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Schulreform: So geht's auf der Überholspur Richtung Abi

Schulreform

So geht's auf der Überholspur Richtung Abi

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    Die Startposition ist für alle Gymnasiasten in Bayern gleich. Regulär gehen sie neun Jahre lang auf die weiterführende Schule.
    Die Startposition ist für alle Gymnasiasten in Bayern gleich. Regulär gehen sie neun Jahre lang auf die weiterführende Schule. Foto: Bernd Wüstneck, dpa

    Als die Entscheidung nach monatelangem Hin und Her im Landtag endlich gefallen und das neunstufige Gymnasium nach Bayern zurückgekehrt war, ging die Arbeit für die Lehrplan-Macher in München erst los. Denn im neuen Modell soll es gewissermaßen ein Gymnasium im Gymnasium geben: Wer auch künftig nach acht Jahren das Abitur in der Tasche haben will, kann die sogenannte Überholspur nehmen und ein Jahr überspringen.

    Jetzt, eineinhalb Jahre nach dem Reformbeschluss, hat Kultusminister Michael Piazolo (Freie Wähler) das Konzept in München vorgestellt. Wer die elfte Jahrgangsstufe einsparen möchte, soll künftig in den Klassen neun und zehn zwei Schulstunden zusätzlich haben – abwechselnd in Mathematik, Deutsch und einer Fremdsprache. Im zehnten Lernjahr sollen zwei Stunden in einem weiteren Fach hinzukommen, auf das sich jede Schule mit ihren Schülern individuell einigt. Generell setzt das Ministerium beim Turbo-Abi eine Portion Extra-Motivation der Schüler und sogenannte „Studierzeiten“ zu Hause voraus. Am Ende der zehnten Klasse sollen die Schüler dann entscheiden, ob sie gleich in die zwölfte Jahrgangsstufe vorrücken möchten oder doch lieber den herkömmlichen Weg wählen. Hochbegabte Schüler haben wie bisher die Möglichkeit, ohne Zusatzstunden ein Jahr zu überspringen.

    Lehrer sollen Schüler als Mentoren begleiten

    Speziell als Mentoren ausgebildete Lehrer sollen die Schüler durch die zwei Intensiv-Jahre begleiten. Gerade bei diesem Punkt wird die bayerische Landes-Eltern-Vereinigung ganz genau hinsehen. Deren Vorsitzende, Susanne Arndt, mahnte am Mittwoch in München, dass jeder Mentor „maximal drei Schüler“ unterstützen sollte. Aus dem Kultusministerium hieß es, das sei eine „sinnvolle Richtgröße“. Bildungsminister Piazolo versprach auch, mit dem Finanzminister zu verhandeln, falls für die Überholspur mehr Lehrerstellen an bayerischen Gymnasien nötig werden.

    Bayerns Schüler finden das G8 im G9 gut. Ihr Sprecher Florian Schwegler ist der Meinung, dass die Lernzeitverkürzung für Schulen „gut umzusetzen“ und auch „pädagogisch schlüssig“ ist.

    Bis zu 15 Prozent könnten die Überholspur an der Schule nutzen

    Nach Schätzungen des Philologenverbands könnten am Anfang bis zu 15 Prozent eines Jahrgangs die Überholspur einschlagen. Walter Baier, Landesvorsitzender der bayerischen Direktoren, nimmt an, dass es im Lauf der Jahre mehr werden. „Es wird aber eine Weile dauern, bis sich die Vorteile bei Schülern und Eltern rumgesprochen haben.“

    Die bayerischen Grünen finden im neuen Konzept keine Vorteile – im Gegenteil. Der bildungspolitische Sprecher Thomas Gehring aus dem Allgäu sieht statt einer Überholspur eine „Billigversion des früheren CSU-G8“, ja einen „ganz schwachen Aufschlag“ des neuen Kultusministers. Bei diesem einseitigen Blick auf die Kernfächer blieben „wichtige Inhalte wie Sozialkunde, Berufsorientierung und Naturwissenschaften auf der Strecke“. Tatsächlich ist gerade die elfte Klasse, die für Überholer entfällt, auch für nicht-schulische Erfahrungen vorgesehen. Gymnasiasten sollen neben dem Unterricht Praktika machen oder in Studiengänge hineinschnuppern können.

    Genau dafür hatte im alten achtstufigen Gymnasium oft die Zeit gefehlt, Schüler hatten den mangelnden Realitätsbezug ihrer Ausbildung beklagt und das Gefühl, Inhalte nur „durchzupauken“ statt sie zu vertiefen. Diese Kritik hatte beträchtlich zur Abschaffung des G8 beigetragen – nach einem 13 Jahre schwelenden Streit. Bayerns langjähriger Kultusminister Ludwig Spaenle (CSU) hatte während seiner Amtszeit selbst mehrfach bedauert, wie seine eigene Partei zu Beginn der Nullerjahre das G8 eingeführt hatte. Mit einem Wort: „Suboptimal.“ (mit dpa)

    Lesen Sie hier auch den Kommentar von Sarah Ritschel: Bayern hat aus dem G8 gelernt

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