Das Silvesterfeuerwerk in Reichenberg (Kreis Würzburg) beginnt heute schon einige Tage vor dem Jahreswechsel. Heute plant die Marktgemeinde ein Probefeuerwerk für Flüchtlinge bei der Notunterkunft. Am Nachmittag sollen Raketen und Wunderkerzen gezündet werden. „Wir wollen den Flüchtlingen zeigen, was sie in der Silvesternacht erwartet, damit es nicht zu Angst und Panik kommt“, sagt Alexander Kehr, Geschäftsleiter der Marktgemeinde Reichenberg. Genau das sei nämlich bei einer Treibjagd vor einigen Wochen passiert. Auch als vergangene Woche die Düsenjets über die Region geflogen sind, hätten vor allem Kinder panisch reagiert, sich versteckt oder auf den Boden gelegt.
Flüchtlinge haben oft Angst vor den Böllern und Raketen
Die Flüchtlinge, die derzeit in Reichenberg wohnen, stammen zum größten Teil aus Syrien und Afghanistan. Der 31. Dezember ist für viele von ihnen nicht der Termin des Jahreswechsels, sondern ein ganz normaler Tag. Lautes Böllern und das Knallen der Feuerwerkskörper können da durchaus für Verwirrung und Unsicherheit sorgen. Daher sollen die derzeit 66 Menschen in der Wolffskeelhalle vorbereitet werden. Die Gemeinde hat bereits ein mehrsprachiges Informationsblatt veröffentlicht. Unter anderem auf Englisch, Französisch und Arabisch wird erklärt, dass „ein Feuerwerk ab Mitternacht normal und ungefährlich“ sei.
Auch in anderen Flüchtlingsunterkünften ist Silvester ein Thema. Mit Infoblättern und in persönlichen Gesprächen werden die Flüchtlinge in der Erstaufnahmeeinrichtung in Schweinfurt auf die Bräuche vorbereitet. Allerdings dürfe auf dem Gelände nicht geböllert werden, so Johannes Hardenacke von der Regierung von Unterfranken. „Es ist wichtig, die Flüchtlinge frühzeitig über Silvester aufzuklären und deutlich zu machen, dass dieses Fest mit Freude verbunden ist“, sagt Andrea Kübler, Professorin für Interventionspsychologie an der Uni Würzburg. „Silvester ist eine kulturelle Gegebenheit, mit der man früher oder später zurechtkommen muss.“
Probefeuerwerk in Reichenberg soll Gemeinschaft stärken
Von dieser Tradition zu lesen und theoretisch darüber zu sprechen, sei das eine. Sie zu erleben etwas anderes, sagt Marcus Alezze vom Arbeitskreis Freizeit und Kultur in der Reichenberger Notunterkunft. Es gehe bei der Aktion nicht nur um die Vorbereitung auf Silvester, erklärt Kehr. Gleichzeitig solle sie die Gemeinschaft zwischen den Reichenbergern, die bei dem Feuerwerk ebenfalls willkommen sind, und den Flüchtlingen stärken. Das Probefeuerwerk sei eine Idee des Helferkreises und wird aus Spenden finanziert.