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Sensationsfund im Allgäu: Neue Studie untermauert die Geschichte um den Menschenaffen Udo

Sensationsfund im Allgäu

Neue Studie untermauert die Geschichte um den Menschenaffen Udo

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    Eine Rekonstruktion des Skeletts eines aufrecht gehenden Menschenaffen steht im Museum der Universität Tübingen.
    Eine Rekonstruktion des Skeletts eines aufrecht gehenden Menschenaffen steht im Museum der Universität Tübingen. Foto: Marijan Murat, dpa

    Was war das damals für ein Wirbel im beschaulichen Pforzen. Fernsehteams streiften durch das Dorf, befragten Passanten zum Sensationsfund aus der Tongrube. Ministerpräsident Markus Söder machte sich auf den Weg ins Allgäu, wagte sich mit Gummistiefeln in den Matsch und versprach später Geld für ein Museum.

    Das alles spielte sich im November 2019 ab. Als Udo seinen großen Moment hatte, die Paläontologin Madelaine Böhme, eine Forscherin aus Tübingen, verkündete, dass sie und ihr Team im Ostallgäu auf fossile Überreste eines Menschenaffen gestoßen waren. Funde, die unser Wissen über die Evolution infrage stellen. Denn Udo soll vor 11,6 Millionen Jahren aufrecht im heutigen Allgäu herumgelaufen sein. Bisher gingen Wissenschaftler jedoch davon aus, dass sich der aufrechte Gang erst viel später entwickelt hat – und zwar in Afrika.

    Heute erinnert nicht mehr viel an den Trubel um Udo, der offiziell „Danuvius guggenmosi“ heißt. Im Oktober eröffnete zwar eine Wanderausstellung in Pforzen, wegen der Corona-Pandemie musste sie jedoch nach wenigen Tagen wieder schließen. Einen geplanten Vortrag mit Professorin Böhme sagte die Gemeinde kurzfristig ab. Ob Udo dauerhaft in der Region zu sehen sein wird, sei es in einem Museum oder Informationszentrum, soll eine Machbarkeitsstudie klären. Allerdings lassen die Ergebnisse noch auf sich warten. „Im Sommer sollen sie vorgestellt werden“, sagt Pforzens Bürgermeister Herbert Hofer.

    Allgäu: Inzwischen hat Udo sogar eine eigene Wanderroute

    Klingt erst einmal ernüchternd, doch so leicht lassen sich die Ostallgäuer nicht entmutigen. „Unser Interesse an Udo ist nach wie vor ungebrochen“, betont Hofer. Ein Arbeitskreis bemüht sich um die Präsentation des Menschenaffen, plant ein Grabungsfest im Herbst. Inzwischen hat Udo sogar eine eigene Wanderroute, sie führt von Pforzen in die Nachbargemeinde Irsee. Derweil ist die Schau „Sensation Udo und die Evolution“ ins Internet gewandert. Das „virtuelle Museum“ soll weiter wachsen.

    Der spektakuläre Fund im Ostallgäu lockte einst auch die große Politik an: Ministerpräsident Markus Söder (rechts) und Wissenschaftsminister Bernd Sibler besuchten die Tongrube in der Hammerschmiede bei Pforzen.
    Der spektakuläre Fund im Ostallgäu lockte einst auch die große Politik an: Ministerpräsident Markus Söder (rechts) und Wissenschaftsminister Bernd Sibler besuchten die Tongrube in der Hammerschmiede bei Pforzen. Foto: Mathias Wild (Archivbild)

    Womöglich zieht dort auch irgendwann Udos Familie ein. 2020 sind Böhme und ihr Grabungsteam im Allgäu erneut auf Überreste von Menschenaffen gestoßen. „Es sind einige Stücke von ,Danuvius’ dabei, das ist extrem wichtig, weil es sich um anatomische Regionen handelt, die wir bisher nicht kannten“, erklärt die Paläontologin. „Das sagt uns mehr über ,Danuvius’ und seine Zweibeinigkeit.“

    Erst vor wenigen Tagen veröffentlichte Böhme neue Erkenntnisse im renommierten Fachmagazin Nature, die zwar nicht direkt mit Udo zu tun haben, aber ihre „Out of Europe“-These untermauern.

    Könnten unsere Wurzeln tatsächlich in Europa liegen? Böhme sagt ja. „Fossilien zeigen, dass es für Millionen Jahre nur in eine Richtung ging: von Eurasien nach Afrika.“ Die Professorin hält es für plausibel, dass unsere frühen Vorfahren im Wechsel verschiedener Klimaphasen umherzogen, ohne sich an die heutigen Grenzen zwischen Kontinenten zu halten. Was sie zu diesem Ortswechsel bewog, sei ihr bisher jedoch nicht klar gewesen.

    Noch gibt es auch Zweifel an der These über den Menschenaffen Udo

    Daten aus den Steinen Mesopotamiens gaben die entscheidenden Hinweise: Eine „Wüstenschaukel“ habe die Säugetiere aus Eurasien nach Afrika getrieben. „Das wechselseitige Entstehen und Vergehen von Wüsten“, erklärt Böhme.

    Hält an ihrer These fest: Prof. Madelaine Böhmevon der Universität Tübingen.
    Hält an ihrer These fest: Prof. Madelaine Böhmevon der Universität Tübingen. Foto: Christoph Jäckle

    Während ihre These für sie so immer nachvollziehbarer wird, zweifeln Forscherkollegen an ihren Schlussfolgerungen zur menschlichen Evolution. „Anthropologen werden sich weiterhin sträuben“, sagt Böhme. „Aber nach einem Jahr Distanz zieht es die Forscherwelt ernsthaft in Erwägung, dass es begründete Meinungen gibt, die sagen: Europa hat in der frühen menschlichen Evolution eine akzentuiertere Stellung als bisher angenommen.“

    Im Ostallgäu blickt man währenddessen gespannt auf die Grabungssaison 2021. Beginnen soll sie im Juni. „Die Gelder sind da, der Vertrag muss aber noch unterschrieben werden“, berichtet Böhme. Sie hofft auf weitere Funde aus Udos Familie, um sich einem neuen Mitglied möglichst ausführlich widmen zu können. Bis zur Publikation werde es aber noch eine Weile dauern.

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