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Skifahren auf dem Müllberg: Münchens neues Wintermärchen

Skifahren auf dem Müllberg

Münchens neues Wintermärchen

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    Münchens neues Wintermärchen
    Münchens neues Wintermärchen Foto: Ulrich Wagner

    Von Josef Karg, München Eiskalt bläst der Wind aus Osten. Frühlingsbraun liegen einige Wiesen erfroren zwischen einem unübersehbaren Gewirr aus Autobahnen und Zubringerstraßen. Wie ein Ufo thront hier die Münchner Allianz Arena. Dahinter der begraste Schuttberg, ein mächtiges Windrad und ein kleiner weißer Fleck: Münchens - am Samstag eröffnete - erste Skiarena.

    Der Begriff klingt etwas hochgegriffen angesichts der Tatsache, dass mittels Skikanonen gerade einmal 4000 Kubikmeter Schnee und eine rund 180 Meter lange Piste in die Landschaft gezaubert wurden. Doch die Landeshauptstadt ist eben nicht das Allgäu. Nach "Minga", wie der Bayer sagt, fährt man normalerweise zum Shoppen, ins Konzert oder Theater. Es ist eigentlich verrückt, dass man im ansonsten bügelbrettflachen Münchner Norden Ski fahren kann, wo früher eine riesige Müllkippe war.

    Der Weg vom Parkplatz zum Skiberg wird zur Odyssee. Schwer drücken die Bretter in die Schultern. Das Auto - eine gefühlte Ewigkeit entfernt vom Schuttberg. In voller Schneemontur rennt man über zwei autobahnähnliche Straßen, um abzukürzen. Denn was in der Ankündigung von Münchens Skiarena nicht zu lesen war: Schon am zweiten Tag spielt der TSV 1860 ein Heimspiel, und dann ist der beschriebene Parkplatz an der Arena für Skifahrer gesperrt. Von den Ordnern weiß keiner Bescheid. Und so werden aus 400 angepeilten Metern knapp 1,5 beschwerliche Kilometer zu Münchens kleinem Wintermärchen.

    Die Mühe lohnt sich. Piste und der Zwergerllift sind zwar im Grunde genommen nicht der Rede wert. In 30 Sekunden ist die insgesamt recht steile Abfahrt beendet. Doch nicht nur die Schneequalität ist klasse, auch das Gesamtpanorama lässt sich als "wirklich einmalig" beschreiben. Ein kleines, von Schneekanonen eingeschneites Kircherl, ein Skihang, einige Container, an denen Getränke verkauft werden - und auf der anderen Seite eben dieses riesige futuristische Fußballstadion.

    Randstädtisches Wedeln zwischen Windrad und Stadion

    Axel Müller, Sportreporter beim Bayerischen Rundfunk, ist Vorsitzender des Vereins "Fröttmaninger Skiarena". Seit Jahren habe man diese Idee schon im Kopf gehabt, erzählt er. Doch erst im vergangenen Dezember sei der heutige Trägerverein gegründet worden, der die Sache "Skiberg" schnell vorantrieb, berichtet er.

    Ziel ist es, Münchens Skirennnachwuchs zu fördern, und auch für alle anderen soll das randstädtische Wedeln zwischen Windrad und Fußballschüssel ungewöhnliches Vergnügen werden.

    Das ist es auch, wenngleich das Münchner Skigebiet im Vergleich zu "echten" nur ein Klecks in der Landschaft ist. Der Andrang ist schon an den ersten Tagen erstaunlich groß. Jung und Alt, Spaziergänger und Brettlfans aller Art vergnügten sich an diesem Sonntag im Schnee. Ein junges Ehepaar und seine fünfjährige Tochter Pia sind von der neuen Anlage überzeugt: "A richtige Gaudi war's", meinen sie. Und irgendwie haben sie recht, auch wenn der Liftbetrieb noch nicht ganz reibungslos funktioniert.

    "Ganz normale Anlaufprobleme", meint Müller und stellt seine weiteren Pläne vor. Schon in der kommenden Woche soll der Hang oberhalb der ersten Piste präpariert werden. Dann wird die Abfahrt auf 240 Meter verlängert. Im Endausbau sind 400 Meter vorgesehen. Selbst Rennen sollen ausgetragen werden. Die Investitionen sind mit 15 000 Euro überschaubar. Allerdings habe die gesamte Infrastruktur wie die Liftanlage hier einen weit höheren Wert, so Müller. Doch die werde von Sponsoren getragen. Müller hofft, dass sich die ganze Fröttmaninger Skiarena rechnen wird. Zumindest der Anfang ist gemacht.

    Und wenn man ganz still ist, hört man an diesem Tag zwischen Vogelzwitschern, Autolärm und dem harten Knirschen der Skier im Schnee die Mannschaftsaufstellung der Münchner Löwen. Das gibt's halt ansonsten nirgendwo.

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