bereits 2016 einem Flüchtling Kirchenasyl gewährt. Das Verfahren war damals wegen "geringer Schuld" eingestellt worden.

    Pfarrer Gambert: "Ein merkwürdiges Gefühl, auf der Anklagebank zu sitzen"

    "Es wird sicher ein merkwürdiges Gefühl sein, auf der Anklagebank zu sitzen", sagt Gampert zwei Tage vor dem Prozess. Der Geistliche, der in seiner Gemeinde nicht zuletzt wegen seiner zurückhaltenden Art geschätzt wird, ist sich noch immer keiner Schuld bewusst. "Wir haben uns an alle Vorgaben gehalten, die uns bekannt waren." So seien die Behörden unverzüglich über die Unterbringung des Flüchtlings sowie dessen Daten informiert worden. "Wir hätten auch jederzeit Zugang zu Reza gewährt", sagt Gampert. So wie der Kemptener Dekan Jörg Dittmar erhofft Gampert nun von der Justiz ein Signal dafür, dass Kirchenasyl keine Straftat sei. "Wir brauchen eine Klärung, die für andere Fälle Klarheit schafft." Will heißen: Gampert hofft auf einen Freispruch. Sollte das Gericht dagegen den Strafbefehl über 4000 Euro bestätigen, will der Pfarrer in die nächste Instanz gehen – vorausgesetzt, sein Anwalt sehe eine realistische Chance für einen Erfolg.

    Bei dem Verfahren am Mittwoch wird auch Flüchtling Reza Jafari auf der Anklagebank sitzen. Das Kirchenasyl für den 23-Jährigen war im Juli aufgehoben worden, nachdem der Petitionsausschuss des Landtags einen Abschiebestopp erwirkt hatte. Wenige Tage später erhielt Jafari wegen unerlaubten Aufenthalts einen Strafbefehl über 90 Tagessätze zu zehn Euro. Auch er legte daraufhin Widerspruch ein.

    Die Duldung des Afghanen läuft im November aus

    Der Afghane hat im September bei einem Möbelhaus in Kempten eine Ausbildung zum Einzelhandelskaufmann begonnen. Weil der 23-Jährige bei zwei geplanten Abschiebungen nicht in seiner Unterkunft war, greift bei ihm das fünfjährige Aufenthaltsrecht für Azubis (3+2-Regelung) nicht. Die vom Petitionsausschuss erwirkte sechsmonatige Duldung ist vorerst bis November befristet und soll dann nochmals um drei Monate verlängert werden, ebenso wie die Ausbildungserlaubnis Jafaris. Das Asylverfahren selbst ist noch nicht abgeschlossen.

    "Von dem Gerichtstermin erhoffe ich mir Gerechtigkeit", sagt Jafari, der seit längerem mit einer Deutschen verlobt ist und heiraten will, sobald der erforderliche Ledigkeitsnachweis aus Afghanistan vorliegt. Mit der aktuellen Situation gehe es ihm "richtig schlecht", die fehlende Langzeit-Perspektive belaste ihn. "Ich möchte einfach nur normal leben dürfen. Ich bin müde von meinem jahrelangen Kampf für ein Leben ohne Angst und Gewalt."

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