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Schule in Bayern: Schritt für Schritt kommt das G9 zurück

Schule in Bayern

Schritt für Schritt kommt das G9 zurück

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    Wie lange werden Bayerns Schüler künftig zur Schule gehen, bis sie ihre Abiturprüfung ablegen? Nach der jetzigen Reform deutet viel auf neun Jahre hin.
    Wie lange werden Bayerns Schüler künftig zur Schule gehen, bis sie ihre Abiturprüfung ablegen? Nach der jetzigen Reform deutet viel auf neun Jahre hin. Foto: Armin Weigel, dpa

    Es ist die nächste große Reform des bayerischen Gymnasiums nach der Einführung des G8: Ab dem Schuljahr 2018/2019 sollen die Schulen selbst entscheiden, wie viel Zeit sie ihren Schülern bis zum Abitur geben. Acht Jahre? Neun Jahre? Oder vielleicht beides? Hier die wichtigsten Fakten:

    Warum gibt es überhaupt eine Schulreform?

    Das achtstufige Gymnasium ist seit seiner Hauruck-Einführung im Jahr 2003 höchst umstritten. Kritiker bemängeln, dass der Lehrplan zu viel Stoff enthält. Der Nachmittagsunterricht hat im Vergleich zum G9 deutlich zugenommen. Für Hobbys, Wahlfächer oder Leistungssport bleibe kaum Zeit. Zudem büßen die Abiturnoten G8-Gegnern zufolge an Aussagekraft ein. Einerseits zählen mündliche und schriftliche Leistungen im aktuellen System gleich viel, was gute Zensuren erleichtert. Andererseits ist das Abi in den Kernfächern Mathematik und Deutsch zwingend. Wer in einem Pflichtfach Probleme hat, stürzt schnell auf einen schlechteren Schnitt ab. Früher war kein Fach per se verpflichtend.

    Wie hat die Politik auf die Kritik reagiert?

    Ende 2014 stellte Kultusminister Ludwig Spaenle (CSU) die Mittelstufe Plus vor. Sie erlaubt Schülern, den Stoff der Klassen acht bis zehn in vier statt drei Jahren zu lernen. Zuvor war seine Idee von einem „Flexi-Jahr“ gefloppt. Nur wenige Schüler nahmen das Angebot an, in einem freiwilligen Zusatzjahr den Stoff einer bestimmten Jahrgangsstufe langsamer zu lernen.

    Wie groß ist der Ansturm auf die Mittelstufe Plus?

    Bislang wird das Konzept nur an 47 Pilotschulen in Bayern erprobt. 71 hatten sich ursprünglich beworben. Der Pilotversuch ist auf zwei Jahre angelegt. Das Ministerium hatte damit gerechnet, dass sich im Schnitt 25 Prozent der wahlberechtigten Schüler für die verlängerte Schulzeit entscheiden würden. Am Ende waren es gut 60 Prozent. Im zweiten Testjahrgang, der nach den Ferien in die achte Klasse wechselt, sind es noch mehr – an manchen Schulen sogar über 90 Prozent.

    Wie sollte es nach der Testphase weitergehen?

    Der Kultusminister betonte stets, dass nach einem erfolgreichen Modellversuch alle Gymnasien in Bayern die Mittelstufe Plus anbieten dürfen – und zwar schon ab dem Schuljahr 2017/2018. Der Modellversuch sei nach wie vor „die Grundlage für den weiteren Weg“, beteuerte der Minister gestern in München.

    Was hat das Kabinett jetzt konkret beschlossen?

    Erstens kommt die Reform ein Jahr später als geplant. Man will überlegter handeln als bei der Einführung des G8 vor 13 Jahren. Gleich bleibt, dass die Gymnasien künftig selbst entscheiden, ob ihre Schüler das Abitur in acht oder neun Jahren machen – oder ob sie gar beide Wege anbieten. Wie die neunjährige Variante aufgebaut werden soll, ist bislang nahezu komplett offen.

    Was ist jetzt schon klar?

    Für die G9-Variante wird es keinen eigenen Lehrplan geben, aber „Richtlinien“ für die zeitliche Aufteilung des Lernstoffes. Die Entscheidung über die Lernzeit falle also „innerhalb des einheitlichen Rahmens mit einer Grundkonzeption von acht Jahren“. Wie sich der Stoff am besten auf neun Jahre verteilen lässt, will das Ministerium mit Schulen, Bildungspolitikern und Verbänden diskutieren. Sowohl im G8 als auch im G9 sollen die Schüler aber nach der zehnten Klasse die Mittlere Reife in der Tasche haben. Das heißt, dass sie bis dahin in den Kernfächern auf demselben Stand sein müssen. Die Oberstufe soll weiterhin zwei Jahre umfassen.

    Wann ist die Reform fix?

    Der „Dialogprozess“ soll laut Spaenle unmittelbar nach der Sommerpause beginnen, möglichst Anfang September. Zum Jahresende will er alle Detailfragen klären, danach soll bis Sommer 2017 der rechtliche Rahmen für das neue Gymnasium geschaffen werden. Dann hätten die Gymnasien immer noch ein Jahr Zeit, um sich für den passenden Weg zu entscheiden.

    Zwei Geschwindigkeiten an einer Schule – geht das auf Dauer?

    Flächendeckend sicher nicht. „Alles für alle“ an jedem Standort sei weder finanzierbar noch bezahlbar, sagt der Kultusminister. An großen Schulen ist ein Parallelbetrieb am ehesten denkbar. Selbst dann bräuchte es aber mehr Budget und zusätzliche Lehrer. Dass es ohne diese Zugeständnisse auf Dauer nicht geht, haben die Leiter vieler Pilotschulen schon nach dem ersten Jahr mit der Mittelstufe Plus ernüchtert festgestellt. An kleinen Schulen ist der doppelte Weg ohnehin kaum möglich. Erstens mangels Platzbedarf, zweitens aus unterrichtstaktischen Gründen. Naturwissenschaftlicher, sprachlicher oder vielleicht musischer Zweig, all das in zwei Geschwindigkeiten – mit wenigen Schülern undenkbar.

    Was heißt das für die Zukunft des Gymnasiums?

    Die Mehrheit der Familien in Bayern will das G9 zurück. Das zeigt nicht nur das eindeutige Votum an den Pilotschulen. Dutzende Meinungsumfragen – in Bayern wie in ganz Deutschland übrigens – haben das gezeigt. Die logische Folge: Die meisten Gymnasien werden sich für den neunstufigen Weg zum Abitur entscheiden.

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