Bayerns Schulen bleiben weitere drei Wochen geschlossen. Ebenso lange waren die Klassenzimmer auch vor den Osterferien schon verwaist. Das heißt: Wenn die Schulen ab 11. Mai wieder nach und nach ihre Türen öffnen, werden Schüler und Lehrer sechs Wochen verlorenen Stoffs nachholen müssen. Und das, wo die Lehrpläne im Freistaat ohnehin schon ziemlich vollgepackt sind. Damit das Schuljahr noch zu retten ist, muss etwas beschlossen werden, was erfolgsverwöhnte Bildungspolitiker und Lehrplanmacher große Überwindung kosten dürfte: Basisunterricht mit wenigen Inhalten.
Bayerns Schüler sollten jetzt von der ersten Klasse bis zur Kollegstufe nur noch die wichtigsten Themengebiete lernen – und die dafür umso besser. Nur mit einer Reduzierung des Stoffs kann man das Schuljahr vernünftig zu Ende bringen. Das ist auch eine Frage der Fairness.
Viele Lehrkräfte arbeiten zu Hause weniger
Natürlich lagen die Schüler und Lehrer zuletzt nicht nur auf der Couch – auch wenn eine Umfrage der Forsa-Meinungsforscher diese Woche ergab, dass 43 Prozent der deutschen Lehrkräfte seit den Schulschließungen weniger oder deutlich weniger arbeiten als in regulären Schulwochen. Doch der Fokus liegt beim Lernen daheim klar auf dem Wiederholen und Vertiefen des Stoffs, den die Schüler vorher schon durchgenommen hatten. Das hatte auch Bayerns Kultusminister Michael Piazolo immer wieder betont. Allzu viel Wissen angehäuft haben die Schüler also nicht.
Am Donnerstag versprach Piazolo, dass wegen Corona keiner sitzenbleiben muss. Man werde „großzügig“ das Vorrücken auf Probe gewähren – und das ist richtig so. Das Jahr als Ganzes nicht zählen zu lassen, wie es zu Beginn der Schließungen öfter gefordert wurde, ist Quatsch. Dann wäre es für alle ein verlorenes Jahr – und niemandem geholfen.
In der Schule droht ein böses Erwachen
Auf das böse Erwachen im Klassenzimmer müssen Lehrer sich so oder so einstellen. Beim Neustart an den Schulen wird sich zeigen, wie erfolgreich das Homeschooling wirklich war – eine völlig neue Methode für die absolute Mehrheit der Lehrer und erst recht der Eltern. Eintreffen wird, was so viele Experten befürchten: Die sogenannte soziale Schere wird nach der Corona-Pause weiter geöffnet sein als zuvor. Schüler aus bildungsfernen, ärmeren Familien laufen mehr denn je Gefahr, über die Klinge zu springen. Sie fallen durch den Heimunterricht noch stärker zurück, als sie es ohnehin schon waren. Das betrifft Kinder, deren Lernerfolg ihren Müttern und Vätern egal ist. Schüler, die besser deutsch sprechen als ihre elterlichen „Ersatzlehrer“ und Jugendliche, die keinen Laptop zu Hause haben, um digitale Arbeitsblätter auszufüllen. Es wird Wochen dauern, alle auf annähernd ein Niveau zu bringen. Erst danach ist an normalen Unterricht wieder zu denken.
In Corona-Zeiten eben keine Europahymne
Das Schuljahr kann nur ordentlich zu Ende gehen, wenn man die Lehrpläne nach dem durchforstet, was wirklich essenziell ist. An Grundschulen ist das am leichtesten. Lehrer können Unterricht so umschichten, dass vor allem Basiskompetenzen auf dem Stundenplan stehen – selbst wenn Kinder dann in Musik nicht die Europahymne lernen und in Religion nicht erfahren, wer die Brüder Josefs sind. Wichtig ist, dass sie in den entscheidenden Fächern die Lernziele erreichen: Deutsch, Mathe, Heimat- und Sachunterricht.
Schwieriger wird es an weiterführenden Schulen mit komplexeren Inhalten. Doch auch da ist zu prüfen, auf welche Blöcke im Lehrplan man ausnahmsweise verzichten kann. Sonst schleppen Schüler die Spätfolgen des Virus noch mit sich herum, wenn die Welt den Corona-Erreger schon längst besiegt hat.
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