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Schwaben: Warum uns Schlösser so faszinieren

Schwaben

Warum uns Schlösser so faszinieren

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    Das Schloss Bissingen im Landkreis Dillingen wurde neu hergerichtet. (Archivfoto)
    Das Schloss Bissingen im Landkreis Dillingen wurde neu hergerichtet. (Archivfoto) Foto: Helmut Herreiner

    Herr Fassl, als Heimatpfleger des Bezirks Schwaben wissen Sie sicher exakt, wie viele Schlösser wir haben?

    Peter Fassl: Wirkliche Schlösser haben wir im Bezirk Schwaben nach der Bayerischen Denkmalliste in den Landkreisen 206 und in den Städten zwölf. Ich betone dies so, da von vielen Menschen besonders prunkvolle Gebäude oft als Schlössle bezeichnet werden. Das müssen aber dann gar keine Schlösser sein.

    Was darf sich denn Schloss nennen?

    Fassl: Ein Schloss war in der Vergangenheit ein herrschaftlicher Mittelpunkt und der Schlossherr hatte auch bestimmte Rechte. Das ging über das Obereigentum über Grund und Boden weit hinaus, indem er zum Beispiel auch die Gerichtsbarkeit innehatte. Es gehörten aber oft auch weitere Rechte wie das Quartier- und das Steuerrecht dazu.

    Und was ist der Unterschied zwischen Schloss und Burg?

    Fassl: Burg ist der ältere Begriff. Hier steht die Wehrhaftigkeit noch im Vordergrund. Im Mittelalter war es entscheidend, eine Burg zu haben, die vom Feind nicht eingenommen werden konnte. Doch mit der Entwicklung der Schießtechnik wurde das nicht mehr so wichtig. Beim Schloss spielt die Wehrhaftigkeit keine große Rolle mehr.

    Wenn sich eine Braut einen Turm wünscht

    Schwaben scheint eine besonders schlösserreiche Region zu sein, oder?

    Fassl: Nun, in Altbayern gibt es auch viele Schlösser. Die Anzahl ist nicht das Besondere. Was Schwaben auszeichnet: Hier hat es der Adel bis zur Selbstständigkeit gebracht. Die Landesherren haben über mehr als 100 Territorien geherrscht. Diese Kleinteiligkeit zeichnet Schwaben bis heute aus.

    Stammen die Schlösser also mehrheitlich aus der frühen Neuzeit?

    Fassl: Die ältesten Schlösser in Schwaben haben ihre Wurzeln im 11. Jahrhundert. Sehr viele aber stammen in der Tat aus der frühen Neuzeit. Vergessen wird oft, dass Schlösser im 19. Jahrhundert eine richtige Renaissance erlebten. Als die Adeligen nach der Revolution 1848 ihre politische Bedeutung verloren haben, begannen viele in ihre Schlösser zu investieren und sich damit als besondere Klasse herauszuarbeiten. Damals bekam fast jedes Schloss noch Zubauten wie Türme oder Stufengiebel. Auch Herr von Stetten, der in Hammel ein Schloss hat, erzählte mir, dass damals eine Heirat in der Familie anstand und die Braut aus Schlesien sich einen schönen Turm wünschte. Und denken Sie an die Fabrikschlösser in Augsburg – auch Fabrikanten wollten im 19. Jahrhundert ein Schloss haben.

    Gibt es denn ein Schloss, dass Sie besonders interessant finden?

    Fassl: Nein, das kann ich wirklich nicht sagen. Es gibt so viele reizvolle Gebäude – ich denke an die wunderschönen Details im Schlosssaal von Schloss Hammel oder die fantastische Holzdecke in Kirchheim oder den traumhaften Festsaal in Harburg. Man darf auch nicht immer nur an die Ausstattung denken, wenn man die Bedeutung von Schlössern erkennen will: Schlösser sind Landmarken in der Landschaft. Denn wo baut man ein Schloss? Es war der Höhepunkt eines Ortes. Schlösser geben kulturgeschichtliche Orientierung in der Landschaft.

    Und sie werden heute oft auch kulturell genutzt. Sind die Schlösser in Schwaben mehrheitlich in Privatbesitz?

    Fassl: Ja. Aber es gibt auch gemischte Nutzungen, ein Beispiel dafür ist Babenhausen im Unterallgäu. Und manchmal sind sie auch in kommunaler Hand. So hat etwa die Gemeinde Reimlingen ihr Schloss erworben und nutzt es jetzt als Verwaltungssitz und für die Bürger. Sie müssen sehen, so ein Schloss kann ich ja in der Regel heute nicht mehr allein für meine Familie nutzen, es sei denn, sie ist wirklich sehr groß.

    Strenge Denkmalschutz-Auflagen

    Welches sind denn die größten Herausforderungen? Die Finanzen?

    Fassl: Als Schlossbesitzer müssen sie heute finanziell anders ausgestattet sein als früher. Denn ihnen fehlen ja, wie anfangs beschrieben, all die früheren Rechte, die natürlich sichere Einnahmen waren. Und mit Waldbesitz allein, können sie heute kein Schloss mehr finanzieren. Daher ist die größte Aufgabe für heutige Schlossherrn die Nutzung der großen Flächen. Doch der Charme eines Schlosses lässt da ja viele Möglichkeiten zu. Wir haben Schlösser, die etwa als Veranstaltungsräume genutzt werden, als Wohnräume vermietet sind, zu Seniorenresidenzen oder Mehrgenerationen-Wohnungen umgebaut wurden.

    Aber die meisten Schlösser stehen doch unter Denkmalschutz? Das heißt, ich muss strenge Auflagen beachten...

    Fassl: Die meisten stehen unter Denkmalschutz, das stimmt. Und die Auflagen sind streng. Das muss jedem Schlossinteressenten klar sein: Mit einem Schloss kann ich nicht frei umgehen und etwa im Obergeschoss einfach einen Whirlpool einbauen. Vor allem muss ich mich auf die Geschichte des Gebäudes einlassen.

    Gibt es viele Kaufinteressenten?

    Fassl: Also Schlange stehen sie nicht. Aber die Faszination Schloss ist da. So wurde Schloss Bissingen im Landkreis Dillingen von einem Naturwissenschaftler im Ruhestand erworben und perfekt hergerichtet. Das Ärzteehepaar Renner kaufte Hainhofen in Neusäß bei Augsburg und erhielt für die wunderbare Sanierung 2013 den Denkmalpreis. Im vergangenen Jahr haben wir Leopold Graf Fugger für die Sanierung von Markt Wald und die Besitzer von Schloss

    Gibt es auch Schlösser im Bezirk Schwaben, die verfallen?

    Fassl: Ja, die gibt es auch. Aber ich kann wirklich sagen, dass die Mehrzahl der Schlossbesitzer in Schwaben sich sehr bewusst ist, welche kulturgeschichtliche Verpflichtung der Besitz eines Schlosses mit sich bringt und die Gebäude gut instand hält. Für die Eigentümer besitzen ihre Schlösser eine besondere Attraktivität. Schließlich wurden Schlösser nicht nur für die eigene Familie gebaut, sondern mit einer anderen Zeitperspektive errichtet, sie sollten lange im Besitz einer Familie bleiben. Darüber hinaus haben Schlösser immer auch eine Verpflichtung gegenüber dem Ort, in dem sie stehen. Und das Bewusstsein für diese hohe Verantwortung stelle ich erfreulicherweise in einem hohen Maße bei den alten und den jungen Schlossbesitzern fest.

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